Das Heidehof-Gymnasium blicht auf seine Tradition als Reformschule zurück. Heute wird auf die musisch-ästhetische Bildung und den diakonischen Aspekt in der evangelischen Privatschule Wert gelegt.

Lokales: Sybille Neth (sne)

Stuttgart - Der Geist der Reformpädagogen weht noch durch das Gebäude. „Lernen mit Kopf, Herz und Hand“, so hatte schon Johann Heinrich Pestalozzi die Erziehung vom Kinde aus beschrieben formuliert. Heute nennt sich das ganzheitliches Lernen, und im Heidehof-Gymnasium wird dies in dem Rahmen versucht, wie es in einem Gymnasium mit den Zwängen des G8 eben möglich ist.

 

Drei Schulen betreibt die Schulstiftung

Das Heidehof- Gymnasium ist eine der drei Schulen, die von der Evangelischen Schulstiftung Stuttgart betrieben werden. In diesem Jahr feiert sie ihr Jubiläum unter dem Motto „175 Jahre evangelische Schulen in Stuttgart – Profil und Innovation gestern, heute und morgen“. Ihre Urzelle ist das Mörike-Gymnasium, die einstige „Privat-Lehranstalt für Töchter“. Das jüngste Kind ist die Johannes-Brenz-Schule mit ihrem klassenübergreifenden Unterricht.

Einst Freiluft-, Garten- und Waldschule

Das Heidehof-Gymnasium wurde im Jahr 1908 als Reformschule von Eugen Henschen gegründet und von der Töchter-Lehranstalt 1932 als eine Art Filiale übernommen, weil es in finanzielle Schieflage geraten war und kein Nachfolger für den ersten Rektor gefunden werden konnte. 1912 wurde das erste Gebäude des Heidehof (Heidehofstraße 49) eingeweiht und es wird bis heute von der Schule genutzt. Der große Unterschied: Damals lag es noch außerhalb der Stadt und nannte sich „Freiluft-, Garten und Waldschule“ – ganz im reformpädagogischen Sinn. Denn statt Latein und Altgriechisch zu büffeln, sollten die Kinder sich in der Natur bewegen und so einen anderen Zugang zum Lernen erhalten. Ideell und finanziell wurde das Heidehof vom Degerlocher Verein Reformschule getragen.

Eine Tasse Tee bei der Schulpsychologin

In der Festschrift zum 100-jährigen Jubiläum der Schule knüpft der Schulleiter Berthold Lannert mit seinen Gedanken über das Lernen in der Schule an die pädagogischen Ideen von damals an. Die neue Hirnforschung zeige, dass das Gehirn eigentlich gar nicht anders kann als permanent zu lernen. „Warum merken wir in den Schulen manchmal so wenig davon?“ , fragt er. „Eine Fixierung auf das Methodenlernen droht einerseits den Inhalt, also den Stoff, andererseits die Person der Lehrenden und der Lernenden aus dem Blick zu verlieren“, schreibt er und plädiert für ein systemisches Lernen, in dem auch die Beziehungen zwischen Lehrern und Schülern berücksichtigt sind.

Besonders stolz sind Lannert und sein Stellvertreter Johannes Wahl darauf, dass das Heidehof-Gymnasium eine eigene Schulpsychologin im Tagheim angestellt hat. Die hat ihre offene Stunde in der großen Pause, in der die Schüler bei einer Tasse Tee über ihre Befindlichkeiten berichten können. „Das ist ein sehr niederschwelliges Angebot. Für die Schüler ist das ganz normal“, sagt Wahl. Und die anderen pädagogischen Mitarbeiter, die im Tagheim beschäftigt sind, werden in den Konferenzen „sehr gehört“, betont Lannert. Das Gespräch zwischen den Lehrenden und den pädagogischen Mitarbeitern ist eine feste Größe im Schulalltag, denn auf die Vernetzung aller Beteiligten wird großen Wert gelegt.

Ganze Familiendynastien lernen hier

660 Schüler besuchen derzeit das Heidehof-Gymnasium. „Von 85 Kindern, die wir jetzt neu aufgenommen haben, sind 25 Geschwisterkinder“, rechnet der Schulleiter vor. Das zeigt die Treue der Familien zu der Schule. „Wir haben ganze Dynastien hier“, charakterisiert Wahl das Phänomen, das sich auch bei Schulfesten zeigt: „Da kommen immer 30 bis 80 Ehemalige vorbei – auch nach Jahren noch.“

Drei Theater-AGs sind aktiv

Eine große Rolle spielt die musisch-ästhetische Bildung. In der Unterstufe ist sie sogar ein Schwerpunkt im Curriculum. Ab Klasse sieben wird in Arbeitsgemeinschaften Theater gespielt. Drei AGs gibt es und in der Mittelstufe stehen die Heidehöfler gemeinsam mit Schülern der Berger Schule – einer Förderschule – auf der Bühne. Sechs bis acht Aufführungen gibt es so pro Schuljahr. Hinzu kommen die Aktivitäten der Schulorchester. „Ich bin der Überzeugung, dass die Bereiche der Darstellung zentral zu fördern sind“, betont der Schulleiter.

Hausaufgabenhilfe bei den Förderschülern

Und dann ist da noch der diakonische Aspekt, den die evangelische Privatschule ihrer christlichen Tradition geschuldet ist. Ein Jahr lang engagieren sich die Gymnasiasten bei der Hausaufgabenbetreuung in der Berger Schule; in der zehnten Klasse steht ein dreiwöchiges Sozialpraktikum bei der Paulinenhilfe an und außerdem gestalten die Schüler für die behinderten Jugendlichen, die in den Einrichtungen der Diakonie Stetten leben, einen Schullandheimaufenthalt. Das alles geschieht neben dem normalen Pensum.