Es gibt nicht mehr viele Autos, die sich einer uneingeschränkten Beliebtheit erfreuen. Der VW-Bus ist so ein Fahrzeug, das wie kein anderes für schier grenzenlose Mobilität und deutsche Wertarbeit steht. In diesem Jahr feiert der Bulli sein 70-jähriges Bestehen. Fünf Redakteure erinnern sich.

Stuttgart -

 

Ein Joker namens WN-UW 37

Auf dem Land aufzuwachsen ist herrlich, doch mit Einsetzen der Pubertät reichten Dorf und Kleinstadt nicht mehr aus. Ab in die Großstadt! Clubs wie Radio Bar, Müsli, Boa und Red Dog riefen. Allerdings nur bis Mitternacht. Wie uncool! Rettung versprach ein gelber VW Westfalia T 3 mit dem amtlichen Kennzeichen WN – UW 37. Vorbei die Zeiten, in denen man um fünf vor zwölf panisch zum Bahnhof rennen musste, um die letzte S-Bahn zu erwischen. Und da im VW Joker reichlich Platz war und die Zahl der Passagiere beständig hoch, fand sich auch immer ein Fahrer, der es den anderen ermöglichte, ohne Handbremse zu feiern. (smr)

Mobile Nahversorgung

Amazon oder Rewe finden es wahnsinnig innovativ, dass sie ihren Kunden Lebensmittel bis an die Haustür liefern. Dabei ist das ein alter Hut. In unserem Dorfladen im Neckar-Odenwald-Kreis gehörte die mobile Nahversorgung schon in den 70er und 80er Jahren zum Service. Das Ganze war eine Win-win-win-Situation für alle Beteiligten: Der Laden konnte sich als Premium-Dienstleister profilieren, der Autor dieser Zeilen durfte in einem blauen VW-Bulli der Baureihe T2 erste Verkehrserfahrungen als Lieferwagenfahrer sammeln, und ein durstiger Stammkunde konnte ohne Kistenschleppen seinen beträchtlichen Bierverbrauch decken. Letzterer bewegte sich in ähnlichen Dimensionen wie der Spritdurst des 50-PS-Benziners im Heck, der die Kiste mehr schlecht als recht auf Touren brachte. Später war der Bus nicht mehr blau, sondern braun – ein T3 mit fröhlich nagelndem Dieselmotor. Der produzierte beim Gasgeben authentische Abgaswolken, die weder von einem Partikelfilter noch von einem Katalysator verfälscht wurden. (lud)

Die California-Connection

Erhabenes Fahrgefühl

Es ist ein erhabenes Gefühl, einen Bulli zu fahren – am besten einen, der das Lenkrad noch vor der Achse hat. Da kommt Lastwagen-Feeling auf und damit auch das Gefühl von Weite und Ferne. Leider ging’s auch bei der Beschleunigung sowie beim Spritverbrauch wie beim Lastwagen zu. Die Benziner-Bullis waren elende Spritsäufer, und mit dem 50-PS-Diesel verhungerte man an jedem Berg. Als der Turbodiesel Einzug in den Motorraum im Heck hielt, wurde alles besser. Der kam schneller den Albanstieg hinauf als der Doppelvergaser-Benziner mit ebenfalls damals beachtlichen 70 PS – bei weitaus geringerem Spritverbrauch. Und als dann vor 30 Jahren das Ende des alten T3-Bulli-Lebens nahte, wurde es im California-TD-Camper richtig luxuriös: Doppelscheinwerfer, Servolenkung, graue Teppichböden. Da machte das Campen noch mehr Spaß – und das flotte Lastwagen-Feeling-Fahren im Alltag auch. (zz)

Mädelsurlaub mit dem California

Die Doors-Alben-Sammlung, Exkurse zur Frankfurter Schule, fortgeschrittene Fähigkeiten in der Skater-Rampe – die Girlie-Generation der neunziger Jahren konnte man ganz unterschiedlich bezirzen. Doch eine todsichere Bank bei vielen war der Spruch: „Soll ich dir mal meinen Bulli zeigen?!“ Was hat man nicht alles erlebt in all den VW-Bussen! Auffahrunfälle bei Tempo 30 beim Trampen an der Promenade von Arcachon, wo der türkisfarbene Bulli anschließend mit einem Kran von der Straße gehoben werden musste; Mädelsurlaub mit dem geliehenen California am Gardasee, wo man um ein Haar an der Uferstraße seitwärts den Abhang hinuntergekippt wäre; Probefahrten mit verkaufswilligen Besitzern steinalter Busse, die erst beim fünften Versuch ansprangen oder bei denen während der Fahrt die Markisenhalterung herausbrach. Solange man für einen fast 30 Jahre alten, 190 000-Kilometer-Bock immer noch 8000 Euro verlangen kann, bleibt es bei den prägenden Erinnerungen. Und der eigene, mittelfristig fahrtaugliche VW-Bus ein Traum. Womöglich besser so. (sdr)

Der Transporter der Liebenden

Rechtzeitige Erleuchtung

Die erste Liebe und ein alter VW-Bus, das ist eine unschlagbare Kombination. Auch wenn man nicht in den Sechzigern jung ist, sondern Ende der Achtziger. Die Liebenden zeichneten sich in diesem Fall durch ein geradezu sklavisches Befolgen des Bulli-Klischees aus: Mit dem Bus sollte es nach dem Abitur über Frankreich und Spanien für drei Monate nach Marokko gehen. Zwar mangelte es dem orangeroten Gefährt an einer bequemen Matratze. Egal. Es hatte auch nicht einmal jene Minimalausstattung der Campingvariante, die für eine dreimonatige Reise den Unterschied zwischen Qual und Abenteuer bedeutet hätte. Was soll’s. Der vielleicht eklatanteste Mangel aber machte sich dann zum Glück noch rechtzeitig während einer Probefahrt in den Alpen bemerkbar. Er hatte aber weniger mit dem Auto zu tun als mit den Insassen. Die Herausforderung, an einem Freitagnachmittag noch auf der Schwäbischen Alb mit kaputtem Werkzeug zu zweit Zündkerzen wechseln zu müssen, überlebte der Bus. Die junge Liebe aber nicht. Sie zerplatzte wie eine Seifenblase. Zum Glück. (trö)