Der Ngorongoro-Krater in Tansania ist weltberühmt für seine Artenvielfalt. Tierfilmer Bernhard Grzimek drehte hier seine Oscar-prämierte Dokumentation.

Ngorongoro - Kurz vor 7 Uhr liegt noch der Dunst der Nacht wie ein Schleier im Ngorongoro. Der Krater am Rande der Serengeti entstand, als an dieser Stelle ein Vulkanberg in sich zusammenbrach. Die Sonne ist noch nicht über den Kraterrand auf 2300 Metern geklettert, als zwei Jeeps eine steile Waschbrettpiste hinabbrettern. „Wir wollen die Ersten bei den Tieren sein“, sagt Reiseleiterin Sonja Brinckmann in verschlafene Gesichter. Aber die Neugier lässt nicht ruhig sitzen. Safari heißt stehen, auch während der Fahrt. Den Hals durch das offene Ausstelldach gereckt, der Kopf wippt im Rhythmus der Kurven. Der Wind treibt Tautropfen ins Gesicht. Die Müdigkeit verfliegt. Es geht 700 Höhenmeter bergab, auf den Grund des Ngorongoro-Kraters. An den Hängen wachsen Schirmakazien dicht an dicht, überwuchert von uralten Flechten, die wie Spinnweben aussehen, die in einem vergessenen Kellerabgang hängen. Die flachen, ausladenden Baumkronen verschlingen sich ineinander und bilden einen Tunnel.

 


Der Ngorongoro-Krater ist ideal für Tierbeobachtungen

In der Morgendämmerung wirkt der Weg wie die Fahrt in eine grüne Hölle - dabei ist es das Eingangstor in ein Paradies. „Es ist unmöglich, in Worten die Größe und Schönheit des Kraters wiederzugeben. Er ist eines der Weltwunder“, sagte der legendäre Tierfilmer Bernhard Grzimek, dessen Oscar-prämierte Dokumentation „Serengeti darf nicht sterben!“ auch hier gefilmt wurde. Bei den Arbeiten verunglückte Grzimeks Sohn Michael mit dem Flugzeug und starb. Vater und Sohn fanden unter einer schlichten Steinpyramide am Kraterrand ihre letzte Ruhestätte. Der Ngorongoro-Krater ist ideal für Tierbeobachtungen. Je nach Jahreszeit ist er Heimat für bis zu 30 000 Wildtiere. „Wir haben hier die höchste Raubtierdichte Afrikas. Mal sehen, was uns gleich begegnet“, schürt Brinckmann die Neugier. Kaum laufen die steilen Kraterwände in sanften Wellen aus, stellt Fahrer Edwin den Motor ab. Von links schiebt sich eine buschige Mähne heran, langsam und gemächlich. Ein Löwe! Er kreuzt die Straße und presst ein heiseres Brüllen hervor, 20 Meter vor dem Jeep. „Das ist acht Kilometer weit zu hören“, weiß Edwin. Er und sein Kollege Maulidi bereichern die Pirschfahrten mit großem Wissen über Flora und Fauna.


Der Boden des Kraters ist grün, saftig und voller Leben. „Es kann aber auch trocken und karg sein - je nach Jahreszeit“, erklärt Brinckmann. Und als die Fahrt über die letzte Kuppe endlich einen unverstellten Blick freigibt auf die Ebene, ist zu sehen, was Grzimek meinte: Nicht einzelne Tiere sind zu sehen, auch nicht eine oder zwei Herden, sondern ein lebendiges Wirrwarr. Gnus ziehen gemächlich von rechts nach links vorbei und Zebras von links nach rechts. Dazwischen stehen ein Dutzend Wasserbüffel, und zwischen Antilopen und Gazellen drängen sich fünf oder sechs Elefanten zu einem Wasserloch. Dann lenkt Edwin den Blick der Gäste in die Ferne - auf den Lake Magadi. Über dem Salzsee flirrt die Luft, und zwar in Pink, wegen der Hitze und Tausender Flamingos, die sich dort niedergelassen haben. Wenige Minuten später haben die Touristen ein neues Ziel. „Sherubu, Sherubu“, krächzt der Funk. Das Codewort für „Löwe“. Die Fahrer verwenden chiffrierte Begriffe für Tiere, damit niemand enttäuscht ist, falls der Jeep zu spät kommt. Aber Edwins Timing ist perfekt.


