Aus fünf mach null: Ein weiteres baden-württembergisches AKW wird seit Montag abgerissen. Bis zur grünen Wiese ohne strahlendes Material wird es aber noch etliche Jahrzehnte dauern.

Neckarwestheim - Für Baden-Württembergs Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) ist es ein weiterer Meilenstein des Atomausstiegs: Seit Montag läuft der Abriss von Block 1 des Atomkraftwerks (AKW) Neckarwestheim bei Heilbronn. Damit geht der erste deutsche Reaktor von jenen acht in den Rückbau, die unmittelbar nach der Atomkatastrophe von Fukushima 2011 mit einem Schlag vom Netz genommen worden waren. Der Abriss kann bis zu 15 Jahre dauern - das strahlende Material wird der Standort wohl noch lange nicht los.

 

Mit Block 1 war seit 1976 Strom produziert worden. Im Februar hatte das Land die Genehmigung für den Abbau erteilt. Block 2 darf am Steinbruch in Neckarwestheim noch bis 2022 Strom produzieren. Er ist dann voraussichtlich der letzte Meiler im Südwesten, der abgeschaltet wird. Der Abriss des ältesten der fünf Südwest-Meiler in Obrigheim, rund 50 Kilometer weiter, läuft schon seit 2008.

Demonstration vor derm AKW

Symbolisch entfernten Grünen-Politiker Untersteller und der Technikvorstand des AKW-Betreibers EnBW, Hans-Josef Zimmer, einen Rohrbogen. Durch ihn strömte einst Dampf, mit dem die Turbine angetrieben wurde. „Das zeigt, dass diese Anlage keinen Strom mehr produziert. Der Rückbau läuft“, sagte Zimmer.

Draußen vor der Tür standen derweil Herbert Würth und weitere Vertreter der AG AtomErbe Neckarwestheim und demonstrierten. „Jede Stilllegung ist für uns ein Freudentag - aber beim Rückbau haben wir doch andere Vorstellungen.“ Tausende Tonnen angeblich schwach radioaktives Material würden unkontrolliert verteilt, mahnte Würth. „Auch das schwach radioaktive Material ist nicht ungefährlich.“

Selbst in 15 Jahren sei hier die Gefahr noch lange nicht vorbei. Das Zwischenlager für die hoch radioaktiven Abfälle auf dem Gelände habe eine Genehmigung bis 2046. Ein deutsches Endlager sei noch nirgendwo in Sicht. Auch der schwach und mittel radioaktive Müll muss erst hier gelagert werden, bis er irgendwann mal zum Schacht Konrad bei Salzgitter gebracht wird.

331 000 Tonnen Müll

Grünen-Politiker Untersteller betonte, dass er an diesem Tag keine Genugtuung empfinde - „sondern Dankbarkeit dafür, dass die Energiewende ein Konsens aller im Bundestags vertretenen Parteien ist.“ An den Rückbau würden „strengste Maßstäbe“ angelegt, sagte Untersteller. EnBW-Technikvorstand Zimmer versprach einen zügigen Abriss: „Ein Hinauszögern des Rückbaus auf viele Jahrzehnte passt nicht zum gesellschaftlichen Willen zum Ausstieg aus der Atomenergie. Wir finden: Das muss in einer Generation erledigt werden.“

Neben dem AKW wird gerade ein Reststoffbearbeitungszentrum gebaut, mit dem der radioaktiv verseuchte Müll laut EnBW auf ein Minimum reduziert werden soll. Der Konzern rechnet mit etwa 331 000 Tonnen Müll. 96 Prozent davon seien unbelastet und könnten konventionell auf Deponien gelagert oder weiter genutzt werden, etwa im Straßenbau. Weniger als ein Prozent gilt als radioaktiver Abfall, der zunächst im Zwischenlager unweit des Kraftwerks verbleibt.