Was die wenigsten wissen dürften: John DeLorean baute seinen gleichnamigen 80er-Jahre-Sportwagen in der Nähe von Belfast. Dabei ging es ziemlich ungrade zu – und das ist der Stoff, aus dem Adrian McKinty seine zweite Geschichte um den katholischen Bullen Sean Duffy baut.

Lokales: Hans Jörg Wangner (hwe)

Stuttgart - Uff, das war knapp. Wenn auf der ersten Seite eines Krimis ein musikalischer Unfug wie dieser steht: „Die Melodie in meinem Kopf war eine absteigende Dezimole, ein Potpourri der zweiten Etüde von Chopin“, und sich der Held auf der zweiten Seite vorkommt „wie in einer Symphonie von Arvo Pärt“ – dann stehen die Chancen gut, dass man das Buch ganz einfach abhakt und der Caritas spendet. Was im Fall von Adrian McKintys „Sirenen von Belfast“ aber ebenso voreilig wie schade gewesen wäre.

 

Das Belfast der frühen 1980er

Denn die zweite Geschichte um den katholischen Bullen Sean Duffy führt atmosphärisch dicht ins Belfast der frühen 1980er Jahre, in eine Bürgerkriegszeit, die ihren abendlichen Widerhall damals zwar in der „Tagesschau“ hatte, vom Kontinent aus aber eher als ein fernes Rauschen wahrgenommen wurde. Längst vergessene Feindbilder tauchen ganz am Rande des Buches auf (Reagan, Bush, Haig & Thatcher), der Falklandkrieg spielt eine Nebenrolle, und mitten drin steht der Detective Sergeant Duffy, der dem Geheimnis einer kopflosen Leiche auf den Grund kommen muss.

Duffy ist nicht gerade ein Vorzeigebeamter – auch wenn er für einen früheren Einsatz hoch dekoriert wurde. Vielmehr hat der Detective Sergeant seinen eigenen Kopf, in den er gerne beträchtliche Mengen Alkohol schüttet: Abends, mittags und auch morgens schon. Außerdem ist er weder einem illegalen Pfeifchen abgeneigt noch der Affäre mit einer Frau, auf die er im Zuge der Mordermittlungen stößt. Noch nicht einmal, als er dem FBI in die Quere kommt (eine inoffizielle Dienstreise führt ihn in die USA, weil das geköpfte Todesopfer ein amerikanischer Agent war), kann er die Finger von dem Fall lassen.

Jede Menge öffentlicher Gelder kassiert

Denn der hat es in sich: Hintergrund der Geschichte ist die Produktion des ebenso lahmen wie unansehnlichen Sportwagens von John DeLorean (bekannt aus dem Film „Zurück in die Zukunft“). Der amerikanische Autobauer hat seinerzeit die Produktion in der Nähe von Belfast angesiedelt und dafür jede Menge öffentlicher Gelder kassiert. Vom Vorwurf des Drogenhandels, der ihn sogar in Haft brachte, wurde er indes freigesprochen.

Für Sean Duffy jedenfalls endet der Fall in einem ziemlichen Desaster; da helfen ihm weder seine Meriten noch sein Erfolg als Ermittler. Aber wen wundert das noch in diesem Land von Hoffnungslosigkeit und Elend . . .

Adrian McKinty: „Die Sirenen von Belfast“. Roman. Aus dem Englischen von Peter Torberg. Suhrkamp, Berlin 2014. 387 Seiten, 19,95 Euro. Auch als E-Book, 16,99 Euro.