Das Unternehmen reicht ein Abrissgesuch für das Wohnhaus der Gründerfamilie ein. Für das als Kantine genutzte historische Gebäude gibt es bald keine Verwendung mehr. Eine Sanierung wäre nicht wirtschaftlich, heißt es.

Baden-Württemberg: Eberhard Wein (kew)

Göppingen - Die Firma Schuler möchte das 1888 erbaute Wohnhaus ihrer Gründerfamilie abreißen lassen. Das geht aus einem Abrissgesuch hervor, das in der vergangenen Woche im Göppinger Rathaus eingegangen ist. Sobald der geplante Hochhausneubau fertig sei, gebe es keine Verwendung mehr für das gegenwärtig als Kantine genutzte Gebäude. Eine Sanierung sei nicht wirtschaftlich, teilte das Unternehmen der Stadtverwaltung mit. Zwar gebe es bisher keine seriöse Schätzung. Der Aufwand dürfte aber in Millionenhöhe liegen, sagte der Baubürgermeister Helmut Renftle. Die unter Denkmalschutz stehende Hauptverwaltung ist von dem Abriss nicht betroffen.

 

OB setzt sich für die Erhaltung ein

Der Oberbürgermeister Guido Till (CDU) sprach von einer „schwierigen Situation“. Der neugegründete Gestaltungsbeirat hatte das Gebäude nach einer Besichtigung unlängst als historisch bedeutsam eingestuft. Zudem bilde es an der Ecke von Bahnhof- und Hafnerstraße eine wichtige Raumkante. „Das Gebäude hat für uns einen sehr hohen Wert“, sagte Renftle, der sich in den vergangenen Monaten zusammen mit dem OB massiv für die Erhaltung des Backsteinhauses eingesetzt hat.

Doch der Vorstandsvorsitzende der Firma Schuler Stefan Klebert winkte immer wieder ab. Das Unternehmen wolle mit seinem Abbruchantrag jetzt Rechtssicherheit. Nach der geltenden Rechtslage muss die Stadtverwaltung das Gesuch innerhalb von vier Wochen genehmigen.

Gebäude steht nicht unter Denkmalschutz

Tatsächlich sei die historische Bausubstanz nicht mehr überall zu erkennen. „Das Gebäude ist ziemlich verbaut“, räumte Renftle ein. Dennoch halte er es für sinnvoll, das Landesdenkmalamt für eine neuerliche Begutachtung nach Göppingen zu bitten. „Dann sehen wir, wie der Bau von den Experten eingeschätzt wird.“ Bisher steht das Gebäude, das ein Stück Göppinger Industriegeschichte verkörpert, nicht unter Denkmalschutz.

Bruchbude oder wichtiges Zeugnis?

Im Gemeinderat stieß das geplante Vorgehen auf ein geteiltes Echo. Lob erntete Renftle von SPD, LiPi und Grünen. Es fehle vielfach das Bewusstsein für den richtigen Umgang mit industriehistorischen Gebäuden, sagte SPD-Fraktionssprecher Armin Roos. Der Gemeinderat habe den Bau des zwölfgeschossigen Dienstleistungszentrums genehmigt, „nun muss die Firma der Stadt auch etwas zurückgeben“, sagte der Grünen-Fraktionschef Christoph Weber.

„Wir können allenfalls eine Bitte äußern“, meinte hingegen der CDU-Fraktionsvorsitzende Felix Gerber. Für die FDP/FW warnte Klaus Rollmann davor, einem Unternehmen, das Göppingen nach vorne bringen wolle, Knüppel in den Weg zu legen. Der Freie-Wähler-Stadtrat Emil Frick erklärte ungerührt, für ihn als Göppinger sei das Gebäude ohnehin eine Bruchbude. „Wenn wir so weitermachen, werden wir sehen, wie Schuler irgendwann von Göppingen weg geht.“