Premiere nach 40 Jahren: Zum Jahrestag des Aktienkaufs nehmen erstmals Vertreter des Großaktionärs Kuwait an einer öffentlichen Veranstaltung von Daimler teil. Ansonsten zeichnen sich die langfristigen Investoren durch große Zurückhaltung aus.

Stuttgart - Die Premiere findet erst aus Anlass des 40. Jahrestages statt. Zum ersten Mal präsentiert sich Kuwait, der größte Einzelaktionär des Daimler-Konzerns in Stuttgart bei einer Feier des Unternehmens, um „auf eine Erfolgsbilanz zurückzublicken, die bis zum heutigen Tag andauert“, wie es in der Einladung zu „40 Years of Future“ (40 Jahre Zukunft), heißt. Kuwait hält 6,8 Prozent der Anteile; in den Jahren seit dem Einstieg der Araber Ende November 1974 sind es zunächst mehr (14 Prozent), später auch mal weniger gewesen. Gehalten werden die Anteile von der Kuwait Investment Authority (KIA), die mit dem Gründungsjahr 1953 der älteste Staatsfonds der Welt ist. Wie viel Geld KIA verwaltet ist nicht genau bekannt, die Angaben schwanken zwischen 200 und 400 Milliarden Dollar. Neben dem Engagement bei Daimler sticht bei KIA die Beteiligung am Mineralölkonzern BP hervor.

 

Gefeiert wird am Donnerstagabend mit etwa 100 geladenen Gästen aus der deutschen Wirtschaft und Politik sowie führenden Repräsentanten von KIA und des Emirats im Daimler-Museum in Untertürkheim. Auch der frühere baden-württembergische Regierungschef und EU-Kommissar Günther Oettinger wird dabei sein. Für den Zeitpunkt einige Wochen vor dem Jubiläum ist wohl vor allem das erwartete, bessere Wetter verantwortlich. Er hängt jedenfalls nicht mit der zeitgleichen Katar-Visite in Berlin zusammen.

Anfangs war die Aufregung über den neuen Aktionär groß

Dass es so lange bis zu der Premiere in Stuttgart gedauert hat, ist bezeichnend. Zwar war die Aufregung Mitte der Siebzigerjahre groß, als die Araber ihre dank des dramatischen Anstiegs des Ölpreises verdienten Petro-Dollars in den Industrieländern anlegten (unter anderem der Iran in Form von Krupp-Anteilen). Kuwait ist es aber nie um einen Einfluss auf die Konzernpolitik gegangen. Das Emirat betrachtete sein Daimler-Engagement als langfristige Anlage mit dem Ziel, den gewonnenen Ölreichtum für spätere Generationen zu sichern; anders als der weitere Daimler-Aktionär Abu Dhabi, der sich drei Jahre nach dem Einstieg 2009 wieder verabschiedete.

Bei den Hauptversammlungen von Daimler ist nie ein Scheich aus Kuwait aufgetreten, weder als Redner noch als Aktionär. Kuwait hat sich nur in längeren Abständen immer wieder vom Vorstand direkt über Strategie und Geschäftsverlauf unterrichten lassen. Die Anteile hat das Emirat zunächst durch die Dresdner Bank vertreten lassen, deren Chef Jürgen Ponto 1974 den Deal abgewickelt hat. Jetzt ist es die Commerzbank. Den bis dahin größten Deal in der deutschen Wirtschaftsgeschichte, der einen Gegenwert von einer Milliarde D-Mark hatte, wickelte Ponto im Auftrag der Bad Homburger Industriellenfamilie Quandt ab. Am 28. November 1974 meldeten die Quandts den Verkauf ihrer 14-Prozent-Beteiligung am Daimler-Konzern. Mit wem das Geschäft abgeschlossen wurde, blieb zunächst ein Geheimnis. Außer den unmittelbar Beteiligten war niemand eingeweiht.

Die Identität der Miteigentümer blieb nicht lange geheim

Sofort wurde über die üblichen Verdächtigen spekuliert – Iran, Irak, Saudi-Arabien. Die Wogen in der Öffentlichkeit gingen hoch, sogar über eine Genehmigungspflicht für derartige Transaktionen wurde diskutiert. Ursprünglich wollten die neuen Daimler-Miteigentümer ihre Identität dauerhaft verheimlichen. Aber das erwies sich angesichts dicker Überschriften und langer Artikel über den wachsenden Einfluss „der Scheichs“ in Deutschland schnell als illusorisch. Am 2. Dezember 1974 informierte Ponto Wirtschaftsminister Hans Friederichs über den ominösen Käufer: Kuwait. Pontos Kollege bei der Deutschen Bank, Franz H. Ulrich, soll auf die Nachricht schockiert reagiert haben. Spötter sind sich nicht sicher, ob das mit der Identität des Neuaktionärs oder mit dem Umstand zu tun hatte, dass die Deutsche Bank an dem Deal nicht beteiligt war.

Mit dem Ausscheiden der Quandts löste sich nach Jahrzehnten der Dreierbund der Daimler-Großaktionäre auf, zu dem noch die Familie Flick und die Deutsche Bank gehörten. Mal miteinander, mal gegeneinander hatten diese Eigner den Autokonzern in einer Weise unter Kontrolle, dass der Vorstand mit Vorstandssprecher Joachim Zahn an der Spitze lange nur eingeschränkte Handlungsfreiheit hatte.

Der Verkauf des Daimler-Pakets war die Folge einer neuen Quandt-Strategie. Die Oberhäupter der beiden Familienzweige, Herbert und seine Schwägerin Inge, Witwe von Harald Quandt, wollten ihre Einflusssphären stärker aufteilen, um den Abstimmungsbedarf zu verringern. An dem kleinen Daimler-Anteil hatte keiner Interesse; wohl aber am Geld dafür. In den Achtzigerjahren verabschiedete sich Flick bei Daimler, später auch die Deutsche Bank, sodass Kuwait jetzt größter Einzelaktionär ist.