Auf dem Römerhügel in Ludwigsburg entsteht in den kommenden drei Jahren der wohl größte Solarthermiepark Deutschlands, auch das Fernwärmenetz in der Stadt wird deutlich erweitert. Für das Großprojekt fließen viele Millionen Euro aus Berlin.

Nachrichtenzentrale: Tim Höhn (tim)

Ludwigsburg - Die Stadtwerke Ludwigsburg-Kornwestheim (SWLB) werden in den kommenden drei Jahren im Ludwigsburger Südwesten die voraussichtlich größte Solarthermieanlage errichten, die je in Deutschland gebaut wurde. Das aus einzelnen Kollektoren bestehende Solarfeld soll von 2020 an jährlich rund 4,5 Millionen Kilowattstunden Wärme erzeugen, die in das Fernwärmenetz in Ludwigsburg und Kornwestheim eingespeist werden, das bis dahin deutlich erweitert wird. Die SWLB hatten sich für das Großprojekt um Fördergeld aus einem neuen Klimaschutzprogramm des Bundesumweltministeriums beworben – mit durchschlagendem Erfolg, denn für kein anderes der sechs ebenfalls bewilligten Vorhaben fließt mehr Geld aus Berlin. Von den Gesamtkosten in Höhe von rund 13 Millionen Euro übernimmt der Bund mehr als zehn Millionen Euro.

 

Rita Schwarzelühr-Sutter überreichte bei einem Festakt am Freitag in Ludwigsburg den Förderbescheid. Was hier geplant werde, sei eine „Pionierleistung mit bundesweiter Ausstrahlung“, sagte die Parlamentarische Staatssekretärin des Ministeriums. Während klassische Fotovoltaikanlagen zur Stromerzeugung weit verbreitet sind, sind große Solarwärmeanlagen in Deutschland eine Seltenheit. „Wenn Sie zeigen, was möglich ist, werden es Ihnen viele andere nachmachen“, sagte Rita Schwarzelühr-Sutter.

Der Wärmespeicher für die Anlage wird rund 20 Meter hoch

Die bisher größte Solarthermieanlage Deutschlands mit einer Kollektorfläche von 8300 Quadratmetern steht im brandenburgischen Senftenberg. Die exakte Fläche für Ludwigsburg steht nicht fest, weil sich die SWLB noch in der Planungsphase befinden, der Baubeginn ist für Mitte des kommenden Jahres vorgesehen. Nach aktuellem Stand gehen indes alle Beteiligten davon aus, dass der Rekord übertroffen wird.

Von einem „Tag der Freude für Ludwigsburg“ sprach der Oberbürgermeister Werner Spec. Die Stadt liefere damit ein Beispiel, „wie die im Jahr 2011 beschlossene Energiewende tatsächlich umzusetzen ist“. Das dafür ausgewählte Grundstück auf dem Römerhügel, unweit des Wasserturms und direkt an der Markungsgrenze zu Kornwestheim, umfasst rund 25 000 Quadratmeter, die Anlage wird Wärme für etwa 300 Haushalte produzieren. An der Eisenbahnstraße, neben einem Holzheizkraftwerk der SWLB, wird zudem ein rund 20 Meter hoher und mit Wasser gefüllter Wärmespeicher errichtet.

Die Stadtwerke treiben den Ausbau der Erneuerbaren Energien voran

Das meiste Geld verschlingt der Ausbau des Fernwärmenetzes, das in den kommenden drei Jahren sukzessive um fast fünf Kilometer wachsen soll. Indem dabei verschiedene, bisher voneinander unabhängige Netze zusammengeschlossen werden, entsteht ein rund 23 Kilometer langes Verbundnetz, das bis in den Kornwestheimer Norden reicht.

Die Stadtwerke verfolgen mit dem Vorhaben das Ziel, den Anteil an erneuerbaren Energien bei der Produktion von Wärme weiter nach oben zu treiben. So erneuerbar wie möglich, so effizient wie möglich, so viel wie möglich – das seien wichtige Leitsätze für die SWLB, sagte der Geschäftsführer Bodo Skaletz. „Wir sind dabei einen Schritt weiter als andere, weshalb ich überzeugt bin, dass wir uns das viele Fördergeld aus Berlin wirklich verdient haben.“

In den kommenden Wochen müssen noch planungsrechtliche Fragen und Artenschutzfragen beantwortet werden. Auf dem Areal für den Solarpark befand sich früher eine Ziegelei. Danach wurde es lange als Deponie genutzt, weshalb sich dort Altlasten im Boden befinden – was für die Stadtwerke ein Glücksfall ist. Denn andernfalls wäre es der Öffentlichkeit kaum zu vermitteln, derart wertvolle Flächen mit Solarkollektoren zuzupflastern – in einem hochverdichteten Gebiet, in dem ansonsten jeder Quadratmeter für Wohnungsbau und Gewerbe beansprucht wird. „Wegen der Altlasten kann das Areal in den kommenden Jahrzehnten sowieso nicht bebaut werden“, erklärte Martin Klein, der Projektverantwortliche der SWLB.

Solarthermie
– Für die Umwandlung von Sonnenenergie in Wärme stehen verschiedene Technologien zur Auswahl, das Prinzip ist jeweils ähnlich: Das Sonnenlicht erwärmt die Kollektoren und das darin befindliche Wasser, das, unter anderem für den Frostschutz, mit anderen Flüssigkeiten gemischt wird. Das funktioniert, sofern die Sonne scheint, auch im Winter – allerdings in deutlich geringerem Umfang.

Erneuerbare Energien
– Seit die Stadtwerke im Jahr 2001 die erste Holzhackschnitzelanlage in Betrieb genommen haben, treiben sie den Ausbau der erneuerbaren Energien voran. Ein Meilenstein war die Fertigstellung des großen Holzheizkraftwerks im Ludwigsburger Südwesten im Jahr 2009. Insgesamt verfügen die SWLB derzeit über 50 Anlagen, die erneuerbare Energien erzeugen – dazu werden gemeinhin Biomasse, Geothermie, Wasserkraft, Meeresenergie, Windenergie und Sonnenenergie gezählt. 50 Prozent der von der SWLB erzeugten Wärme fußt auf erneuerbaren Energien, bei der Stromproduktion ist der Anteil mit 87 Prozent noch deutlich höher.

Fernwärme
– Neben dem zusammenhängenden Verbundnetz, das die SWLB in den kommenden drei Jahren um rund fünf Kilometer auf dann 23 Kilometer Länge ausbaut, existieren in Ludwigsburg und Kornwestheim weitere, voneinander unabhängige Fernwärmenetze. Die Gesamtlänge aller Netze in beiden Städten beträgt rund 54 Kilometer.