An dem Holocaust-Mahnmal in Miniaturform, das Aktionskünstler in Björn Höckes Nachbargarten errichteten, hat sich eine Diskussion um die Grenzen politischer Auseinandersetzungen und Kunstfreiheit entfacht.

Digital Desk: Sascha Maier (sma)

Bornhagen - Ist das noch Kunst oder schon eine Straftat? Diese Frage beschäftigt aktuell Thüringens Landespolitik, die nun gefordert ist, den richtigen Umgang mit dem Zentrum für Politische Schönheit (ZPS) zu finden: Die Aktionskünstler hatten am Mittwochmorgen im Nachbargarten des AfD-Landeschefs Björn Höcke ein Holocaust-Mahnmal in Miniaturform enthüllt, das der Berliner Gedenkstätte für die ermordeten Juden in Europa nachempfunden ist. Der AfD-Rechtsaußen Höcke bezeichnete das Original als „Schandmal“, das sich Deutschland „ins Herz“ gepflanzt habe.

 

Der AfD-Landessprecher forderte noch am selben Tag, dass das Künstlerkollektiv strafrechtlich verfolgt werden müsse – auch weil dieses nach eigenen Angaben Höckes Wohnhaus zehn Monate lang observierte. Thüringens Landtagspräsident Christian Carius (CDU) betonte in einer Erklärung am Dienstag zwar, dass er Höckes politische Standpunkte überhaupt nicht teile, sprach sich aber für ein Ermittlungsverfahren gegen das ZPS aus. Begründung: Zumindest die Observierung sei moralisch kaschierter Psychoterror.

Ganz anders bewerten Teile von Thüringens rot-rot-grüner Landesregierung die Lage. So verteidigt etwa Kultusminister Benjamin Hoff (Linke) die Aktion auf Twitter so: „Politische Kunst ist nicht politisch korrekt. Sie ist ein sokratisches Projekt. Sie will die Gesellschaft durch Stechen aufwecken.“

„Herrliche Bestrafung“ für Höcke

Noch deutlicher wird Diana Glöckner, Pressesprecherin der Linken-Fraktion im Thüringer Landtag: „Wenn rechte Hassprediger sich des Gedenkens an die Shoa entledigen wollen, ist es Aufgabe aller gesellschaftlichen Akteure dem zu widersprechen.“ Von einer Einmischung der Regierung in die Sache hält sie wenig: „Es ist Aufgabe und Angelegenheit der Staatsanwaltschaft festzustellen, ob der Anfangsverdacht einer Straftat hinsichtlich der Verletzung der Privatsphäre der Familie des Abgeordneten besteht oder nicht.“

Nicht nur in der Politik, sondern auch in anderen Bereichen macht der Vorfall Wirbel. Medienberichten zufolge soll es vor Ort in Bornhagen zu kleineren Handgreiflichkeiten zwischen AfD-Anhängern und den Aktionskünstlern sowie Journalisten gekommen sein. Um weitere Eskalationen zu verhindern, bewacht aktuell die Polizei den Nachbau des Mahnmals. Auch in sozialen Netzwerken entfachen sich wilde Diskussionen, die auf Björn Höckes Facebook-Seite in Morddrohungen gegenüber den Aktionskünstlern gipfeln.

Beistand bekommt das Zentrum für Politische Schönheit von Lea Rosh. Die Journalistin und Publizistin war in der 90er-Jahren die Initiatorin des originalen Holocaust-Mahnmals in Berlin. „Das ist eine wunderbare Idee“, sagte sie. Die Aktion so kurz vor der Weihnachtszeit sei eine „herrliche Bestrafung“ für Höcke.