Die Ausstellung „Hands on. Ukiyo Camera Systems“ wird von 100 Kindern der Grundschule Holzheim in Beschlag genommen. Der Künstler Georg Winter und die Verantwortlichen der Göppinger Kunsthalle freuen sich darüber, dass aus Einfachem viel entsteht.

Region: Andreas Pflüger (eas)

Göppingen - Für gewöhnlich geht es in einem Kunstmuseum ruhig und gediegen zu. Am Dienstagvormittag konnte davon in der Göppinger Kunsthalle keine Rede sein. Vielmehr wurde der Slogan „Kunst findet statt!“, mit dem die Verantwortlichen für ihr Haus werben, eins zu eins in die Tat umgesetzt. Rund 100 Jungen und Mädchen, mithin die gesamte Besatzung der Grundschule aus dem Stadtbezirk Holzheim, füllten die Ausstellungsräume mit kindlichem Leben. Die versammelte Lehrerschaft, das Kunstvermittlungsteam und der Künstler Georg Winter konnten sich über einen Mangel an Arbeit – aber auch an Zuspruch – nicht beklagen.

 

Winters aktuelle Ausstellung „Hands on.“ hatte die junge Besucherschar angelockt – und natürlich die Aussicht auf Experimente mit Gegenständen, an die wirklich Hand angelegt werden durfte sowie auf einen Drehtag mit den Ukiyo Camera Systems des 53-Jährigen. Dass dessen Kameras und das gesamte Zubehör aus Holz, Stoff oder Plastik bestehen und gar keine „echten“ Bilder oder Filme machen können, störte dabei niemanden. Im Gegenteil: da wurden Positionen und Einstellungen geprobt, Scheinwerfer zurechtgerückt, Kostüme für eine abschließende „Konstruktivistische Parade“ gefertigt und nebenher mit den hölzernen, selbst gefertigten Smartphones telefoniert, fotografiert oder sonstwie darauf herumgedaddelt.

Winter: Es zählt, was man daraus macht und nicht was man damit machen kann

So hat etwa der neunjährige Mika aus der 2 a gerade erst seine Lehrerin Gerda Putz „angerufen“ , während seine Klassenkameradin Kira einen Schnappschuss nach dem anderen macht und diese herumzeigt. Winter ist die Begeisterung über das, was sich hier abspielt, im wahrsten Sinne des Wortes anzusehen: „Kinder klagen nicht darüber, dass etwas nicht funktioniert. Sie wollen wissen, wie es funktioniert und probieren das dann aus“, sagt er. In einem Musée social gehe es um die Interaktion, um Teamwork, um Fantasie und um Kreativität, ergänzt der Künstler. „Es ist verblüffend, was sich mit geringen Mitteln, mit etwas stark Reduziertem erreichen lässt, weil nur zählt, was man daraus macht und nicht was man damit machen kann.“

Fasziniert beobachtet deshalb auch die Schulleiterin Elke Saur das Geschehen. Sie spricht von einer „tollen Erfahrung“ und lobt das „Anfassen-Dürfen“ und die „Möglichkeit zum spielerische Erkunden“. Für sie sei es deshalb überhaupt keine Frage gewesen, so einen Tag möglich zu machen. „Schließlich sind wir ja auch bei dem Programm ,Kulturagenten für kreative Schulen’ der Kulturstiftung des Bundes dabei und haben in Kerstin Schaefer eine echte Top-Agentin“, betont Saur.

Ausstellung „Hands on.“ läuft bis zum 11. September

Schaefer wiederum spielt diesen Ball an das Team der Göppinger Kunsthalle weiter: „Das hier ist künstlerische Praxis vom Feinsten, weil es keine Vorgaben gibt, sondern sich Überraschendes ereignet.“ Die Kunstvermittlerinnen erteilten keine Anweisungen, sondern sähen sich als Partner der Kinder, fügt sie hinzu.

Werner Meyer, dem Leiter der Kunsthalle, geht es bei seiner Stippvisite im übrigen ganz genau so wie Georg Winter schon die ganze Zeit über. Er strahlt und freut sich, dass der „Dreh“ läuft. Und wie: die große Parade beginnt, die Schauspielerinnen und Schauspieler sind auf ihren Posten, die Kameraleute und die Tontechniker ebenfalls. Die Szenen beginnen sich zu entwickeln. Winter lässt den Dingen ihren Lauf. Vor den Augen der Kinder entsteht ihr eigener Film. Und um diesen der Nachwelt zeigen zu können, läuft eine Digicam mit.

Hands on. Anpacken“, heißt die neue Schau in der Kunsthalle, die auf den Ukiyo Camera Systems von Georg Winter basiert. Der vielfach ausgezeichnete Künstler und Akademieprofessor sieht sein Werk als Experimentieren mit gemeinsamen Handlungsformen in Installationen und im Raum.

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Die Ausstellung ist bis zum 11. September dienstags bis freitags zwischen 13 und 19 Uhr sowie samstags und sonntags von 11 bis 19 Uhr zu sehen. Zudem gibt es ein Führungs- und Vermittlungsprogramm (www.kunsthalle.goeppingen.de).