Die AfD-Fraktion im Stuttgarter Landtag ist auseinandergebrochen. Erst verlässt Parteichef Jörg Meuthen mit Getreuen die Fraktion, dann tritt sein Gegner Wolfgang Gedeon aus.

Stuttgart - Die AfD-Fraktion im Landtag von Baden-Württemberg ist am Streit über die Antisemitismusvorwürfe gegen einen Abgeordneten zumindest vorläufig zerbrochen. 13 Parlamentarier um den bisherigen Fraktionschef Jörg Meuthen erklärten am Dienstag ihren Austritt aus der Fraktion. Die Abspaltung sollte um Mitternacht wirksam werden. Zuvor war Meuthen mit seinem Plan gescheitert, den wegen antisemitischer Einlassungen in die Kritik geratenen Abgeordneten Wolfgang Gedeon aus der Fraktion auszuschließen.

 

Ob es aber tatsächlich zu einer Spaltung kommt, erwies sich am Abend plötzlich wieder als offen. Auf Druck der kurzfristig nach Stuttgart geeilten AfD-Bundesvorsitzenden Frauke Petry erklärte Gedeon seinen Austritt aus der Fraktion. Nach mehrstündigen Gesprächen verlas er eine kurze Stellungnahme. Er habe mit der Verhinderung seines Rauswurfs aus der Fraktion einen Pyrrhussieg errungen. Ein Jahr vor der Bundestagswahl wolle er keine Spaltung der AfD. Deshalb werde er die Landtagsfraktion verlassen. Sein Parlamentsmandat will er allerdings nicht aufgeben. AfD-Chefin Petry zollte Gedeon „Respekt, dass er diesen Schritt gegangen ist“. Fraktionsvize Emil Sänze erklärte: „Die Spaltung der Fraktion wurde heute Abend abgewendet.“

Frauke Petry ist nach Stuttgart gekommen

Meuthen reagierte prompt: „Der Fraktionsbruch ist rechtskräftig.“ Gleichzeitig kritisierte er die Einmischung seiner Ko-Vorsitzenden. „Ich frage mich, wie Frau Petry reagieren würde, wenn ich in Sachsen so agieren würde wie sie hier“, sagte Meuthen.

Am Nachmittag hatte der bisherige Fraktionschef auf einer eilends einberufenen Pressekonferenz die Spaltung der Fraktion verkündet. Zuvor war die Abstimmung über einen Ausschluss Gedeons schief gelaufen. Die notwendige Zweidrittelmehrheit kam nicht zustande. Neun Abgeordnete stimmten nach Angaben Meuthens gegen den Ausschluss Gedeons, einer gab ein leeres Blatt ab. Die Fraktion zählt 23 Mitglieder.

Petry war gegen den Willen Meuthens, der ebenfalls AfD-Bundesvorsitzender ist, nach Stuttgart gekommen. Der Bundesvorstand hatte sich hinter Meuthen gestellt: „Wir anerkennen als Vertreter der AfD im Landtag von Baden-Württemberg ab sofort nur Jörg Meuthen und die Abgeordneten, die sich ihm anschließen“, heißt es in einer Erklärung. Drei Vorstandsmitglieder waren daran nicht beteiligt, unter anderem Petry.

Gedeon wird vorgeworfen, in seinen Büchern Antisemitismus zu verbreiten. Er bekennt sich zu den „Protokolle der Weisen von Zion“. Dabei handelt es sich um eine seit mehr als hundert Jahren verbreitete Hetzschrift, die auf niederträchtige Weise eine jüdische Weltverschwörung propagiert. Zuletzt hatte die Fraktion beschlossen, dass Gedeon seine Mitgliedschaft ruhen lässt. Über seinen Ausschluss aus der Fraktion sollte erst nach dem Einholen von drei Gutachten entschieden wird. Meuthen sagte, zwei Gutachten lägen vor. Sie bestätigten den Antisemitismusvorwurf.

– Eine Partei vor dem Zerfall