Gastronomin Conny Weitmann macht sich Sorgen um die Marke Weihnachtsmark. Marketing-Experte Armin Dellnitz widerspricht zwar. Aber tatsächlich gibt es immer mehr Trittbrettfahrer, die von dem Traditionsmarkt profitieren wollen.

Stuttgart - Die Händler in der City atmen auf. Am 23. November eröffnet der Weihnachtsmarkt wieder seine Pforten. Davon profitiert der Einzelhandel enorm. Viele Passanten, darunter auch eine große Zahl Touristen, strömen in die Stadt. Die Folge: der Weihnachtsmarkt wirkt sich positiv auf den Umsatz aus. Die Vorfreude ist demnach groß. Doch zuletzt zogen schwarze Wolken auf. In seiner Sitzung am Montagabend hatte der Bezirksbeirat Mitte einer Konkurrenz-Veranstaltung zum klassischen Weihnachtsmarkt seinen Segen erteilt. Dabei ging es um das sogenannte Winterdorf am Milaneo. Ein Betreiber aus Frankenthal wollte auf der Fläche zwischen Milaneo und der Stadtbücherei von 18. November bis zum 6. Januar (11 bis 22 Uhr) einen Weihnachtsmarkt eröffnen. Geplant war, dass bis 22 Uhr Weihnachtsmelodien gespielt und bis zum Ende Alkohol ausgeschenkt werden darf.

 

„Man darf das Original nicht aushöhlen“

Wie gesagt, die Sache war von Amtswegen bereits geritzt. Doch der Betreiber, Ralf-Peter Nickel, zog im letzten Moment zurück: „Das Genehmigungsverfahren hat zu lange gedauert. Länger zu warten, wäre zu riskant für meine Partner gewesen.“ Obwohl die Sache nun vom Tisch ist, bleibt Diskussionsbedarf. Vor allem aufseiten der Gastronomie, die auf dem Stuttgarter Weihnachtsmarkt vertreten ist. Grund ist eine zunehmende Konkurrenz. Auch Bezirksvorsteherin Mitte, Veronika Kienzle, stellte vor der Abstimmung über das Winterdorf sachlich fest: „Jetzt soll es neben dem finnischen Weihnachtsmarkt, dem Wintertraum sowie der Eisbahn auf dem Schlossplatz noch einen Weihnachtsmarkt geben . . .“

Conny Weitmann hat es zunächst die Sprache verschlagen, als sie vom Winterdorf erfahren hatte. Dazu muss man wissen: Die Gastronomin hatte viele Jahre dafür gekämpft, dass die Beschicker des Weihnachtsmarktes in der Stadt am Wochenende länger öffnen dürfen. Nun dürfen sie freitags und samstags bis 22 Uhr Glühwein ausschenken. Für den Wintertraum auf dem Schlossplatz ist das Usus.

Milaneo macht im kommenden Jahr eigen Weihnachtsmarkt

„Ich finde, man darf das Original nicht durch weitere Märkte aushöhlen“, sagt Conny Weitmann. Gerade der Standort Milaneo berge eine gewisse Brisanz. Dies erkannte die Gastronomin spätestens bei der langen Einkaufsnacht, wo sie mit einem Stand in der City vertreten war. „Während in der Stadt wegen des schlechten Wetters wenig los war“, sagt Weitmann, „waren die beiden Einkaufscenter voll.“ Ein ähnliches Szenario hielte sie auch für denkbar, wenn das Winterdorf zwischen November und Januar geöffnet hätte : „Dann hätte sich bestimmt mancher Besucher überlegt, ob er nicht Weihnachtsatmosphäre mit Shopping im warmen Milaneo verbindet.“

Armin Dellnitz, der Geschäftsführer der Stuttgart-Marketing GmbH, sieht diese Gefahren nicht: „Ich glaube nicht, dass das Winterdorf oder ähnliche Veranstaltungen eine echte Konkurrenz für den Weihnachtsmarkt wären. Unser Weihnachtsmarkt ist so groß und hat so eine überregionale Bedeutung, dass man sich wegen eines möglichen Wettbewerbs keine Sorgen machen muss.“ Soll heißen: Was interessiert es den Mond, wenn ihn ein Hund anbellt. Ähnlich sieht es auch die Veranstaltungsgesellschaft „In Stuttgart“, die unter anderem für den Stuttgarter Weihnachtsmarkt zuständig ist. „Es gibt ja auch in den Stadtteilen immer wieder kleine Weihnachtsmärkte, aber all das ist ja mit dem zentralen und traditionsreichen Weihnachtsmarkt nicht zu vergleichen“, sagt „In Stuttgart“-Sprecher Jörg Klopfer. Sein Chef Andreas Kroll ergänzt: „Wir schützen den Weihnachtsmarkt in unserem Kerngebiet. Das Milaneo gehört nicht dazu. Daher sehe ich das Ganze sehr gelassen.“

Gleichwohl macht sich auch die „In Stuttgart“ Sorgen. Denn es gibt immer mehr Trittbrettfahrer. In einem internen Papier heißt es: „Im vergangenen Jahr mussten wir feststellen, dass einige Händler und auch Amateure Waren am Rande des Weihnachtsmarktes zum Verkauf angeboten haben, insbesondere am Sonntag, ohne hierfür die erforderliche Erlaubnis zu haben.“ Zudem würden Firmen zu Werbemaßnahmen oder illegale Spendendsammler den Markt missbrauchen.

Damit ist die Diskussion um eine mögliche Konkurrenz-Veranstaltung und die Marke Weihnachtsmarkt wohl nur aufgeschoben. Denn Milaneo-Center-Managerin Andrea Poul nimmt solche Rückschläge wie den mit dem Winterdorf, „sportlich“: „Im kommenden Winter werden wir den Plan mit einem charmanten Winterdorf umsetzen.“ Spätestens dann wir die Frage wieder lauten: Wie viel Weihnachtsmarkt verträgt die Stadt?