Er war schon auf dem Flughafen, da erfuhr der afghanische Künstler Ahmad Shakib Pouya, dass er bis Mitte Januar legal in Deutschland bleiben kann.

Familie/Bildung/Soziales: Hilke Lorenz (ilo)

Frankfurt/Augsburg - Der abgelehnte afghanische Asylbewerber Ahmad Shakib Pouya (33) kann weitere drei Wochen bis 15. Januar in Deutschland bleiben. Die Zentrale Ausländerbehörde Schwabens gewährt dem Künstler eine letzte Fristverlängerung für seine Ausreise. Zuletzt hatte der ehemalige bayrische Wissenschafts- und Kunstminister Thomas Goppel (CSU) zwischen dem Regierungspräsidium Schwaben und dem bayerischen Innenministerium vermittelt. Goppel war durch das Opernprojekt „Zaide“ des Vereins „Zuflucht Kultur“ auf den Musiker aufmerksam geworden. Pouya befand sich bereits auf dem Frankfurter Flughafen, als er von der Wendung seines Falls in letzter Minute erfuhr. Der Verein „Zuflucht Kultur“, den die Stuttgarter Mezzosopranistin Cornelia Lanz im Mai 2014 gegründet hat, will sich nun darüber hinaus für den endgültigen Verbleib Pouyas einsetzen. Auch die bayrische Härtefallkommission wird noch einmal vor dem 15. Januar 2017 tagen.

 

Pouya stand letzte Woche schon auf der Abschiebeliste

Der in Deutschland gut integrierte Sänger und Schauspieler Pouya stand am Mittwoch vergangener Woche auf der Liste für die erste Sammelabschiebung nach Afghanistan. 34 seiner Landsleute waren von Frankfurt nach Kabul geflogen worden. Nur weil die Polizeibeamten den Künstler nicht antrafen, war Pouya seiner Abschiebung entgangen. Er hatte sich daraufhin bereit erklärt, am Donnerstag vor Weihnachten freiwillig in sein Heimatland auszureisen, um einer Abschiebung zu entgehen und sich die Möglichkeit einer legalen Rückkehr zu seiner Frau offenzuhalten.

Sein Fall hatte Aufmerksamkeit erregt, weil in der Person Pouyas der Prototyp des vollintegrierten Asylbewerbers abgeschoben werden sollte. Innerhalb von nur zwei Tagen haben mehr als 18 000 Menschen eine Online-Petition an den bayerischen Innenminister Joachim Herrmann (CSU) unterschrieben, Pouya Bleibebrecht zu gewähren. Der Fall macht aber auch deutlich, dass eine Art Gentleman-Agreement zwischen dem bayrischen Innenministerium und der Härtefallkommission des Bundeslandes nicht mehr greift. Bisher war es Usus gewesen, in Fällen, mit denen die Kommission befasst ist, auf eine Abschiebung vorerst zu verzichten. Pouyas Fall hatte zumindest die Vorstufe zur Prüfung durch die Kommission genommen.

Er arbeitet als Flüchtlingsberater und Musiker

Er war 2011 nach Deutschland gekommen, nachdem er seine Heimatstadt Herat nach Todesdrohung durch die Taliban und der Explosion eines Sprengsatzes in seiner Wohnung 2009 verlassen hatte. Sein Asylantrag wurde 2012 abgelehnt. Er bekam jedoch eine Duldung. Bis Donnerstag arbeitete der Mann, der sechs Sprachen spricht, als ehrenamtlicher Berater in der Flüchtlingsarbeit der IG-Metall Frankfurt. Ein ruhender Arbeitsvertrag mit ihm liegt vor. Pouya hat selbst immer wieder gesagt, wie gerne er in dem Land, in dem er nun lebt, Steuern bezahlen würde. Eine Rückkehr nach Afghanistan ist für ihn lebensgefährlich.

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Er gehörte nach seiner Ankunft in Deutschland schnell zum Flüchtlingschor des Vereins „Zuflucht Kultur“. Zudem ist er einer der Männer der ersten Stunde des Augsburger Vorzeige-Integrationsprojektes Grandhotel Cosmopolis. Er war wegen seiner guten Deutschkenntnisse Gesprächspartner in Talkshows wie der von Markus Lanz. Beim Bürgerfest des Bundespräsidenten Joachim Gauck war er Gast. „Was kann ein Flüchtling mehr tun für die Integration als ich“, fragte er am Montag, als er sich von Freunden verabschiedete. Am 11. Januar kann er nun in der Münchner „Zaide“-Inszenierung unter Schirmherrschaft des Oberbürgermeisters Dieter Reiter wieder auf der Bühne stehen.