Besuche beim Arzt und Aufenthalte in Krankenhäusern jagen vielen kleinen Kindern Angst ein. Tübinger Medizinstudenten haben deshalb die Teddy-Klinik auf die Beine gestellt, die Kindern die Angst vorm Arzt nehmen soll.

Psychologie/Partnerschaft: Nina Ayerle (nay)

S-Mitte - Jim ist krank. „Er hat einen Zettel im Ohr und deshalb immer Schmerzen“, erklärt Lea. Deshalb musste die Fünfjährige aus Weilimdorf mit Jim zum Arzt gehen. Jim ist ein Teddybär. Bei dem Arzt für Menschen ist er nicht richtig aufgehoben, beim Tierarzt allerdings auch nicht. Für Patienten wie Jim bieten deshalb einmal im Jahr Tübinger Medizinstudenten die Teddy-Klinik in der Stuttgarter Innenstadt an. Drei Tage arbeiten die Studenten in einem großen Zelt auf dem Kronprinzplatz. Gestern Morgen um neun Uhr ist die Teddy-Klinik gestartet. An den ersten beiden Tagen ist das kleine mobile Krankenhaus für Kindergärten reserviert, morgen dürfen Familien mit Kindern ihre Patienten aus Stoff vorbeibringen.

 

Arztbesuche, Spritzen und Tabletten machen vielen Kindern Angst. Um ihnen diese zu nehmen, haben die Tübinger Medizinstudenten Julia Bäßler Cornelia Wagner und Magnus von Lukowicz vor einigen Jahren die Teddy-Klinik ins Leben gerufen. Dort geht es zu wie bei einem richtigen Arzt und im Krankenhaus. „Die Kinder übernehmen die Rolle der Eltern und bringen ihr Lieblingsstofftier zum Arzt“, sagt Bäßler.

Nicht jedes Kind mag bei den Untersuchungen zuschauen

Am Eingang des ersten Zeltes ist die Patientenaufnahme. Dort bekommt die fünfjährige Lea genau wie alle anderen erst einmal ein Formular. Dort stehen ihr Name und ihr Alter drauf. Danach darf sie im Wartezimmer Platz nehmen. Einzeln werden die Kinder und ihr Tier danach von den Studenten aufgerufen. Im Behandlungszimmer stehen viele kleine Tische, auf denen jeweils Verbandszeug, Spritzen und Thermometer liegen. Je nach Symptomen behandeln die Studenten gemeinsam mit den Kindern deren Stofftiere.

Lea hatte Glück. Jim muss nur am Ohr behandelt werden, dann bekommt er eine Spritze und darf wieder gehen. Pittiplatsch hingegen, der einem von Leas Kindergarten-Kollegen gehört, muss auch noch geröntgt werden. Das sieht der Fünfjährige, der seinen Namen nicht verraten will, nicht gerne und holt ihn deshalb auch gleich wieder raus. Auch die Aufnahmen von Pittiplatsch möchte er sich gar nicht anschauen. Er geht lieber weiter zur Medikamentenausgabe. Dort gibt es nämlich Tabletten in Form von Süßigkeiten.

Eine Führung durch den Krankenwagen

Bereits zum zweiten Mal läuft die Teddy-Klinik in Stuttgart. „Im Jahr 2011 hatten wir eine so positive Resonanz. Wir wollten unbedingt noch einmal hier sein“, sagt Bäßler. In Tübingen findet die Teddy-Klinik einmal im Semester statt. Um die ganze Organisation kümmern sich die Studenten selbst. „Wir bekommen aber viel Unterstützung von außen“, erzählt Bäßler. Die kleinen Tischchen hat sie zum Beispiel über ihren ehemaligen Kindergarten beschafft. Die Schirmherrschaft für die Teddy-Klinik haben Ingeborg Krägeloh-Mann, Ärztliche Direktorin der Neuropädiatrie am Uniklinikum Tübingen, sowie Franz-Josef Kretz, Ärztlicher Zentrumsleiter des Zentrums für Kinder- und Jugendmedizin am Olgäle, übernommen.

Rund 60 Medizinstudenten kümmern sich um etwa 1000 Kinder aus Stuttgarter Kindergärten. „Die Kinder lernen, dass der Arztbesuch wichtig und nicht schlimm ist“, sagt Bäßler. Alle Stofftiere bekämen deshalb eine Spritze. „Egal, was sie haben“, sagt die 23-Jährige und lacht. Damit wollen sie den Kindern auch diese Angst nehmen. Neben den Untersuchungen bei den „Teddy-Docs“ dürfen die Kinder bei einer Teddy-OP dabei sein. Zudem bietet das Deutsche Rote Kreuz Feuerbach eine Führung durch den Krankenwagen an, Studenten der Zahnmedizin zeigen den Kleinen, wie sie richtig Zähneputzen und die Pharmazeuten verteilen die Medikamenten. Außerdem erklären sie, wie man sich richtig ernährt. Auch Lea hat gelernt, was ihr Stoffbär braucht: „Teddys dürfen keine falschen Sachen essen“, sagt sie. Wenn Jim krank sei, dann brauche er Tabletten, sonst müsse er aber viel Gemüse essen.