Wer klagt hier über Hitze? Auf der Autobahn-Baustelle zwischen Stuttgart und Leonberg kochen 140 Grad heißer Asphalt auf der Fahrbahn – und drüber brennt die Luft bei gefühlten 37 Grad. Da wird’s selbst dem Beton zu heiß...

Lokales: Wolf-Dieter Obst (wdo)

Stuttgart - Von Hitze braucht man den Fahrern der Asphaltfertiger nichts zu erzählen. Unter ihren 253-PS-Ungetümen – und wehe, man sagt Teermaschinen! – kocht der Asphalt. Der fühlt sich erst mit über 140 Grad Celsius so richtig wohl. Und darüber brennt die Luft mit gefühlten 37 Grad. In Schrittgeschwindigkeit kommt die Kolonne auf der Autobahn 8 zwischen Stuttgart und Leonberg voran – und zieht eine zwei Fahrstreifen breite, schwarze Asphalttragschicht hinter sich her.

 

Von Frischluft kann im Cockpit von Fahrzeug 519859 keine Rede sein. Vorne der Dampf des schwarzen Mischmaterials, links und rechts die Abgaswolken der Laster und Personenwagen. Und während der Fahrer des Asphaltfertigers die nächste Sprudelflasche leert, schaut Bauleiter Lars-Peter Schwarzer zufrieden drein. Sein Konzept mit der Mischgutbelieferung und Asphaltierung in Echtzeit, bei dem Lkw mit ihrer Ladung in Thermomulden genau dann vorfahren, wenn die Maschinen den Belag auf die Fahrspur bügeln müssen, funktioniert.

Bis Jahresende soll alles fertig sein

Der Zeitplan für die A 8 zwischen Stuttgart und Leonberg ist ehrgeizig. Im Januar 2016 hatte man damit begonnen, eine 4,4 Kilometer lange Strecke auszubauen – mit einer vierten Fahrspur, einem neuen Brückenbauwerk, dem Abriss und Neubau einer Fußgängerbrücke, mit neuem Asphalt auf acht Fahrspuren – und das alles bis Ende 2017. Und es scheint zu klappen: „Ich habe bisher keine Baustelle erlebt, bei der die Bauarbeiter so schnell waren“, sagt Daniela Erlenmaier, Projektleiterin beim Regierungspräsidium Stuttgart.

Was soll man da noch jammern als Autofahrer. Auch am Donnerstagmorgen gibt es wieder die üblichen Meldungen rund um Stuttgart und Leonberg: A 8, Richtung Karlsruhe, zwischen Stuttgart-Degerloch und Leonberg-Ost, Baustelle, sieben Kilometer stockender Verkehr. Davor, zwischen Kirchheim-West und Esslingen, fünf Kilometer. In Gegenrichtung und von der anderen Seite: A 81, zwischen Pleidelsheim und Stuttgart-Feuerbach, 10 Kilometer stockender Verkehr. Nicht immer wird dabei aufgepasst. Am Tag zuvor, am Mittwoch gegen 16.15 Uhr, hatte es bei Köngen (Kreis Esslingen) gekracht, als zwei Sattelzüge aufeinanderprallten. Dabei gab es einen Leichtverletzten und 30 000 Euro Schaden. Auch dort: eine Baustelle.

Ein Fahrbahnteppich aus 4500 Tonnen Asphalt

Im Radio wird am Donnerstag an die Autofahrer appelliert, das Tempolimit von 60 Kilometer pro Stunde bitte einzuhalten. Die Bauarbeiter grinsen: „Ein schöner Witz.“ Der Eindruck der Asphaltkolonne ist ein anderer: Hier fährt jeder so schnell er kann durch das Nadelöhr. Das merkt auch die Polizei: In ihrer Zwischenbilanz sind die Unfallzahlen im Bereich der A 8 zwischen Stuttgart und Leonberg um bis zu 44 Prozent gestiegen.

Aber auch der Bauarbeiter-Trupp fährt kein Schneckentempo, selbst wenn es so scheint. Am Donnerstagmorgen gegen 7 Uhr sind die 20 Arbeiter noch auf Höhe der Rastanlage Sindelfinger Wald, ehe sie sich mit ihren Asphaltfertigern, den Asphaltbeschickern und den Walzen talwärts Richtung Leonberg voranarbeiten. Als Projektleiterin Erlenmaier um 14 Uhr nach dem Rechten schaut, hat die Truppe bereits die Überführung auf Höhe Leonberg-Warmbronn hinter sich gelassen. Bis 19 Uhr vermeldet Bauleiter Schwarzer eine Strecke von 1,6 Kilometern neu asphaltierter Fahrbahnen. „Das sind 4500 Tonnen Material“, sagt er.

Ein Brückenbau muss Zwangspause machen

Dass die Projektleiterin des Regierungspräsidiums doch etwas ins Schwitzen gerät, liegt weniger am Asphalt. Sondern vielmehr am Beton. Der kann Hitze wirklich nicht vertragen. Die Lufttemperatur sollte bei maximal 25 Grad Celsius liegen, der Beton selbst sollte bei der Verarbeitung nicht wärmer als 30 Grad sein.

Dieses Limit ist zu viel für das Brückenbauwerk, das die A 8 auf Höhe des Frauenkreuzes über die Landesstraße 1189 zwischen Stuttgart-Büsnau und Sindelfingen führt. Am Mittwoch hätte man mit der Betonierung eines ersten Teilbauwerks beginnen wollen. Doch so große Mengen an Beton, die da notwendig sind, lassen sich nicht auf 30 Grad gekühlt halten. Damit hätte die Qualität des Baumaterials hätte erheblich gelitten. „Das muss auf die nächste Woche verschoben werden“, sagt Daniela Erlenmaier. Die Meteorologen haben da niedrigere Temperaturen versprochen.

Für Autofahrer bedeutet das: Die Vollsperrung der L 1189 findet später statt. Von Montag bis Mittwoch müssen sie dann über Warmbronn und Magstadt ausweichen.