Die frühzeitige Abholzung von Bäumen auf einer Fläche von 10 000 Quadratmetern am Neckarufer am Kernkraftwerk Neckarwestheim ärgert Umweltschützer. Noch sei gar nicht klar, dass dort eine Schiffsanlegestelle gebaut werden soll.

Neckarwestheim - Seit 2012 arbeitet die EnBW an Antragsunterlagen für den Rückbau der Kernkraftwerksmeiler in Philippsburg und Neckarwestheim, nachdem 2011 deren Abschaltung beschlossen wurde. Weit fortgeschritten ist der Karlsruher Energieversorger bei dem schon 2005 stillgelegten Reaktor Obrigheim. Die Brennstäbe dort sollen eventuell ins Zwischenlager in Neckarwestheim gebracht werden. Doch weder über das „Ob“ noch die Art des Transports ist endgültig entschieden. Eine Abholzaktion ruft jetzt Kritik hervor.

 

Betroffen ist das Neckarufer bei Flusskilometer 129, im Zusammenhang mit einer „Umschlagsanlage“ für das Reaktorgelände Neckarwestheim. Vor Ort ist vom Bau „einer Rampe“ die Rede. Eine vertikale Spundwand von 2400 Quadratmeter Fläche würde, so die Pläne, zudem in den Grund des Neckars gerammt. BUND und Nabu erklären dazu zusammen mit dem Landesnaturschutzverband (LNV), dies komme „der Totalzerstörung der ökologischen Funktion eines Uferabschnitts gleich.“ Der Uferabschnitt habe trotz mehrerer Veränderungen über Jahre „immer noch eine Restqualität als Lebensraum“ aufgewiesen. Zudem sei „ein gravierender Eingriff in die Gewässersohle“ geplant, wenn tatsächlich gebaut wird.

Die Genehmigungsverfahren sind noch nicht abgeschlossen

Gemeint ist damit eine zusätzliche Schiffsanlegestelle, mit der – sollten sich die EnBW als Betreiber und die Genehmigungsbehörden für Verladung und Transport auf dem Wasser entscheiden – besagte Brennstäbe aus Obrigheim in ein Zwischenlager nach Neckarwestheim gebracht würden, mitsamt noch zu bauenden Kran- und Hebebühnen. Eine befahrbare Rampe würde es Schwertransportern erlauben, mitsamt tonnenschwerer Beladung vom anliefernden Schiff zu rollen. In Obrigheim wäre damit ein eigenes Zwischenlager für über 340 Brennelemente verzichtbar. Doch noch ist nicht entschieden, wie die Castoren mit Brennelementen überhaupt an den Neckar gelangen könnten. Die Genehmigungsverfahren sind nicht abgeschlossen.

Dennoch ist bereits rund ein Hektar Wald abgeholzt worden. Der Heilbronner BUND-Regionalgeschäftsführer Gottfried May-Stürmer zeigt sich empört, weil die EnBW die Rodung durchführen ließ, ohne zu wissen, ob das überhaupt notwendig sei. Die laufenden Genehmigungsverfahren sind reichlich komplex: das wurde bei Informationsveranstaltungen der EnBW in Philippsburg und Neckarwestheim deutlich. Bei Stilllegung und Rückbau der dortigen Reaktoren handelt es sich um „atomrechtliche Verfahren“, zuständig dafür ist das Umweltministerium. Für sogenannte „Reststoffbearbeitungszentren“ (RBZ) und „Standortabfalllager“ (SAL) dagegen genügen baurechtliche Verfahren, die am Ende von den jeweiligen Landratsämtern in Karlsruhe und Heilbronn genehmigt werden. Rein auf ein baurechtliches Verfahren beschränkt sich bis jetzt auch die Genehmigung für die „Rampe“ am Neckarufer, sollte die denn kommen. Auch die Schiffsanlegestelle ist bisher ohne Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) geplant – Vorprüfungen hätten ergeben, dass „keine erheblichen Umweltnachteile zu erwarten seien“, hieß es zuletzt im Landratsamt Heilbronn.

Die Zeit drängt: das Lager in Obrigheim muss bis 2016 geräumt sein

Der Gemeinderat von Neckarwestheim hatte sich mehrfach kritisch geäußert zu einem zusätzlichen Zwischenlager. Die Zeit drängt jedoch: das „Nasslager“ im stillgelegten Reaktor in Obrigheim muss bis 2016 geräumt sein, um den als Herz der Anlage geltenden Reaktordruckbehälter mit ferngesteuertem Werkzeug demontieren zu können. In der Nachbetriebsphase befinden sich Brennelemente in Abklingbecken. Die EnBW als Betreiber der Kernkraftwerke und Bauherr der Schiffsanlegestelle bei Neckarwestheim teilte mit, man habe für die Baumfällarbeiten im Januar eine Genehmigung der Forstbehörde beim zuständigen Regierungspräsidium Tübingen erhalten. Die Arbeiten hätten nur außerhalb der Vogelbrutzeit stattfinden dürfen und deshalb vor Ende Februar erfolgen müssen, sagt ein Sprecher.

Der BUND Heilbronn ist inzwischen beim Umweltministerium vorstellig geworden. Offenbar prüft nun auch das Landratsamt Heilbronn, „ob eine zusätzliche UVP-Pflicht besteht“. Abgeholzt wurde der Wald jedoch schon – auch ohne Umweltverträglichkeitsprüfung.