Weckruf gegen den Materialismus: In einer Londoner U-Bahn-Station haben Aktivisten Werbeplakate mit Katzenbildern ersetzt. Die Aktion soll an die wichtigen Dinge des Lebens erinnern und den Menschen bewusst machen, dass sie die Macht haben, die Welt zu verändern. Ein hehres Ziel – mit Schmusefaktor.

London - Weiße Strände, trendige Klamotten, durchtrainierte Körper: Auf dem Weg zur Arbeit werden Pendler in den öffentlichen Verkehrsmittel Tag für Tag mit Werbung konfrontiert. Mit Bildern, die ihre Aufmerksamkeit vor allem auf käufliche Dinge richten sollen. Ein Unding, findet der Brite James Turner. Mit seinem im Februar gegründeten Kollektiv „Glimpse“ möchte er die Menschen aufrütteln und ihnen zeigen, worauf es wirklich ankommt – und zwar mit Hilfe von Katzenbildern.

 

In der Londoner U-Bahn-Station Clapham Common hat das Kollektiv insgesamt 68 Werbeplakate mit den Postern ersetzt. Vor weißem Hintergrund schauen die Katzen den Passanten entgegen – mal sitzend, mal von der Seite, mal kopfüber. „The Citizens Advertising Takeover Service“, kurz CATS, nennen die Aktivisten um Turner die Aktion, die nicht weniger als 23 000 Pfund (rund 27 000 Euro) gekostet hat. Finanziert wurde das Projekt von mehr als 700 Unterstützern über die Internet-Crowdfundig-Plattform Kickstarter.

„Wir wollen die Menschen dazu inspirieren, anders über die Welt zu denken und zu erkennen, dass sie die Macht haben, sie zu ändern“, schreibt Turner auf seinem Blog. Katzen seien dazu das richtige Mittel, denn: das Internet liebt Katzen. Mit ihnen, so die Hoffnung, würde das Kollektiv sicherlich Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Turners Hoffnung hat sich wohl bestätigt. Medien aus aller Welt berichten über die Initiative.

Das Projekt unterstützt auch einen guten Zweck

Auf Instagram zeigt etwa ein Video des Online-Portals Londons Best, wie es aussieht, wenn man mit der U-Bahn-Rolltreppe an Cat Content (Inhalte, die Katzen thematisieren) statt an Werbebotschaften vorbeifährt. Bei den Nutzern der Fotoplattform kommt die Aktion offensichtlich gut an. „Das macht mich so glücklich!“, schreibt eine Instagram-Nutzerin unter das Video. „Zum ersten Mal wünsche ich mir, mich an der Clapham Common-Station zu befinden und nicht in Kalifornien zu wohnen“, kommentiert ein weiterer Nutzer.

Zwei Werbebotschaften vermittelt die Katzenbilder-Aktion jedoch auch selbst – gewollt oder ungewollt: „Besucht London“. Und: „Fahrt mit der U-Bahn“. Die Stadt wie auch die Verkehrsbetriebe dürften sich über die kostenlose zweiwöchige Kampagne freuen. Das Aktionsbündnis Glimpse richte sich aber nicht generell gegen Werbebotschaften, so Turner: „Wir wollen Agenturen und Marken, die ihre Macht bewusst einsetzen, um positive Werte in der Gesellschaft zu fördern.“ So unterstützt CATS denn auch zusätzlich einen guten Zweck: Die meisten der abgebildeten Katzen sind Tierheim-Bewohner, die ein neues Zuhause suchen.

Kampagne gegen Tierquälerei in der U-Bahn von Caracas

Einen ähnlichen Ansatz verfolgt die gemeinnützige Tierrechtsorganisation Animal Equality in Venezuela. Im U-Bahn-Netz der Hauptstadt Caracas, wo täglich etwa zwei Millionen Menschen die U-Bahn nutzen, ließ sie mehr als 100 Plakate aufhängen, die das Leiden von Tieren in Mast-, Zucht- und Schlachtbetrieben zeigen.

Die Kampagne mit dem Namen „No al maltrato animal“ („Nein zu Tierquälerei“) wird sechs Monate lang zu sehen sein. Sie soll die Fahrgäste dazu ermutigen, öfter pflanzliche Gerichte in ihren Alltag zu integrieren und dafür auf tierische Produkte zu verzichten. „Nur aufgeklärte Verbraucherinnen und Verbraucher sind in der Lage, ethische Entscheidungen zu Gunsten der Tiere zu fällen“, kommentiert Carolina Gil-Castaldo, Koordinatorin von Animal Equality in Venezuela. In den Zucht-, Mast- und Schlachtbetrieben dieser Welt gehöre die Tierqual zum Alltag. Die Bilder stammen zum Großteil aus den Recherchen, die Animal Equality im Laufe der letzten zehn Jahre veröffentlicht hat.