Die Atomkonzerne nutzen eigentlich für Bürger vorgesehene Auskunftsrechte. Das ist legitim. Doch sie sollten ihrerseits mehr Offenheit zeigen, kommentiert Andreas Müller.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Man kann sich natürlich wundern, dass die Atomkonzerne plötzlich ihre Liebe zur Transparenz entdecken. Die mühsam erkämpften Einsichtsrechte, die sie nun nutzen, um ihre Milliardenklagen wegen des Atomausstiegs zu untermauern, zielten eher auf die Bürger. Vor allem sie sollen Informationen bekommen, um mitreden zu können, und den Behörden nicht länger als Bittsteller gegenübertreten.

 

Der Auskunftsanspruch nach den Informationsfreiheits- und Umweltinformationsgesetzen steht freilich jedem zu, der kleinen Bürgerinitiative ebenso wie dem großen Unternehmen. Entscheidend ist, ob die rechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind, auf das Motiv kommt es nicht an. Dass findige Anwälte wie die von Eon und RWE alle Mittel nutzen, um die Position ihrer Mandanten zu stärken, ist legitim. Gut finden muss man es deshalb nicht.

Zwei Einwände sind allerdings ernst zu nehmen. Es kann nicht sein, dass staatliche Stellen bis hinauf zum Kanzleramt die Konzerne großzügiger informieren als selbst Volksvertreter. Dieser Eindruck drängt sich auf, wenn eine Grünen-Abgeordnete um Jahrzehnte alte Protokolle zur Atomkraft kämpfen muss, während Eon und RWE offenherzig mit ziemlich aktuellen internen Dokumenten versorgt werden.

Zudem müssen die Konzerne die Transparenz, die sie vom Staat einfordern, auch stärker selbst an den Tag legen; zumindest in der Vergangenheit taten sie sich damit schwer. Die neue erwachte Liebe zur Informationsfreiheit wäre glaubwürdiger, wenn sie auch in eigener Sache gälte.