Die Zahl 13 muss keine Unglückszahl sein. Im Gegenteil: das 13. Monatsgehalt, oft auch als Weihnachtsgeld bekannt, ist bei den Beschäftigten hoch willkommen. Für Firmen kann es eine Chance im Kampf um knappe Arbeitskräfte sein – und außerdem kurbelt es den Handel an.

Wirtschaft: Ulrich Schreyer (ey)

Stuttgart - Auch eine Gabe vor dem Fest ist eine schöne Sache – auf jeden Fall dann, wenn sich Millionen von Beschäftigten in Deutschland wieder über ihr Weihnachtsgeld freuen können. Ausgezahlt wurde es meist Ende November, jetzt stellt sich die Frage, was damit anzufangen ist. Natürlich wird auch etwas gespart, doch die Zeit vor Weihnachten ist auch die hohe Zeit des Handels, der in diesen Wochen nochmals zum Endspurt ansetzt. 55 Prozent der Beschäftigten in Deutschland können sich über ein Weihnachtsgeld freuen, oftmals auch als 13. Monatsgehalt bezeichnet. Dies jedenfalls geht aus einer Untersuchung des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung hervor.

 

Die Chance, Weihnachtsgeld zu erhalten, sind allerdings höchst unterschiedlich. „Ganz entscheidend“, so Reinhard Bispinck, Tarifexperte des Instituts, sei, ob Unternehmen nach Tarifvertrag bezahlten oder nicht: Von den Beschäftigten in Unternehmen, für die ein Tarifvertrag gilt, erhalten 71 Prozent ein Weihnachtsgeld – bei Firmen dagegen, die nicht an einen Tarif gebunden sind, kommen nur 44 Prozent der Mitarbeiter in den Genuss einer solche Sonderzahlung. Gerade in tarifgebunden Unternehmen sind auch die Gewerkschaften meist besser organisiert als in anderen – mit einer interessanten Konsequenz. Der Weihnachtsmann ist ein Freund der Gewerkschaften: Während 62 Prozent der Mitglieder einer Gewerkschaft ein Weihnachtsgeld einstreichen können, liegt der Anteil bei Nicht-Mitgliedern nur bei 53 Prozent. Und: Wo es Tariferhöhungen gab, steigt auch das Weihnachtsgeld – dies nämlich macht sehr häufig einen bestimmten Prozentsatz des Tarifgehalts aus. Das Nachsehen haben oft Beschäftigte mit befristeten Arbeitsverträgen: Während 56 Prozent der Beschäftigten mit einem unbefristeten Vertrag Weihnachtsgeld erhalten, sind dies bei befristet angestellten Mitarbeitern nur 49 Prozent.

Unterschiedliche Tarifverträge

Auch wo das Weihnachtsgeld tariflich geregelt ist, kann es durchaus Unterschiede geben. So etwa beider IG Metall. Im Tarifbezirk Nordwürttemberg/Nordbaden haben Beschäftigte nach sechs Monaten Zugehörigkeit zu einem Unternehmen einen Anspruch auf Weihnachtsgeldgeld in Höhe von 25 Prozent ihres Gehalts, nach drei Jahren kann dies auf maximal 55 Prozent steigen. Wird am Heiligen Abend und an Silvester gearbeitet, können sogar 60 Prozent erreicht werden. Anders dagegen im Tarifbezirk Südwürttemberg-Hohenzollern/Südbaden: Dort gibt es bei sechs Monaten Zugehörigkeit bereits 30 Prozent eines Monatsgehalts als Sonderzahlung, nach drei Jahren können 60 Prozent erreicht werden.

Eine Sprecherin der IG Metall-Bezirksleitung Baden-Württemberg macht eine anschauliche Rechnung auf: Verdient ein Facharbeiter beispielsweise im ersten Jahr nach der Ausbildung monatlich 3046 Euro kann er nochmals mit einem Leistungsentgelt von durchschnittlich 15 Prozent rechnen und kommt damit auf 3502,90 Euro im Monat. Bekommt er nun wie im Tarifbezirk Südwürttemberg- Hohenzollern/Südbaden 60 Prozent Weihnachtsgeld, beträgt dieses exakt 1926,60 Euro – mit Schichtzuschlägen kann es mehr werden. Nach den Angaben des Arbeitgeberverbands Südwestmetall gibt es in Baden-Württemberg im Maschinenbau, der Autoindustrie, bei Zulieferern und in der Metallerzeugung und Metallverarbeitung etwa 1000 tarifgebundene Unternehmen mit rund 500 000 Beschäftigten, die fast alle – außer es wurden besondere Regelungen getroffen – ein Weihnachtsgeld erhalten. Eine Sprecherin von Südwestmetall macht allerdings darauf aufmerksam, dass für so manchen der Geldsegen vor den Feiertagen nicht die entscheidende Rolle spielt: „Fachkräfte verhandeln bei der Einstellung über Jahresgehälter, weniger darüber, wie sich diese zusammensetzen“, erklärt sie.

Das Weihnachtsgeld selbst indes kann durchaus unterschiedlich ausgestaltet werden, wie Florian Stark, Anwalt bei der Stuttgarter Kanzlei Gleiss Lutz, erklärt – so etwa, wenn ein Beschäftigter nicht dass ganze Jahr für ein Unternehmen tätig ist: „Wird es an die Erbringung einer bestimmten Leistung geknüpft, ist es sinnvoll, die Auszahlung anteilig zu gestalten“, sagt Stark. Ansonsten aber seien auch Stichtagsregelungen empfehlenswert. Arbeitgeber, die freiwillig zahlen, sollten dies nach seiner Ansicht aber bei jeder Auszahlung auf dem Gehaltszettel vermerken, „sonst kann irgendwann darüber gestritten werden, ob die Zahlung nicht zu einem Gewohnheitsrecht geworden ist“.

Anreiz für Arbeitgeber

Das Weihnachtsgeld indes ist nicht nur vielfach eine schöne Bescherung für die Mitarbeiter. Es kann auch den Unternehmen helfen. Gerade angesichts des zunehmenden Mangels an Mitarbeitern könne es „ein Anreiz sein, mit dem sich ein Arbeitgeber von der Konkurrenz um Facharbeiter abheben kann“, meint Bispinck – eine Beobachtung, die auch Holger Braun, Leiter der Abteilung Tarifpolitik beim Branchenverband Bauwirtschaft Baden-Württemberg, schon gemacht hat.

Für eine bestimmte Branche indes ist die Sonderzahlung besonders interessant:„Das Weihnachtsgeld ist extrem wichtig“, sagt Sabine Hagmann, Hauptgeschäftsführerin beim Handelsverband Baden-Württemberg, „es fließt im Normalfall voll in den Konsum“. Ansonsten landeten von jedem Euro, über den ein Konsument verfügen könne, nur 29 Prozent beim Einzelhandel. Jeder Deutsche will nach den Angaben der Nürnberger GfK Gesellschaft für Konsumforschung dieses Jahr 280 Euro für Weihnachtsgeschenke ausgeben – sechs Euro mehr als 2015. Der Handel könne damit mit einem Umsatzvolumen für Geschenke in Höhe von 14,3 Milliarden Euro rechnen. Die Branche selbst zahlt nach den Angaben von Hagmann laut Tarifvertrag 62,5 Prozent eines Monatsgehalts als Weihnachtsgeld.