Der Trainer Stale Solbakken will auch den Kapitän von seinem Konzeptfußball überzeugen. Ob Lukas Podolski Kapitän bleibt, ist noch unklar.
Köln - Wie sollte es auch anders sein. Kaum wird wieder trainiert, schon wittert die besessene Fußballstadt Köln einen kleinen Skandal. Der Trainer Stale Solbakken hat sich noch nicht festgelegt, wer in der nächsten Saison das Kapitänsamt übernehmen soll. "Zoff in Köln", titelte die "Bild", nachdem der Torhüter Michael Rensing in einem Testspiel gegen Spartak Moskau die Binde trug. Und der "Stadtanzeiger" erklärte: "Lukas Podolski - wer sonst?" Schließlich hat die Mannschaft eine sagenhafte Rückrunde gespielt, nachdem der Interimstrainer Frank Schaefer den Nationalspieler im Winter zum Kapitän erklärte, und Podolski hängt an dem Amt.
Doch Solbakken sagt, er müsse "erst mal alle Spieler kennenlernen". Manches deutet darauf hin, dass der Norweger lieber einen reflektierenden, weniger von Stimmungen abhängigen Spieler zum Kapitän machen würde. Einen Mann der Vernunft, jemanden, der rhetorisch gut geschult ist, einen, der den neuen 1. FC Köln repräsentiert. Doch vermutlich wird Podolski im Amt bleiben, denn diesen Nebenkriegsschauplatz zu eröffnen hätte unberechenbare Folgen. Dabei scheint Podolski als Kapitän tatsächlich nicht so richtig zu jenem 1. FC Köln zu passen, den Volker Finke diesen Sommer neu erfindet. Immer wieder verwendet der Sportdirektor den Begriff "konzeptionellen Fußball". Podolski verkörpert mit seiner instinktiven Art dabei aber eher das Gegenmodell.
Es reicht in Köln nicht mehr, einen großen Namen zu haben
Uwe Rapolder war der erste, der den spektakulärsten Kölner Spieler dieses Jahrtausends mit den Grundzügen des Konzeptfußballs vertraut machen wollte. Doch der junge Held tat sich schwer mit der intellektuellen Seite des Spiels und schimpfte irgendwann über Rapolders "System-Dreckscheiß".
Die Probleme, sich diszipliniert und intelligent den taktischen Aufgaben des Mannschaftsspiels zu widmen, begleiten Podolskis Profikarriere seit dem ersten Tag. Nun müssen er und seine Mitspieler sich mit Inhalten befassen, die weit hineinreichen in die theoretischen Tiefen des Fußballs. "Ziemlich viele Kopfschmerzen" bereite Solbakkens taktisch anspruchsvolles Training den Profis, so Finke, "aber das tut der Mannschaft gut, das verbessert ihr taktisches Gruppenverhalten". Podolski kann nur ein glaubwürdiger Kapitän sein, wenn er die strategischen Ansprüche erfüllt, es reicht in Köln nicht mehr, einen großen Namen zu haben. Das haben auch andere in diesem Sommer gemerkt.
Entlassungen beim 1. FC Köln
Es wurde gründlich aufgeräumt im Verein. So mussten Mitarbeiter wie Thomas Häßler (Techniktrainer), Paul Steiner (Chefscout) oder Matthias Scherz (Nachwuchsberater) den FC verlassen. Trainerteam, Scouting, medizinische Betreuung, Öffentlichkeitsarbeit - auf fast allen Ebenen wurde der Club personell neu besetzt. "Wir bringen hier etwas auf den Weg, was mehr sein soll, als nur die nächste Saison geregelt zu kriegen", sagt Finke, die Veränderungen sollen "eine Basis sein für mehr Struktur und Kontinuität."
Nur die Mannschaft hat sich kaum verändert. Kein Leistungsträger verlässt Köln, und bisher sind der 20-jährige Albaner Odise Roshi und Sascha Riether die einzigen Neuzugänge. Für weitere Transfers fehlt schlicht das Geld, und auch Riether konnte nur verpflichtet werden, weil der Präsident Wolfgang Overath Investoren ausfindig machte, die helfen, die Ablöse von rund zwei Millionen Euro zu finanzieren. Ein Grund für die angespannte Lage ist, dass der Kader auf 40 Profis aufgebläht war, so viele Gehälter gehen ins Geld. "Es ist uns gelungen, neun Spieler auszuleihen, damit versuchen wir, den Wert der Spieler zu erhalten oder zu vermehren", sagt Finke. Weitere Veränderungen am Kader seien nur noch möglich, wenn Geld durch weitere Abgänge frei würde.
Unter Finkes Vorgänger Michael Meier ist der Schuldenberg auf deutlich über 30 Millionen Euro angewachsen, nun beginnt die Zeit der Konsolidierung. "Ich sehe eine Gruppe von Menschen hier, die daran glauben, dass das ein guter Weg sein könnte", sagt Finke, der noch vor wenigen Wochen den Leumund eines Schwerverbrechers hatte, weil er den Trainer Frank Schaefer demontiert haben soll, wie einige Zeitungen behaupteten. Inzwischen hat Finke viele Kritiker durch seine konsequente Facharbeit überzeugt. "Der konzeptionelle Weg wird etwas Zeit brauchen, es wird Schwierigkeiten geben, aber ich bin durchaus optimistisch", sagt er.
Der Anti-Magath
Trainer Stale Solbakken ist ein Mann mit ungewöhnlichen Methoden, so viel ist schon vor dem ersten Pflichtspiel des 1. FC Köln klar. Der 43-jährige Norweger konfrontiert die Spieler mit unterschiedlichen neuen Impulsen. „Solbakken ist anders als der Bundesligadurchschnitt, das ist schon eine Umstellung im Vergleich zu seinen Vorgängern“, sagt der Verteidiger Christian Eichner. In der Vorbereitung lag der Schwerpunkt von Anfang an auf Taktik und Strategie, die berühmten Schweineläufe blieben den Profis erspart. Es wird so gearbeitet, dass die Beine am nächsten Morgen frisch sind, der „Express“ erklärte Solbakken daher zum „Anti-Magath“. Gefordert sind die Spieler vor allem geistig, besonders im Spiel gegen den Ball müssen alle diszipliniert dem großen Plan folgen. Solbakken, der seine aktive Karriere nach einem lebensgefährlichen Herzstillstand beenden musste, führte den FC Kopenhagen in fünfeinhalb Jahren zu fünf dänischen Meistertiteln und ins Achtelfinale der Champions League.