Wann wird ein Wehreinsatz in Rechnung gestellt? Ein Gesetz lässt Platz für Kuriositäten – und weicht die kostenlosen Pflichtaufgaben der Retter auf.

Strohgäu - Ein Autounfall. Der Fahrer ist verletzt und wird von der Feuerwehr aus dem Wagen geschnitten. Die Wehr rettet die Person und bindet zudem das ausgelaufene Öl ab. Am Ende schreibt sie – beziehungsweise die Stadt – eine Rechnung. Das Abbinden von Öl wird ebenso berechnet wie die Rettung des Verletzten. Das steht im Gegensatz zu den kostenfreien Pflichtaufgaben der Wehr. Denn ganz vorne im Landesfeuerwehrgesetz heißt es: „Die Feuerwehr hat zur Rettung von Menschen und Tieren aus lebensbedrohlichen Lagen technische Hilfe zu leisten.“

 

Doch seit einer Gesetzesänderung muss für die Rettung der Menschen aus dem Auto, dem Boot, dem Flugzeug bezahlt werden. Wird ihm hingegen in Haus oder Garten geholfen, kostet das nichts.

Das Gesetz bittet Bürger stärker zur Kasse

Das sei nicht neu, sagt ein Sprecher des Innenministeriums. Das Gesetz sei 2009 geändert worden. Doch vorher kostete die Menschenrettung aus dem Auto nichts, im genannten Fall bat die Kommune den Verursacher lediglich für das Abbinden des Öls zu Kasse. Gemäß dem Motto, das die Wehren seit ihrer Gründung im 19. Jahrhundert prägt: Sie schützen Leib und Leben, Hab und Gut. Dieser Aufgabe kommen sie weiterhin grundsätzlich unentgeltlich nach – eben nur dann nicht, wenn sich der Mensch in Auto, Boot und Flugzeug befindet.

Ziel des Gesetzgebers war es nach eigenen Angaben, die kostenersatzpflichtigen Aufgaben, insbesondere bei Autounfällen zu vereinfachen und zu erweitern. Schließlich sollte zugleich die Wirtschaftlichkeit der Wehr verbessert werden. Gleichwohl erkannte der Gesetzgeber, dass Private dadurch stärker zur Kasse gebeten würden. Es können sich Mehrkosten für Unfallverursacher, Autobesitzer und Versicherungsunternehmen ergeben, teilte er mit. Die Folgen sah der Landtag wohl: „Diese Regelungen könnten langfristig Auswirkungen auf die Höhe der Versicherungsbeiträge für die Kfz-Versicherungen und die Unfallversicherungen haben.“

Kuriose Situationen

Offenkundig wurde diese Gesetzesänderung freilich nicht erst jetzt. Doch die Stadträte in Ditzingen, Hemmingen und andern Kommunen werden nun abermals darauf gestoßen, weil sie sich mit der Feuerwehrsatzung befassen. „Alle Kommunen haben auf die Mustersatzung des Gemeindetags gewartet“, sagt Marina Löffler von der Ditzinger Stadtverwaltung. Das Gesetz war schließlich 2016 novelliert worden. Der Gemeinderat hat in diesem Kontext aus Transparenzgründen zudem beschlossen, Brandwachen bei Veranstaltungen zum vollen Preis zu berechnen. Dafür wird die Ermäßigung über die Vereinsförderung ausgeglichen.

Die Verwaltung hat nach Aussage Löfflers durch die Gesetzesänderung, wie sie der baden-württembergische Landtag im Jahr 2009 beschlossen und nun präzisiert hatte, keinen Mehraufwand. Im Jahr 2015 wurden 126 Feuerwehreinsätze registriert, 33 davon waren kostenpflichtig, im Jahr darauf waren es 113 Einsätze. Davon waren 42 kostenpflichtig. Aussagen über Mehr- oder Mindereinnahmen einer Kommune, die diese nach der Gesetzesänderung hat, sind nicht verlässlich: Die Einsätze sind in ihrer Vielzahl so individuell, dass sie in ihrer Summe nicht vergleichbar sind.

Doch das ändert nichts daran, dass das Gesetz bisweilen kuriose Blüten treibt, auch für erfahrene Verwaltungsmitarbeiter wie Löffler. Ein Beispiel: ein Batterieladegerät, auf der Motorhaube eines Autos abgestellt, brennt. Der Feuerwehreinsatz ist kostenlos. Fängt durch den Gerätebrand auch der Motorblock des Autos Feuer, muss der Besitzer den Einsatz bezahlen.