350 Millionen Autos sind seit der Eröffnung des Tunnels 1991 durch die Röhre gerollt – und haben damit Heslachs Straßen entlastet und den Anwohnern Lebensqualität zurückgegeben.

Stuttgart - Höllenlärm im Fluchtstollen 2: Ein gewaltiges Gebläse drückt frische Luft in den 800 Meter langen unterirdischen Fluchtweg des Heslacher Tunnels, der beim Betreten mit seinen Schatten und der Deckenbeleuchtung ein bisschen wirkt wie die Einfahrt in eine Geisterbahn. Aber das täuscht – wer hier ist, steht auf sicherem Grund, hat eine der vielen Fluchttüren aus dem Tunnel heraus heil erreicht und kann sicher den beleuchteten Gang bis zum Ausgang des Stollens bei der Betriebszentrale in der Eierstraße gehen. Je nachdem, wo er die Tunnelröhre verlassen hat, sind das nur ein paar Schritte oder eben die Maximalstrecke von 800 Metern. Aber auch die sind machbar, und außer Lärm passiert hier nichts mehr.

 

25 Jahre ist Heslacher Tunnel nun alt. Ein Vierteljahrhundert, in dem die 2,3 Kilometer lange und 290 Millionen Euro teure Röhre zu einem der am meisten frequentierten Tunnel Europas geworden ist. Bis zu 50 000 Autos am Tag rollen durch den Untergrund, insgesamt sind das bis heute knapp 350 Millionen Autos. Geht man von einer Länge von fünf Metern pro Auto aus, entspricht das einer dicht aneinander gereihten Blechschlange, die 44-mal um die Erde reichen würde. Aber das nur nebenbei. In erster Linie ist der Tunnel ein Segen für die Bewohner von Heslach, die vor 1991 täglich kilometerlange Staus durch die Möhringer und die Böheimstraße erdulden mussten – und die seither wieder in einem lebenswerten Quartier wohnen. Der Tunnel als Bypass zur Lebensqualität. Hätte es damals schon Feinstaubmessungen gegeben – der Marienplatz hätte bei den Abgaswerten der damaligen Motoren das Neckartor wahrscheinlich um Längen geschlagen.

30 Millionen Euro in die Sicherheit investiert

Aber das ist Geschichte. Am 7. Mai wird der Tunnel 25 Jahre alt. Knapp einen Monat später, am 4. Juni, dürfen Besucher bei geführte Touren das unsichtbare Innenleben mit seinen Sicherungsgängen und der Betriebszentrale erleben. Der Tunnel wurde über die Jahre ständig erneuert, das Sicherheitssystem modernisiert. Das Bauwerk entspricht aktuell den EU-Richtlinien für die Ausstattung und den Betrieb für Straßentunnel, wie sie nach der Brandkatastrophe im Montblanc-Tunnel und im Tauerntunnel 1999 festgelegt wurden. Im ADAC- Test 2001 erhielt der Heslacher Bypass noch die Note „ausreichend“. Jetzt gibt es kein aktuelles Testergebnis, da das vom ADAC für die Tests beauftragte Ingenieurbüro an den Stuttgarter Modernisierungsplanungen beteiligt war. Aber es gibt dokumentierten Aufwand. „Wir haben in den vergangenen Jahren etwa 30 Millionen Euro in die Tunnelsicherheit investiert“, erklärt Claus-Dieter Hauck, der für Tunnelbau zuständige Abteilungsleiter im Tiefbauamt. Konkret bedeutet dies: Maximal 300 Meter beträgt die Distanz zu einer Fluchttür aus dem Tunnel (früher 600 Meter), die gesamte Röhre ist modern ausgeleuchtet und lückenlos kameraüberwacht, die Fluchtwege ausgezeichnet. Durch einen der drei Fluchtstollen könnten sogar Krankenwagen fahren. Bei Bränden sorgen 38 nachträglich eingebaute Rauchabsaugklappen für schnelle Entlüftung. Gewaltige Ventilatoren verdünnen zudem die Abgase um den Faktor 100 bis 1000, ehe sie durch einen 80 Meter langen Abluftkamin bis hinauf zum Dornhaldenfriedhof geführt werden, wo der Kamin optisch durchaus ansprechend in einem Holzturm endet.

2013 hat der Tunnel den Härtest bestanden

Stuttgarts längster Tunnel ist also auch mit 25 Jahren durchaus auf der Höhe der Zeit. Trotzdem kracht es etwa 40-mal pro Jahr auf den 2,3 Kilometern. Meist sind es nur Blechschäden, die keine Gefahr für die Menschen darstellen, aber immer gewaltige Staus auslösen. Den Härtetest bestand das Sicherheitskonzept im Oktober 2013, als ein Auto im Tunnel in Brand geriet. „Alles hat funktioniert“, sagt Claus-Dieter Hack, „nach anderthalb Stunden war die Sache ausgestanden.“

Lästig sind nur noch die Staus vor den Einfahrten, wenn aus zwei Spuren eine wird. Ein Ausbau des Tunnels wird zwar immer mal wieder diskutiert und auch im Bürgerhaushalt gewünscht, ist aber im Moment nicht in Sicht. Eine Verbreiterung als Geburtstaggeschenk wird es also nicht geben. Zumindest nicht zum Fünfundzwanzigsten.

Am 4. Juni gibt es drei Führungen durch die Betriebszentrale und den Fluchtstollen. Beginn 11, 13 und 14.30 Uhr, Dauer jeweils etwa eine Stunde. Treffpunkt ist am Eingang der Betriebszentrale, Eierstraße 122. Anmeldungen unter 07 11 / 216 - 8 02 65 oder E-Mail: 66-4VZ@stuttgart.de