Politischer Jahresrückblick Menschen und Momente 2012
Christian Wulff tritt zurück - für viele zu spät. Barack Obama verspricht nach seiner Wiederwahl: "The best is yet to come!" - Es sind Menschen und Momente wie diese, die im Gedächtnis bleiben werden, wenn sich der Vorhang vor der politischen Bühne des Jahres 2012 schließt.
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Absturz mit Ansage: Am 17. Februar muss Christian Wulff vom Amt des Bundespräsidenten zurücktreten. Die Staatsanwaltschaft hatte die Aufhebung seiner Immunität beantragt. Am Ende geht es um die Frage, wer einen Urlaub auf Sylt bezahlt hat. Doch der Rücktritt vom höchsten Staatsamt ist noch nicht der Tiefpunkt: Es folgt ein demütigender Großer Zapfenstreich mit ohrenbetäubenden Protesten. Dann das Gerangel um den Ehrensold und die Buchveröffentlichung seiner Frau Bettina, von vielen als peinlich empfunden. Im November ein Lichtblick: Wulff hält wieder eine öffentliche Rede in Deutschland. Das Echo ist verhalten.
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Kaum ein deutscher Spitzenpolitiker ist in so kurzer Zeit so tief gefallen wie Norbert Röttgen (CDU): Nachdem er sich nicht dazu bekennen will, auch als Oppositionsführer nach Düsseldorf zu gehen, stürzt die CDU in Nordrhein-Westfalen auf 26,3 Prozent ab. Röttgen tritt im Mai als Landeschef zurück, doch in der Union rumort es weiter. CSU-Chef Horst Seehofer demontiert den Umweltminister im "heute-journal". Dann schasst die Bundeskanzlerin ihren Lieblingsschüler. Er ist weiter Abgeordneter - Comeback auf großer Bühne nicht ausgeschlossen.
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Der "Mister Energiewende" ist jetzt er: Peter Altmaier (CDU) ist nicht nur körperlich das neue Schwergewicht im Kabinett von Angela Merkel. Wie zuvor als Fraktionsgeschäftsführer der Union setzt er auf Dialog und Moderation. Kritiker werfen ihm vor, das Entscheiden komme zu kurz. Aber mit seiner geselligen Art kommt er beim Bundesverband der Deutschen Industrie wie beim Naturschutzbund an. Ob sein Stern weiter leuchten wird, hängt davon ab, ob ihm bei der Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) und bei der Atommüll-Endlagersuche ein Durchbruch gelingt.
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FDP-Entwicklungsminister Dirk Niebel gerät im Juni ins Schlingern. Er hatte bei einer Dienstreise nach Afghanistan privat einen Teppich gekauft, später wurde er am Zoll vorbei mit einem BND-Flug nach Deutschland gebracht. Es bleibt bei einer kleinen Peinlichkeit: Der "fliegende Teppich" schadet Niebel nicht wirklich.
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21 Jahre. So lange hat Aung San Suu Kyi auf diesen Augenblick warten müssen. 1991 erhält sie für ihren gewaltlosen Einsatz für Demokratie und Menschenrechte in Birma den Friedensnobelpreis. Aber zur Verleihung nach Oslo reisen dürfen nur ihr Mann und die beiden Söhne. Suu Kyi selbst stellt die Militärjunta unter Hausarrest. Jahre lang, Jahrzehnte. Erst 2010 kommt sie frei, darf ungehindert die Opposition führen.Im Rathaus von Oslo holt Suu Kyi am 16. Juni 2012 ihren Nobel-Vortrag nach. Im Hausarrest habe sie oft das Gefühl gehabt, nicht mehr Teil der realen Welt zu sein, sagt sie. Ihren krebskranken Mann in England hat Suu Kyi vier Jahre vor seinem Tod das letzte Mal gesehen - die Generäle verweigerten ihm die Einreise. Nun fliegt sie weiter zu ihren Söhnen nach London. Ihren 67. Geburtstag feiern.
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Das Schicksal Europas entscheidet sich am 12. September in Karlsruhe. In zähen Verhandlungen haben sich die Euro-Staaten einen Rettungsanker geschmiedet, den Europäischen Stabilitäts-Mechanismus ESM. Er soll mit zeitlich befristeten Hilfskrediten aus finanzieller Not retten. Nun droht alles an Deutschland zu scheitern.Um 10.14 Uhr: Aufatmen. Deutschland darf dem ESM beitreten, wenn auch unter Auflagen, sagt der Präsident des Bundesverfassungsgerichts Andreas Voßkuhle. Am 8. Oktober heben die Euro-Finanzminister den ESM in Luxemburg aus der Taufe.
