Mehr als 200 Grundschulen wollen im Schuljahr 2014/15 Ganztagsschulen werden. Die grün-rote Landesregierung hat das Ziel, bis 2023 die Hälfte der Grundschulkinder mit Ganztagsangeboten versorgen zu können.

Stuttgart - Mehr als 200 Grundschulen wollen im Schuljahr 2014/15 Ganztagsschulen werden. „Aus unserer Sicht ist das Interesse erfreulich groß, weil diese Aspiranten mit sehr kurzer Vorlaufzeit und noch ohne gültiges Gesetz das neue Konzept umsetzen wollen“, sagt der Städtetagsdezernent Norbert Brugger. Unter den Interessenten seien 180 klassische Grundschulen und 16 Grundstufen von Förderschulen; 100 davon unterrichteten bereits ganztags auf Basis eines Schulversuchs. Insgesamt bieten von den derzeit 2500 Grundschulen 15 Prozent den Ganztag an, bislang an vier Tagen in der Woche.

 

Insgesamt sollen nach dem Willen von Grün-Rot bis 2023 rund 70 Prozent aller Grundschulen mit 50 Prozent aller Schüler umgestellt sein. Im Juli soll der seit mehr als 40 Jahren andauernde Schulversuch per Landtagsbeschluss auf ein gesetzliches Fundament gestellt werden; dann kann die gesetzliche Ganztagsschule ihren Unterricht im September 2014 beginnen. Das neue Konzept ist flexibler als das bisherige: Die Schulen können an drei oder vier Tagen Ganztagsbetrieb mit sieben oder acht Zeitstunden anbieten und erhalten dafür zwischen sechs und zwölf zusätzliche Lehrerwochenstunden. Am Ende wird das Land rund 158 Millionen Euro zahlen müssen.

Rektoren mitunter wenige begeistert

Laut Brugger sind die Schulleitungen oft reservierter als die kommunalen Schulträger, die auf rasche Umsetzung dringen. „Die Städte und Gemeinden sehen, dass die Eltern Beruf und Familie unter einen Hut bekommen und nicht nach dem Kindergarten in ein Betreuungsloch fallen wollen“, so der Bildungsexperte.

Die Rektoren seien auch deshalb nicht immer begeistert, weil mit dem Ganztag neue Managementaufgaben auf sie zukämen – etwa das Organisieren der Angebote rund um den Unterricht aus dem neuen Budget, das bis zu 50 Prozent der zusätzlich zugewiesenen Lehrerwochenstunden umfassen kann. Brugger erinnerte an den Versuch mit Verwaltungsassistenten, die hälftig vom Land und der Kommune finanziert würden. „Es sollte geprüft werden, ob es sinnvoll ist, eine pädagogische und verwaltungstechnische Doppelspitze zumindest an großen Schulen zu installieren.“

Der Kommunalvertreter machte auch darauf aufmerksam, dass Kommunen und Land langfristig über Ferienangebote an den Ganztagsschulen ins Gespräch kommen müssten. Denn mit dem Ausbau der Ganztagsschulen verschwinden über kurz oder lang die Schülerhorte, die den Kindern auch in den Ferien Aktivitäten anbieten. Selbst wenn beide Eltern separat Urlaub nähmen, würde die Betreuung durch Vater und Mutter nicht ausreichen, um die gesamten Schulferien abzudecken.

Hundert Anfragen im Bezirk Stuttgart

In den vier Regierungsbezirken ist die Nachfrage recht unterschiedlich. Allein im Regierungspräsidium Stuttgart sind Recherechen der Stuttgarter Zeitung zufolge hundert Interessensbekundungen eingegangen. 33 Schulen interessierten sich für Erstanträge. Unabhängig vom neuen Eckpunktepapier der Regierung hat das RP für das kommende Schuljahr bereits 31 Ganztagsgrundschulen neu genehmigt.

Im Regierungsbezirk Tübingen zählte man 39 Anfragen, 13 Schulen davon wollen neu in den Ganztagsbetrieb einsteigen. Für das neue Konzept des Ganztagsbetriebs können sich im Regierungsbezirk Freiburg eventuell 56 Grundschulen erwärmen. Im Bezirk Karlsruhe fragten 35 Grundsehulen nach. Davon wollen sieben ganz neu einsteigen. Man rechne mit Anträgen im Umfang der Anfragen, heißt es in Karlsruhe. Das Interesse an dem neuen Konzept sei groß, melden die Regierungspräsidien. Attraktiv für die Kommunen dürften vor allem die zusätzlichen Lehrerstunden sein, sagten die Sprecher.