Ein Krisengipfel war das Treffen der EU-Staatenlenker diesmal eigentlich nicht. Trotzdem brachte Kanzlerin Merkel aus Brüssel wieder ein paar Probleme mit.    

Berlin/Nürnberg - Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat den europäischen Fiskalpakt beim EU-Gipfel in Brüssel zwar durchgesetzt, in Deutschland könnte er ihr aber noch einmal Probleme machen. Der bislang nur unterzeichnete, aber noch nicht ratifizierte Vertrag braucht laut dem Finanzministerium in Bundestag wie Bundesrat nicht nur die einfache Mehrheit, sondern eine Zweidrittel-Mehrheit. Eine Sprecherin des Ministeriums bestätigte am Samstag einen Bericht der Süddeutschen Zeitung. Damit wäre Merkel auf breite Unterstützung der Opposition angewiesen. Die fühlt sich allerdings überrannt. Auch unionsintern kriselt es in Sachen Euro-Rettung.

 

Die Zweidrittelmehrheit sei notwendig, weil der Fiskalpakt eine signifikante Übertragung von Hoheitsrechten auf die europäische Ebene bedeute. Denn: „Wir räumen den Euro-Partnern damit die Möglichkeit ein, uns bei Nichteinhaltung unserer nationalen Schuldenbremse vor dem Europäischen Gerichtshof zu verklagen“, zitierte die Zeitung eine Quelle aus Regierungs- und Koalitionskreisen.

Eine Regierungssprecherin sagte: „Die Opposition und der Bundesrat sind frühzeitig in diese Überlegungen einbezogen worden.“ SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier forderte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf, nun auf die Opposition zuzugehen. „Bisher hat sie das Gespräch nicht gesucht. Das ist umso unverständlicher als sie selbst es war, die durch ihr Vorgehen eine verfassungsändernde Mehrheit notwendig gemacht hat“, so Steinmeier in einer Mitteilung. Seine Fraktion erwarte schnellstmöglich einen Zeitplan der Regierung für die bevorstehende Parlamentsentscheidung. Die Regierung will den Fiskalpakt nach eigenen Angaben zügig im Kabinett behandeln, damit das Parlament ausreichend Zeit zur Beratung habe.

Dobrindt lehnt Ausweitung des Rettungsschirms ab

Die Euro-Rettung sorgt auch innerhalb der Union für Unstimmigkeiten: Ungeachtet des Machtworts der Kanzlerin geht in der CSU die Diskussion über einen Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone weiter. Bayerns Finanzminister Markus Söder plädierte am Samstag dafür, Griechenland einen geordneten Ausstieg zu ermöglichen. Am Vorabend hatte die US-Ratingagentur Moody's die Bonität Griechenlands auf den niedrigsten Wert herabgestuft.

Offizielle CSU-Linie ist Söders Position aber nach wie vor nicht. Parteichef Horst Seehofer wollte nicht über ein mögliches Scheitern des zweiten Griechenland-Rettungsschirms spekulieren: „Ich glaube, dass kein Arzt in Deutschland Erfolg hätte, wenn er seine Therapie beginnt mit der Frage, ob diese scheitert.“

Seehofer schloss aber ebenfalls nicht aus, dass der derzeitige Umfang der Hilfen möglicherweise nicht ausreicht und Griechenland weitere Unterstützung fordert. „Wenn die Bundesregierung damit an uns herantritt, sehe ich das sehr skeptisch und darüber müssen dann unsere Parteigremien diskutieren.“ CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt lehnte eine Ausweitung des Rettungsschirms ESM in der „Frankfurter Rundschau“ (Samstag) ab.

Als erster prominenter CSU-Politiker hatte Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich einen Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone in die Diskussion gebracht. Nach dem Rüffel Merkels will Friedrich das aber inzwischen nicht mehr vorbringen. „Das Thema ist so komplex und muss so differenziert diskutiert werden, dass ich nicht den Eindruck habe, dass das in dieser plakativen Form angemessen ist“, sagte Friedrich.

Rückenwind bekamen Söder und Friedrich vom CDU-Mittelstandschef Josef Schlarmann. Der bezeichnete die offizielle Politik der Bundesregierung im Magazin „Focus“ als „zentralistisch“. Es sei „gut, dass jetzt auch aus der Union andere Stimmen zu hören sind“, so Schlarmann.