Wenn ein Löwe unter Büffelhufe gerät, kann das böse enden

Er karrt seine Gäste ganz in die Nähe von einem Rudel Löwen, die auf Jagd gehen. Ihr Ziel ist eine Büffelherde. Sie pirschen durch das Gras, versuchen ein Tier einzukesseln, schlagen los. Ein kurzer Sprint. Doch die Büffel sind wachsam, der Vorsprung genügt. Die Löwen brechen ab und trollen sich. Aber dann der Gegenschlag. Die massigen Paarhufer sinnen auf Rache. Sie drehen um und walzen auf die Löwen zu. Jetzt flüchten die Löwinnen. „Wenn ein Löwe unter Büffelhufe gerät, kann das böse enden“, so Brinckmann. Die Ruhe kehrt zurück. Aber nur augenscheinlich. Die Büffel ziehen weiter, die Löwen legen sich hin. Nur eine Späherin hält den Kopf über der Grasnarbe. Eine Herde Zebras in der Nähe hat mitbekommen, dass die Löwen auf Beute aus sind. Sie rotten sich zusammen, ihre schwarz-weiße Zeichnung leuchtet in der Nachmittagssonne. Auch Gnus und Gazellen sind nicht weit und wittern die Gefahr.


Minuten vergehen, eine halbe Stunde, über der Ebene liegt Spannung. Die Menschen schauen gebannt auf die Tiere. Diese mustern sich gegenseitig. Immer wieder durchzuckt es die Lager. Nur eine Hyäne ist sichtlich unberührt von der Atmosphäre und pinkelt ungerührt direkt neben einen der Jeeps. „So schnell passiert nichts mehr - und wir müssen um 16 Uhr raus“, erklärt Edwin. „Die Parkverwaltung ist strikt, sonst müssen wir einen weiteren Tag bezahlen.“ So heißt es Abschied nehmen. Wieder die steile Straße hinauf, den Kopf im Fahrtwind. Zwischen den Zähnen knirscht roter Staub. Ein letzter Blick zurück, grüne Weite, der Lake Magadi liegt da wie ein Silbertablett, das gleißende Sonnenlicht geht über in das warme Gelb des Spätnachmittags, und langsam zieht wieder Dunst auf. Ein Bild, das sich einbrennt, und ein letzter Gruß aus Grzimeks Paradies.

Infos zu Tansania

Tansania


Anreise

Der dem Krater nächstgelegene Flughafen ist der Kilimanjaro Airport in Arusha. Von München und Frankfurt fliegen z. B. Qatar Airways ( www. qatarairways.com ) oder Ethiopian Airlines ( www.flyethiopian.com ) jeweils mit einem Zwischenstopp dorthin. Hin- und Rückflug gibt es ab etwa 800 Euro.


Pauschalen

Tansania ist individuell nur mühsam zu bereisen und auch relativ teuer. Deshalb bietet sich eine Pauschalreise an.
Bei Studiosus gibt es die beschriebene Reise (16 Tage) inklusive eines Besuchs im Serengeti-Nationalpark und auf der Insel Sansibar ab 4995 Euro. Im Preis enthalten sind Flug, Übernachtungen, Vollpension, Reiseleitung, alle Transfers sowie das Visum für Tansania und die Eintrittspreise in die Nationalparks, www.studiosus.com
Eine 14-tägige Wanderreise im Ngorongoro-Krater und der Serengeti bietet z. B. Schulz Aktiv Reisen ab 3300 Euro. Im Preis enthalten sind Übernachtung mit Vollpension, alle Transfers, Eintritte und Gebühren, 6 geführte Wanderungen mit Ranger (inkl. Fußpirsch und Kaffee-Wanderung), eine Kanutour, vier Safaris im Geländewagen und ein Museumsbesuch in Olduvai, www.schulz-aktiv-reisen.de


Unterkunft

Die Ngorongoro Sopa Lodge liegt direkt am Kraterrand mit einem traumhaften Ausblick. Das DZ inklusive Vollpension kostet je nach Saison zwischen 200 und 400 Euro, www.sopalodges.com.
Auch die Ngorongoro Serena Safari Lodge bietet ihren Gästen einen Blick auf den Krater, DZ inklusive Vollpension ab 380 Euro, www.serenahotels.com


Ausflüge und Sehenswürdigkeit

Rund um den Krater gibt es einige Dörfer des halbnomadischen Hirtenvolks der Massai. Gegen eine Gebühr von ca. 18 Euro kann man diese besuchen. Der einheimische Fahrer geht zunächst allein ins Dorf und bezahlt, dann erhalten die Touristen eine Besuchszeit von etwa einer Stunde. In dieser Zeit sind die Massai sehr auskunftsfreudig und gewähren bereitwillig Einblick in ihr Leben.


Was Sie tun und lassen sollten

Beobachten Sie, wenn Sie eines der Hotels am Kraterrand beziehen, auf jeden Fall den Sonnenuntergang - am besten mit einem Sundowner- Cocktail in der Hand. Auf keinen Fall sollte man versuchen, Massai am Wegesrand zu fotografieren. Sie verlangen Geld dafür. Wer sich weigert, riskiert Schläge oder eine eingeworfene Autoscheibe.


Allgemeine Auskünfte

Fremdenverkehrsamt Tansania: Tanzania Tourist Board, IPS Building, 3rd Floor, P.O.Box 2485 Dar-es-Salaam, Tanzania, www.tanzaniatouristboard.com.