Nach dem Verbot durch die Nazis hat sich der SPD-Ortsverein vor 70 Jahren neu formiert. Die Probleme und die Ziele heute ähneln denen von 1947.

Waldenbuch -

 

Wie Menschen in schwierigen Zeiten zusammenrücken, wie Niederlagen dazu motivieren können, neue Wege zu suchen und sich gegenseitig Mut zu machen, lässt sich derzeit am Beispiel der Waldenbucher SPD betrachten. Natürlich schmerzt die Schlappe, die sich die Sozialdemokraten bei der Bundestagswahl eingefangen haben. Mit Selbstmitleid hält man sich aber nicht auf. Am Freitag hat der Ortsverein den 70. Jahrestag seiner Wiedergründung gefeiert und sich vor rund 100 Gästen im Haus der Begegnung als Gemeinschaft präsentiert, die mit aller Macht den Neustart plant.

Dass die Sozialdemokraten in Waldenbuch ein rühriger Haufen sind, hat sich herumgesprochen. „Ich wünschte, wir hätten viele solcher Ortsvereine in der SPD“, sagte der scheidende Bundestagsabgeordnete Rainer Arnold. Die SPD-Landeschefin Leni Breymaier erinnerte daran, dass die Sozialdemokraten vor Ort das Kämpfen gewöhnt sind. „Vor 70 Jahren hatten die Menschen große Bürden aus dem Krieg zu tragen. Trotzdem hatten sie die Kraft und die Energie zur Wiedergründung der SPD. Wenn die das geschafft haben, kriegen wir das auch hin.“

Der sozialdemokratische Gemeinsinn hat ungebrochen überlebt

Der stellvertretende Ortsvereinsvorsitzende Harald Jordan erinnerte daran, wie sich die SPD 1947 in Waldenbuch neu positioniert hat. Der 1903 gegründete Verein war 1933 verboten worden. „Unsere Vorgänger hatten zu den ersten Opfern eines unmenschlichen Regimes gehört, das seinen Ungeist bis in die abgelegene dörfliche Provinz trieb.“ Der sozialdemokratische Gemeinsinn habe jedoch ungebrochen überlebt und sei nach dem erlösenden Ende 1945 bei der friedlichen Neuorientierung eingebracht worden.

Die gesellschaftlichen Herausforderungen, die den Ortsverein nach seiner Wiedergründung beschäftigt haben, ähnelten in vielen Bereichen den Zukunftsfragen von heute. „Auch damals gab es zum Beispiel Neubürger, die in die Stadtgemeinschaft integriert werden mussten“, sagte Harald Jordan. „Es ist deshalb wichtig, dass wir die Brücke in die Vergangenheit schlagen und von den Erfahrungen der Zeitzeugen von damals profitieren. Sie können uns das Verstehen erleichtern“, sagte er.

Aufsätze zur Geschichte der Stadt

Was die Menschen in Waldenbuch einst bewegt hat und unter welch schwierigen Bedingungen soziale Gerechtigkeit und gemeinschaftliches Miteinander erkämpft werden mussten, gehört zu den Themen, die der Waldenbucher Autor Siegfried Schulz seit vielen Jahren erforscht. Unter dem Titel „Einblicke“ hat er vor Jahren ein Buch mit Aufsätzen zur Geschichte der Stadt gestaltet. Zum 70-jährigen Jahrestag der Wiedergründung hat der SPD-Ortsverein nun daran angeknüpft und einen zweiten Band herausgegeben.

Darin finden sich Inhalte wie die Auswanderung aus Waldenbuch und Württemberg zu Beginn des 19. Jahrhunderts, Beschreibungen zur Ausplünderung des Schönbuchs seit 1514 oder Erinnerungen an das Kriegsende im Jahr 1945 in Waldenbuch.