Der Stuttgarter AfD-Stadtrat Heinrich Fiechtner hat Hitlers „Mein Kampf“ mit dem Koran verglichen. Bei seinem Gemeinderatskollegen löst er damit einhellige Ablehnung aus.

Stadtentwicklung/Infrastruktur : Christian Milankovic (mil)

Stuttgart - Am Tag, nachdem AfD-Stadtrat Heinrich Fiechtner den Koran mit Adolf Hitlers „Mein Kampf“ verglichen hat, fallen die Reaktionen einhellig aus. Der Kommunalpolitiker stößt mit der von ihm gezogenen Parallele am Rand einer Solidaritätskundgebung für die Opfer des Anschlags in der Pariser Redaktion des Satireblatts „Charlie Hebdo“ auf Ablehnung. In beiden Schriften werde zur physischen Gewalt gegen Andersdenke aufgerufen, so Fiechtners Einschätzung.

 

An der Rathausspitze will man die Einlassung des 54-jährigen Mediziners, der seit der Wahl im Mai 2014 im Stuttgarter Gemeinderat sitzt, nicht weiter bewerten. „Das kommentieren wir nicht“, sagt Andreas Scharf, Sprecher von Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne).

Harsche Reaktionen aus den Fraktionen

Deutliche Worte finden hingegen Fiechtners Gemeinderatskollegen. Phillipp Hill, stellvertretender CDU-Faktionsvorsitzender, zeigt sich „überrascht von der Eskalation verbaler Art“. Er könne nur jedem raten, seine Worte gut zu wägen und kein Öl ins Feuer zu gießen. „Es muss das Verbindende betont werden“.

Grünen-Fraktionschef Peter Pätzold sieht die AfD im „politischen Aus“. „Der Vergleich des Korans mit ,Mein Kampf‘ ist unerträglich und stellt eine ganze Weltreligion mit den wirren Gedanken eines Nazidiktators gleich.“ Die Grünen fordern eine „Entschuldigung gegenüber den Stuttgarter Bürgerinnen und Bürgern islamischen Glaubens“. Die sei das Mindeste.

Harsch fällt auch die Reaktion bei der SPD aus: „Mit dem völlig irren Vergleich will die AfD einen Kulturkampf in Stuttgart anheizen“, sagt Martin Körner, Fraktionschef der Stuttgarter Genossen. Mit dieser Aussage habe sich die AfD endgültig als Partei der geistigen Brandstifter geoutet.

Für Hannes Rockenbauch, Fraktionsvorsitzender von SÖS-Linke-Plus, stellen die Äußerungen eine „Art von Rassismus dar, die schockiert“. Dies sei einer weltoffenen Stadt wie Stuttgart nicht würdig. „Wer so etwas sagt, hat nicht alle Tassen im Schrank“, so Rockenbauch.

Fiechtner will zurück in den AfD-Landesvorstand

Auch außerhalb der Kommunalpolitik rufen Fiechtners Worte Widerspruch hervor. Der „absurde Vergleich“ sei „Gift für unsere Gesellschaft“, sagt der evangelische Stadtdekan Søren Schwesig. Die Worte des Stadtrats rückten Millionen von Muslimen in die Nähe eines Generalverdachts. „Das muss auf sie verletzend wirken.“ Negative Auswirkungen auf den von Schwesig und seinem katholischen Amtsbruder Christian Hermes angeregten Rat der Religionen befürchtet der Protestant nicht. „Ich sehe bei den Muslimen in unserer Stadt ein großes Interesse an Gesprächen.“

Heinrich Fiechtner strebt unterdessen eine Rückkehr in den Landesvorstand der AfD an. Beim Parteitag in Karlsruhe am kommenden Wochenende bewirbt sich Fiechtner als Beisitzer im Landesvorstand. Einen Posten in diesem Gremium hatte er nach einem negativen Votum beim Landesparteitag in Kirchheim/Teck 2014 geräumt. Im neuen Bewerbungsschreiben zeigt er sich selbstbewusst: „In dem Jahr als stellvertretender Sprecher im Landesvorstand habe ich sicherlich Fehler gemacht, indem ich unnachgiebig bestimmte Dinge der Transparenz wegen eingefordert habe.“ Er werde aber „im Falle meiner Wahl diesen Fehler wiederholen“.