Bisher mussten afghanische Familien aus dem Rems-Murr-Kreis nach Stuttgart fahren, um sich mit den Spezialitäten aus der Heimat einzudecken. Ahmad Hosseini hat vor kurzem einen Laden mit afghanischen Lebensmitteln und Haushaltswaren eröffnet, um den Bedarf zu decken.

Schorndorf - Die Mitte des kleinen Ladens ist für das wichtigste Nahrungsmittel reserviert: In bunten Zehn-Kilo-Säcken stapelt sich der Reis. Nach der handelsüblichen Ein-Kilo-Packung schaut man sich vergeblich um, die wird nicht verkauft. Warum auch? „Das reicht gerade für ein Essen“, sagt Ahmad Hosseini und lacht. Er öffnet ein Säckchen und zeigt den leicht gelblichen Sella-Reis aus Indien. „Der ist sehr beliebt, auch weil er sich beim Kochen verdoppelt“, erklärt der 29-Jährige. Die Familien in Afghanistan würden oft aus acht Personen bestehen. Dafür brauche man viel Reis – und große Töpfe. Auch die stehen deswegen bei Ahmad Hosseini im Regal.

 

Bisher gab es nur einen afghanischen Laden in Stuttgart

In deutschen Supermärkten ist dieser spezielle Reis nicht zu finden. Genauso wenig wie die passenden Topfsets und viele anderen Dinge, die Hosseini verkauft. Das ist einer der Gründe, weswegen er vor gut zwei Wochen seinen rund 50 Quadratmeter großen Laden in der Neuen Straße eröffnet hat. Außerdem sei der Bedarf da, erzählt er. Immerhin sind dem Rems-Murr-Kreis laut Landratsamt in den vergangenen zwei Jahren 690 afghanische Flüchtlinge zugewiesen worden. Wie viele davon inzwischen wieder weggezogen sind, ist zwar nicht bekannt. Aber da bereits seit vielen Jahren kontinuierlich Menschen aus Afghanistan nach Deutschland kommen, ist davon auszugehen, dass es noch mehr Afghanen gibt, die im Kreis leben. Und die mussten zum Einkaufen bisher einige Strecke auf sich nehmen. „Die Familien sind extra nach Stuttgart gefahren, weil es dort einen Laden gibt“, erzählt Hosseini. Viele würden aus einem ganz einfachen Grund auch in Deutschland nicht auf die Spezialitäten verzichten wollen. „Sie kochen schon mal Nudeln. Aber afghanisches Essen ist einfach Heimat“, sagt Hosseini.

Die Tante betreibt einen Großhandel in Hamburg

Der Familienvater weiß, wovon er spricht. Er selbst ist vor sieben Jahren vor den Taliban aus Afghanistan nach Deutschland geflüchtet. Der Tischler hätte sich auch vorstellen können, wieder in seinem ursprünglichen Beruf zu arbeiten. „Aber ich bin gerne mein eigener Chef“, sagt Hosseini. Selbst ein Unternehmen mit Werkstatt zu gründen, dafür hätte er nicht genug Geld. Da er auch in Afghanistan bereits in einem Lebensmittelladen gearbeitet hat, versucht er nun sein Glück in diesem Metier. Ein großer Vorteil ist, dass seine Tante in Hamburg einen Großhandel für afghanische Lebensmittel betreibt. Von dort stammen die meisten Produkte, die Ahmad Hosseini anbietet.

Pudding ohne Gelatine, alkoholfreies Bier mit Granatapfelaroma

Ein ganzes Regalbrett ist mit Zuckermandeln gefüllt, darunter findet sich die beliebte Süßspeise Sohan, eine Art Halva. Die empfiehlt Ahmad Hosseini auch gerne den deutschen Kunden, die immer wieder neugierig in seinen Laden schauen. In jeder Ecke des „Afgan-Markt“ gibt es Unbekanntes zu entdecken: Ghee – geklärte Butter – zum Anbraten, exotische Gewürze und Gewürzmischungen, alkoholfreies Bier mit Granatapfelgeschmack und oftmals Dinge, die aufgrund der arabischen Aufschrift ein Überraschungspaket bleiben. Was sich in den Päckchen mit aufgedruckten bunten Puddings enthalten ist, ist dagegen klar erkennbar. „Die sind aber extra ohne Gelatine“, erläutert Ahmad Hosseini.

Jetzt müssen nur noch die Kunden kommen. „Ich denke schon, dass es einige Zeit braucht, bis sich der Laden herumspricht“, sagt Hosseini, der bisher Chef und einziger Angestellter ist und deswegen elf Stunden in seinem Markt steht. „Das sind lange Tage. Aber ich möchte mein eigenes Geld verdienen“, sagt der Schorndorfer.