Für die Abiturienten wird es am Dienstag ernst: Zuerst müssen die Schüler im Fach Deutsch ihre Reife beweisen, doch anders als bisher kommt das dicke Ende mit Mathe erst fast zum Schluss.

Stuttgart - Deutsch, Mathe, Französisch, Englisch und dann der Rest – diese Fächerabfolge beim Abitur gilt in diesem Jahr nicht. Für die Schüler geht es nach Deutsch am Dienstag stattdessen am Mittwoch mit Biologie, Chemie und Physik weiter, am Freitag schließt sich das Fach Englisch an. In der kommenden Woche geht es am Dienstag, 2. Mai, mit Latein weiter, und mit Mathematik kommt das dicke Ende am 3. Mai fast zum Schluss des schriftlichen Abiturs, das am 5. Mai mit Französisch endet.

 

Mehr Vergleichsmöglichkeit mit anderen Ländern

Ursache dafür ist die schrittweise Angleichung des Zentralabiturs der verschiedenen Bundesländer. Inhaltlich hat das Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) bereits Vorarbeit geleistet. Das an der Humboldt-Universität Berlin angesiedelte Institut hat für die Fächer Deutsch, Mathematik, Englisch und Französisch einen Aufgabenpool zum Abitur erarbeitet. Darauf können die Länder anlässlich des schriftlichen Abiturs zugreifen mit dem Ziel, „mittelfristig bundesweit mehr Transparenz und Vergleichbarkeit von Abschlüssen zu erreichen“, so das Kultusministerium Baden-Württemberg.

Aus diesem Grund müssen die Prüfungen in den verschiedenen Fächern und in den verschiedenen Bundesländern zeitgleich stattfinden. Die Mathematiklehrer sind davon nicht alle entzückt: Sie bemängeln die extrem knappe Korrekturzeit zwischen der Prüfung und der Notenabgabe schon am Dienstag in der Woche nach dem schriftlichen Termin. Bisher hatten sie eine Woche mehr Zeit zum Korrigieren, während nur die Wahlfächer auf späte Prüfungstage gelegt wurden. Mathematik allerdings ist ein Pflichtfach im Reigen der schriftlichen Prüfungen, dementsprechend mehr Arbeiten müssen die Lehrer in nun kürzerer Zeit bewältigen.

Diebe machen den ganzen Plan zunichte

Für die Stuttgarter Abiturienten – 1693 von öffentlichen Schulen und 745 Privatschüler – wird es entgegen der Ankündigung des Kultusministeriums in diesem Jahr in den Fächern Mathe und Englisch keine Prüfungsaufgaben aus dem bundesweiten Aufgabenpool des IQB geben. Schuld daran ist ein Einbruch ins Solitude-Gymnasium Weilimdorf. In der Nacht zum Dienstag, dem 11. April, waren Unbekannte in die Schule eingedrungen und hatten den Tresor aufgeflext, in dem sich bereits die Abituraufgaben befanden. Wie berichtet, nahmen die Täter zwar lediglich Bargeld und eine Digitalkamera mit, allerdings hatten sie die versiegelten Umschläge für das Mathe- und Englischabitur geöffnet.

Prüfungskommissionen müssen noch mal tagen

Seitdem ist nicht auszuschließen, dass die Aufgaben vor Prüfungsbeginn öffentlich werden. Deshalb bekommen alle Abiturienten im Land in den Fächern Mathematik und Englisch nun Ersatzaufgaben – und zwar diejenigen, die ursprünglich für die Nachschreiber gedacht waren. „Da für Nachschreiber keine IQB-Aufgaben vorgesehen waren, müssen wir auch keine neuen aus dem Pool holen“, sagt die Sprecherin des Ministeriums. Die Prüfungskommissionen für Mathe und Englisch treffen zwangsläufig nochmals zusammen, um neue Aufgaben für die Nachschreiber auszuwählen. Die Kosten dafür kann das Ministerium bis dato nicht beziffern, allerdings steht fest, dass „Druck und Versand der Ersatz-Abituraufgaben das Land Baden-Württemberg 110 000 Euro kosten“, so die Sprecherin.

Büchner, Frisch und Stamm

Die Prüflinge müssen sich am Dienstag allerdings auf etwas anderes konzentrieren. Landesweit haben sich rund 34 100 Schüler auf mindestens drei literarische Werke vorbereitet: Peter Stamms Roman „Agnes“, Max Frischs „Homo faber“ und das Drama „Dantons Tod“ von Georg Büchner. Die Abiturienten sollen Sprache und Aufbau untersuchen, Wertvorstellungen und historische Bezüge herausarbeiten und Werke miteinander vergleichen können. Auch Gedichte aus der Naturlyrik verschiedener Epochen waren Schwerpunkte im Deutschunterricht.

Mehrere Wochen beißen sich die Schüler nun durch die Prüfungen, am 5. Mai schließt der schriftliche Teil mit dem Fach Französisch ab. 899 Abiturienten der Beruflichen Gymnasien, 158 davon an Schulen in freier Trägerschaft, sind ihren Mitschülern übrigens weit voraus: Sie beenden das schriftliche Abitur genau an diesem 25. April, nur die Zeugnisse werden an beiden Schultypen zeitgleich ausgegeben, in diesem Jahr am 7. Juli.

Die Meister der Prüfungsfragen

Für jedes Abiturfach, das schriftlich geprüft wird, tritt eine Abituraufgabenkommission zusammen. Sie ist mit rund sechs bis zehn Personen besetzt, je nach Größe des Fachs. In der Regel sind dies Fachberaterinnen und Fachberater der Schulaufsichtsbehörden, also der vier Regierungspräsidien im Land.

Die Gymnasien tragen ebenfalls Verantwortung für die Abiturprüfungen. Fachlehrkräfte arbeiten im turnusmäßigen Wechsel Aufgabenvorschläge aus, wobei die Zahl der Vorschläge je nach Fach variiert. Die Abituraufgabenkommission wählt dann aus diesen Vorschlägen ganze Aufgaben, Teilaufgaben, Texte oder Anregungen aus. Die Kommissionen verwendet davon allerdings nur einzelne Teile, sozusagen Mosaiksteine. Laut Regierungspräsidium Stuttgart kommt es nicht vor, dass ein Abituraufgabenvorschlag komplett übernommen wird.

In diesem Jahr wurden erstmals für die Fächer Deutsch, Englisch, Französisch und Mathematik jeweils eine Abituraufgabe aus einem bundesweiten Pool entnommen. Wegen des Einbruchs in ein Stuttgarter Gymnasium Anfang des Monats kommen sie in den Fächern Mathematik und Englisch nicht zum Einsatz.

http://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.solitude-gymnasium-in-stuttgart-einbrecher-oeffnen-versiegelte-abiaufgaben.f278a8de-4a37-461f-be55-21f329f47acb.html