Wolfgang Berner-Föhl war über 28 Jahre lang Pfarrer in Sillenbuch. Nun blickt er mit Neugier auf einen neuen Lebensabschnitt und zufrieden auf die vergangenen Jahrzehnte. Akzente setzte er unter anderem, in dem er Männerfreizeiten ins Leben rief.

Sillenbuch - Mit Elija sei er einfach noch nicht fertig, sagt Wolfgang Berner-Föhl. Deshalb habe er sich für seinen Abschiedsgottesdienst in der Martin-Luther-Kirche am gestrigen Sonntag ein Bibelstück aus dem Buch der Könige ausgesucht, es handelt von dem Propheten. Elija, sagt der Pfarrer bei einem Gespräch ein paar Tage zuvor, erlebe den ersten biblisch dokumentierten Fall von Burnout.

 

Wolfgang Berner-Föhl macht einen entspannten Eindruck so kurz vor dem Abschied. Sicher werde er bei der Feier mit den Tränen kämpfen, aber das ist im Moment nur seine Mutmaßung. Wie es sich anfühlen wird nach mehr als 28 Jahren nicht mehr Sillenbucher Pfarrer zu sein – Wolfgang Berner-Föhl gibt zu, dass ihm dazu derzeit die Vorstellung fehlt.

Neuer Lebensabschnitt beginnt

Ähnlich ging es auch dem Propheten Elija, als dieser in einer Krise ratlos in die Wüste zieht und dann Gott in einer neuen Form kennenlernt. Jahwe schickt ihn mit einer neuen Aufgabe zurück. Wolfgang Berner-Föhl will sich gleichfalls noch einmal neu ausprobieren. Er nennt die Stichworte Theater, Schauspiel und Gestaltung. Konkreter wird er nicht. Vielleicht, weil er sich seine Zukunft nach 28 Jahren Dienst an der Gemeinde ein wenig wie eine Reise vorstellt, auf der sich die neuen Aufgaben und Herausforderungen von selbst auftun.

Die vergangenen drei Jahrzehnte müssen arbeitsreich gewesen sein. Wolfgang Berner-Föhl berichtet von 50-Stunden-Wochen, in denen er damit beschäftigt war, das gut zu machen, was er die Kernarbeit eines Pfarrers nennt. Als Beispiel nennt er den Konfirmandenunterricht, der dazu beitragen kann, dass junge Menschen die Religion für sich entdecken – oder eben nicht. Im Rückblick unterstreicht Berner-Föhl den Stellenwert seiner alltäglichen Pflichten. Diese seien in den Jahrzehnten seines Wirkens bedeutender gewesen als jede Profilierung, sagt der Pfarrer.

Engagement für Männer

Gleichwohl hat Berner-Föhl in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder Akzente gesetzt, die weit über das Tagesgeschäft eines Seelsorgers hinausgingen. Besonders am Herzen lag ihm die Männerarbeit. So hat er Freizeiten ins Leben gerufen, bei denen Männer Zeit mit ihren Kindern verbringen und unter sich bleiben konnten. Der Pfarrer scheut das offene Wort nicht. „Sobald eine Frau mit von der Partie ist, geht es nur noch um die Balz“, sagt er. Bei den Männerfreizeiten sollten sie aber auf ganz andere Gedanken kommen als auf den, wie sie sich gut repräsentieren können. „Männer reden über ihre Gefühle, aber sie wollen es auf ihre Art tun“, sagt Wolfgang Berner-Föhl. Vielleicht ist er auch aus eigener Anschauung zu der Erkenntnis gekommen, dass das vermeintlich starke Geschlecht in der heutigen Zeit unter einem besonderen Druck steht. Der Pfarrer spricht offen über eine Krise, die er im Jahr 2014 erlitt und aus der er Konsequenzen gezogen hat. „Ich musste lernen, mich zurückzunehmen“, sagt Berner-Föhl.

Auch mal Nein sagen

Im Einzelfall bedeutete das, zum Beispiel diesen oder jenen Vortrag abzulehnen und sich mehr auf das Kerngeschäft zu konzentrieren. Die Aufgaben hätten sich über die Zeit ohnehin verdichtet, sagt Berner-Föhl. Die Kirche ist in den vergangenen Jahren bekanntlich auch im Apparat geschrumpft und nicht gewachsen.

Angesprochen auf die stetig abnehmende Zahl von Gläubigen, reagiert Wolfgang Berner-Föhl wie ein guter Manager, der um die Schwierigkeit seines Betriebs weiß. „Lamentieren hilft nichts“, sagt er und rät gleichzeitig seiner Kirche, sich nicht kirre machen zu lassen. Den einen Schalter, der nur umgelegt werden müsste, damit die Menschen in Scharen wieder zur Kirche zurückkehren gebe es nicht. „Dazu ist die Individualisierung in der Gesellschaft schon viel zu weit fortgeschritten“, sagt er.

Berner-Föhl verspricht, dem neuen Sillenbucher Pfarrer Friedrich July, Sohn des Landesbischofs Frank Otfried July, mit seinem Hintergrundwissen zur Verfügung zu stehen. Außerdem will er weiterhin als Notfallseelsorger arbeiten. Dass er in Vertretung vielleicht wieder auf einer Kanzel stehen wird, will er nicht ausschließen. „Einmal Pfarrer, immer Pfarrer.“