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Es sind nur knapp 20 Minuten: Helmut Kohl ist am 25. September nach zehn Jahren erstmals wieder in der Unionsfraktion. Im Gram über die CDU-Spendenaffäre war er 2002 aus dem Bundestag ausgeschieden. Jetzt ist der langjährige Vormann seiner Partei zurück und sagt Sätze wie diesen: "Ich bin zu Hause, wenn ich hierherkomme." Nur wenige stimmen nicht in den großen Beifall zur Begrüßung ein, als der 82-Jährige in Begleitung seiner Frau Maike im Rollstuhl in den großen Unions-Sitzungssaal im Reichstag kommt. Und einer von Kohls langjährigen Weggefährten fehlt ganz: Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). Sein Verhältnis zu Kohl zerbrach mit der Spendenaffäre. Wenige Tage später wird Schäubles 70. Geburtstag von der Fraktion gefeiert. Hier hat Kohl abgesagt.
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Ein Anruf mit Folgen: Als totaler Flop erweist sich im Oktober die versuchte Einflussnahme von CSU-Sprecher Hans Michael Strepp auf das ZDF. Strepp soll mit einem Anruf in der ZDF-"heute"-Redaktion versucht haben, einen Fernsehbericht über den bayerischen SPD-Parteitag zu verhindern. Er ist nicht mehr zu halten - als Sprecher. Manager des CSU-Wahlkampfs bleibt Strepp jedoch.
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"The best is yet to come!": Der neue/alte US-Präsident Barack Obama begrüßt seine zweite Amtszeit mit einem Versprechen, das auch ein Eingeständnis ist. Vier Jahre Regierungswirklichkeit haben den Hoffnungsträger im Weißen Haus entzaubert. Der erste schwarze Präsident der USA ist grau geworden. Auch das zeigt das Rampenlicht. Der Schlussspurt im Wahlkampf ist Spannung pur, ein Kopf-an-Kopf-Rennen bis zuletzt. Punktsiege, Volten, jeden Tag ein neues Drama. Der republikanische Herausforderer Mitt Romney, anfangs als ungelenk und volksfern belächelt, glänzt neben einem blassen Obama im TV-Duell. Am Ende kommt Obama der Himmel zu Hilfe. Hurrikan "Sandy" macht ihn zum zupackenden Krisenmanager.
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Die "Mutter der Partei" im Wechselbad der Gefühle: Bei der Urwahl der Grünen-Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl muss Claudia Roth eine herbe Schlappe hinnehmen. Die Parteichefin landet nur auf Platz vier. Daraufhin will sie schon die Presse einladen, um ihren Rückzug zu verkünden. Ein Welle der Unterstützung im Internet - die Grünen nennen es "Candystorm" - ermuntert sie zum Weitermachen. Beim Bundesparteitag wechselt sie dann nach Tagen in Schwarz wieder auf farbenfrohere Töne und bittet mit lauter Stimme um einen Vertrauensbeweis. Den bekommt sie zwar mit 88,5 Prozent - aber die starke Frau der Grünen ist Claudia Roth für viele nicht mehr.
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Sie ist jetzt die Grüne, mit der man rechnen muss: Die überraschende Kür von Katrin Göring-Eckardt zur Spitzenkandidatin für die Bundestagswahl befeuert Spekulationen über eine schwarz-grüne Koalition. Bis zu ihrer Wahl Präses der Evangelischen Kirche in Deutschland, repräsentiert die Frau aus Thüringen die "neue Bürgerlichkeit" der Grünen. Die Christin war 1989 Gründungsmitglied der Bürgerbewegung "Demokratie Jetzt" und von "Bündnis 90" - bisher steht sie noch im Schatten des anderen Spitzenkandidaten Jürgen Trittin. Die Bundestagsvizepräsidentin könnte im Falle einer Regierungsbeteiligung der Grünen im kommenden Jahr ein Bundesministeramt bekleiden.
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Eigentlich hatte sich der Finanzminister nach seinem Ausscheiden aus dem Kabinett schon langsam auf den politischen Ruhestand eingerichtet. Als bekennender Hinterbänkler fällt Peer Steinbrück in den Reihen der SPD-Opposition kaum auf. In Umfragen belegt der 65-Jährige auch wegen seiner klaren Sprache trotzdem weiter Spitzenplätze. Doch auch als Mitglied der SPD-Troika rechnet sich Steinbrück eher wenig Chancen aus, zum Herausforderer von Angela Merkel für 2103 gekürt zu werden. Erst als Sigmar Gabriel und Frank-Walter Steinmeier ihren Verzicht erklären, kommt früher als geplant Steinbrücks große Stunde. Die Debatte um seine stolzen Votragshonorare verhagelt ihm jedoch den Start.
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Immerzu wird sie gescholten für miserables Krisenmanagement, nationale Zuerst-komm-ich-Mentalität, bürokratische Auswüchse. Und dann das: 500 Millionen Europäer erhalten den Friedensnobelpreis. Im Zentrum stehen bei der Verleihung in Oslo zwei ehemalige Kriegsgegner: Deutschland und Frankreich. Kanzlerin Angela Merkel und Präsident François Hollande recken gemeinsam die Hände in die Höhe - erkennbar bewegt.