Die Affäre um den rechtsextremen Oberleutnant Franco A. ist nach Überzeugung der Verteidigungsministerin längst nicht ausgestanden. Von der Leyen rechnet mit weiteren, bitteren Enthüllungen.

Berlin - Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen rechnet damit, dass nach den Enthüllungen über den terrorverdächtigen Offizier Franco A. weitere rechtsextreme Vorfälle in der Bundeswehr ans Tageslicht kommen werden. „Wir müssen uns darauf einstellen, das ist meine tiefe Überzeugung, dass das, was wir bisher wissen, nicht alles ist, sondern dass sich dort noch mehr zeigen wird“, sagte die CDU-Politikerin am Freitagabend in den ARD-„Tagesthemen“. „Das ist bitter für uns und uns alle in der Bundeswehr.“

 

Noch sei unklar, ob Franco A. tatsächlich Anschläge geplant habe. „Das wissen wir noch nicht. Das kann man nicht ausschließen.“ In dieser Frage müsse man die Ermittlungen der Bundesanwaltschaft abwarten. Auch ob es rechtsextreme Netzwerke in der Truppe gebe, sei noch offen. Die Bundesanwaltschaft ermittelt gegen den Oberleutnant Franco A. wegen des Anfangsverdachts der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat.

Der inzwischen inhaftierte rechtsextreme Offizier hatte sich als syrischer Flüchtling ausgegeben und war von den deutschen Behörden als solcher anerkannt worden. Er war in Wien wegen unerlaubten Waffenbesitzes vorübergehend festgenommen worden. Der 28-Jährige steht im Verdacht, einen Terroranschlag geplant zu haben.

Von der Leyen bedauerte ihre pauschale Kritik

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) will nun mehrere Tausend Asylverfahren überprüfen. Es würden sämtliche Sachverhalte geprüft, an denen die Verantwortlichen für die Fehlentscheidung im Fall Franco A. beteiligt gewesen seien, sagte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums. Das betreffe die an diesem Fall beteiligten Dolmetscher, Anhörer und Entscheider.

Außerdem sollen den Angaben zufolge stichprobenartig 2000 bereits entschiedene Verfahren aus dem Zeitraum von Anfang 2016 bis April 2017 von Antragstellern aus Syrien und Afghanistan noch einmal gecheckt werden. Über die Details der Prüfung hatte zuerst die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ berichtet.

Von der Leyen bedauerte ihre pauschale Kritik an den Führungskräften der Truppe. Ihre Äußerung, es gebe bei der Bundeswehr „ein Haltungsproblem“ und „Führungsschwäche auf verschiedenen Ebenen“ nahm die CDU-Politikerin aber nicht zurück. Der Vorsitzende des Bundeswehrverbandes, André Wüstner, lobte ihr Einlenken trotzdem. Wüstner sagte am Freitag im ARD-„Morgenmagazin“: „Es ist immer schwer für Politiker zu sagen, ich habe einen Fehler gemacht.“

Von der Leyen hatte am Donnerstag in Berlin rund 100 Generäle und Admirale der Bundeswehr versammelt, um mit ihnen über den terrorverdächtigen Franco A. und über die jüngsten Fälle von Mobbing und sexueller Belästigung in der Truppe zu sprechen.

Wie aus Teilnehmerkreisen verlautete, sagte sie bei dem Treffen über die Soldaten und zivilen Mitarbeiter der Bundeswehr: „Egal wo diese Männer und Frauen dienen oder arbeiten - es ist ein unverzichtbarer Dienst für unser Land. Dafür gebührt ihnen Dank und Anerkennung. Ich wünschte, ich hätte diese Sätze am Wochenende in dem Fünf-Minuten-Interview über den Rechtsextremismus vorweg gesagt. Es tut mir leid, dass ich es nicht getan habe. Das bedaure ich.“ In der ARD äußerte sie sich am Freitagabend ähnlich.

Ausbildungskommandeur soll gerügt worden sein

Von der Leyen räumte erneut ein, dass sie das Problem in der Truppe unterschätzt habe. „Ich werfe mir selber vor, dass ich nicht früher und tiefer gegraben habe. Das ist etwas, wo ich glaube, ich habe einen Fehler gemacht“, sagte sie in der ARD.

Regierungssprecher Steffen Seibert betonte, von der Leyen habe für die von ihr nun angestoßene Aufklärung die Unterstützung der Bundesregierung. Er sagte mit Blick auf Kritik von Opposition und SPD: „Es ist schon befremdlich, dass diejenige, die ihrer Verantwortung entsprechend alles daran setzt, zum Wohle der Truppe Fehler und Versäumnisse aufzuklären, sich jetzt von mancher Seite Vorwürfen ausgesetzt sieht, statt unterstützt zu werden.“

Ein Ausbildungskommandeur der Bundeswehr, der die Teilnahme einer deutschen Delegation an „Siegesfeiern“ in Frankreich verweigert haben soll, ist nach Informationen der „Bild“-Zeitung gerügt worden. Über die rechtslastigen Äußerungen seines Vorgesetzten hatte sich demnach ein Offizier beim Verteidigungsministerium beschwert. Der Kommandeur hatte den Angaben zufolge eine Einladung zum Weltkriegsgedenken in Frankreich mit den Worten kommentiert: „Ich stelle mich doch nicht als Besiegter mit einer deutschen Delegation zu einer Siegesparade.“