Die Akademie für Kommunikation und Gestaltung feiert 2015 ein doppeltes Jubiläum – und gründet eine Hochschule.

Münster - Winkelhaken und Setzschiffe, bewegliche Lettern aus Metall, Ligaturen und Blindmaterial. In Zeiten der rasanten Digitalisierung wirkt die Setzgasse in der Lehrwerkstatt der Akademie für Kommunikation wie eine nostalgische Reminiszenz an die Gutenberg-Zeit. Reinhard Ruck aber, Ausbildungsmeister für Schriftsatz, sieht das anders: „Es ist nie verkehrt, wenn man die Grundlagen kennt. Zumal wir in unseren Projekten das Handwerkliche mit den technischen Möglichkeiten der digitalen Welt verbinden.“ Da kann es also sein, dass sogar mit Holzlettern gefertigte Entwurfsdrucke per Scan im Computer zur kreativen Weiterverarbeitung landen.

 

Genau das reizt Stefanie Klein, angehende Grafik-Designerin: „Man bekommt hier ein breites Spektrum. Das Handwerkliche als Basis kann man weiterverwenden. Bis hinein in komplette Firmenauftritte. Dieser Ansatz bringt ein tieferes Verständnis und erweitert das Repertoire.“

Und er spiegelt den Gründungsgedanken der Akademie für Kommunikation (AfK) an der Kölner Straße, „Bildung mit Tradition und Innovation“ zu verknüpfen. Verbunden mit einer Verzahnung von Theorie und Praxis, zudem ergänzt durch die individuelle Förderung der Schüler, aktuell 650 an der Zahl. Ein überaus erfolgreiches Konzept, das dieses Jahr doppelt Jubiläum feiert: Das Berufskolleg für Grafik-Design besteht seit 20, das Berufskolleg für Produkt-Design seit zehn Jahren.

Lehrer bewerben sich, werden nicht zugewiesen

„Das ist mein Baby“, sagt Otto Wolff. Und wenn er das zunächst auf die Hochschule für Kommunikation und Gestaltung münzt, die im Herbst mit 25 Studenten gestartet wurde, dann gilt das zugleich für die Akademie insgesamt. Wolff kommt aus der Praxis. Er war Gewerbelehrer, Dozent an der Fachhochschule für Gestaltung in Darmstadt, einige Jahre bei Lothar Späth im Staatsministerium. „Die Idee war, eine Berufsschule zu machen, die alle Bildungsgänge vereint und mit spezifischen Schwerpunkten ein breites Spektrum an Begabungen fördert“, erklärt Wolff. Besonders stolz ist die Akademie auf die Qualität ihrer Ausbildungsstandards: kleine Klassen, Teamarbeit und individuelle Betreuung als Basis für intensives Lernen. Zudem werden der Privatschule Lehrkräfte nicht zugewiesen: „Wir führen Bewerbungsgespräche und schauen genau, wer zu uns passt“, betont Wolff. Das garantiere „motivierte Lehrkräfte mit Praxisbezug“. Hilfreich auch für die intensive Projektarbeit an der Akademie, bei der die Lehrkräfte mit den Schülern an Produkten und Produktsystemen für Haushalt, Produktion, Wohnen und Freizeit werkeln. So werden etwa Kleidung, Stoffe, Möbel, Maschinen oder ganze Anlagen konzipiert.

„Ich hätte nie gedacht, dass Schule soviel Spaß machen kann“, bekennt Maximilian Meier aus Pleidelsheim, „wir kennen uns fast alle, es herrscht eine gute Atmosphäre, und die Lehrer stehen einem mit Rat und Tat zur Seite. Sie nehmen sich richtig Zeit.“ Er hat an der Berufsfachschule in zwei Jahren die Mittlere Reife erworben und ist dann aufs Berufskolleg gewechselt, um die Fachhochschulreife zu erlangen. Danach strebt er an die Filmakademie Ludwigsburg.

Seit neuestem auch Hochschule

Andere wechseln nach der Berufsfachschule aufs berufliche Gymnasium, um dort Abitur zu machen. Das entspricht dem neunjährigen Zug, ist also auch eine Alternative zum G8-Zug. „Wir haben immer wieder Schüler, die von der Werkrealschule an die Berufsfachschule kommen und dann bei uns das Abitur schaffen. Die Mehrzahl aber schließt mit der Mittleren Reife ab“, erklärt Christiane Druba, Mitglied der Schulleitung.

Und seit neuestem ist mit dem Abitur auch noch nicht Schluss, denn seit Oktober bietet die Akademie auch eine Hochschule mit zwei Studiengängen: Kommunikationsdesign sowie Unternehmens- und Marktkommunikation, erstere „Grafiker im weitesten Sinne“, die zweiten „Marketingleute“, sagt Druba. Wolff, Geschäftsführer der AfK, ist selbstredend Präsident der Neugründung: „Wir verspüren enormen Pioniergeist. Wir haben hier eine tolle Chance, eine Hochschule mit Praxisbezug neu aufzubauen. Aber das ist einfach der logische Schlussstein unserer Akademie.“