In unserem Adventskalender öffnen wir jeden Tag eine spannende Türe für Sie. Am 4. Dezember sind wir in der Backstube von Kai Kauffmann in Waiblingen. Der 47-jährige Bäckermeister zaubert leckere Gutsle – auch aus Vollkornmehl und Honig.

Waiblingen - Alarm! Ein schrilles Pfeifen schallt durch Kai Kauffmanns Backstube in Waiblingen. So durchdringend tönt das Signal des Ofens, dass man es unmöglich ignorieren kann. Genau so soll es auch sein – schließlich wäre es jammerschade, wenn die mühselig von Hand produzierten Weihnachtsgutsle verbrennen würden. Kai Kauffmann spurtet zu seinem gewaltigen Gasofen, in dem auf fünf Etagen jeweils vier große Backbleche Platz finden. Der 47-jährige Bäckermeister zieht eines nach dem anderen heraus und begutachtet das, was darauf liegt.

 

Ruckzuck duftet die ganze Backstube – nach den Engelsaugen, die Kauffmann vorhin aus goldgelbem Mürbteig gerollt und in der Mitte mit einem roten Marmeladenklecks aus einem großen Spritzbeutel verziert hat. Nach Bärentatzen, akkurat ausgestochenen Zimtsternen, Vanillekipferln und Herzen aus Dinkelvollkornspritzteig. „Statt Zucker nehme ich für den Spritzteig Honig“, erzählt Kai Kauffmann, während er mit einem großen Rührgerät Butter schaumig schlägt, „mein Vater hat damit angefangen und das schmeckt wirklich lecker.“

Backen mit Emmer, Dinkel und Weizen

Die Idee, Emmer-, Dinkel- oder Weizenvollkornmehl für Brote, aber auch für süßes Gebäck zu verwenden, stammt ebenfalls von Kai Kauffmanns Vater. „Er hat in den 1980er-Jahren damit angefangen, als das noch etwas Besonderes war“, erinnert sich der Sohn. So besonders, dass es selbst für Bäcker schwer war, an Vollkornmehl zu kommen. „Wir haben deshalb damals eine Mühle gekauft und selbst Weizen, Dinkel und Roggen gemahlen.“

Das ist lange her. Heute bekommt Kai Kauffmann, dessen Urururopa schon Bäcker war, das Mehl geliefert – direkt vor die Tür seiner Bäckerei in der Waiblinger Altstadt. Wer an dem historischen Fachwerkgebäude vorbeigeht, ahnt nicht, dass sich unter dem Haus ein Silo verbirgt, in dem Kai Kauffmann bis zu elf Tonnen Mehl einlagern kann. An der Hausfassade erinnert eine Gockel-Figur an die Zeiten, als seine Vorfahren im Haus die Bäckerwirtschaft „Goldener Hahnen“ betrieben. Allein in der Langen Straße habe es früher 13 Bäckereien gegeben, die auch als einfache Gasthäuser dienten, erzählt Kai Kauffmann.

Angefangen hat alles mit einer Bäckerwirtschaft

Wer dort einkehrte, konnte sich an eigenem Most und einem einfachen Vesper stärken. Ein oder zwei Sorten Brot habe Urururgroßvater Johann Christian Kauffmann, der sein Geschäft im Jahr 1828 eröffnete, wohl täglich im Angebot gehabt – und Laugenbrezeln, aber die wohl nicht jeden Tag, vermutet Kai Kauffmann. Er findet, er habe einen sehr schönen Beruf – obwohl der Arbeitstag schon um 2 Uhr beginnt.

„Das Rezept für unsere Zimtsterne stammt noch von meinem Opa oder Uropa“, erzählt Kauffmann, während er mit einem großen Wellholz Teig ausrollt, diesen mit einer Glasur aus Puderzucker und Eiweiß bestreicht und dann Sterne aus dem Teig sticht. „Gibt’s noch Dinkelbrötchen?“ schallt es aus dem Verkaufsraum, gleich darauf steckt eine Verkäuferin den Kopf in die Backstube und sagt: „Wir brauchen dringend frische Brezeln.“ Kai Kauffmann legt die Ausstechform beiseite und holt ein Blech, auf dem ungebackene Brezeln liegen. Mit einem schlanken Messer verpasst er jeder einen Schlitz am Bauch, streut Salz darüber und schiebt alles in den Ofen. Das Gutslebacken muss nebenher laufen.

Zimtsterne stehen ganz oben auf der Hitliste

Der Geselle Jonathan Bechtle wirft derweil die Wellmaschine an und stellt sie so ein, dass sie den Mürbteig für die Terrassenbrötle auf exakt 3,5 Millimeter auswellt. Gerätschaften wie die Well- oder die Knetmaschine und das große Rührgerät erleichtern die aufwendige Gutsleproduktion, von der Kai Kauffmann sagt: „Richtig Geld verdient ist damit nicht, aber es gehört einfach dazu und wäre traurig, wenn man das nicht machen würde.“ Und immerhin seien die Zutaten ja schon da – Mehl in rauen Mengen, gemahlene Nüsse, kiloweise Butter und Zucker, sowie Eimer voll mit Vanille.

Seine Weihnachtsplätzchen backt er aber lieber öfter und in kleineren Mengen. Besonders beliebt seien die Zimtsterne, sagt er: „Die sind halt einfach aufwendig zu machen.“ Doch selbst ihm als Bäckermeister kann es mal passieren, dass ein Gebäck einen Tick zu lang im Ofen war und dann trocken schmeckt. „Den besten Stollen machen wir ganz kurz vor Weihnachten“, verrät Kai Kauffmann: „Da hat man sich richtig eingeschafft und den Dreh raus.“

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