Am Freitag veröffentlicht die Stuttgarter Band Dr Aleks & The Fuckers ihr Album "Balkan Guerilla". Was ist aus diesem Musikgenre eigentlich geworden, nachdem die Wagenhallen und die Balkan-Beats-Partys Geschichte sind?

Digital Desk: Jan Georg Plavec (jgp)

Stuttgart - Was ist eigentlich aus Balkan Beats geworden? Die Frage kann man sich stellen, weil die gleichnamige Party in den Wagenhallen mitsamt der Location jetzt Geschichte ist - und die Stuttgarter Band Dr Aleks & The Fuckers am Freitag ihr neues Album "Balkan Guerilla" veröffentlicht, das genau in diesem Genre angesiedelt ist. Die dazugehörige, garantiert schweißtreibende Release-Party findet ebenfalls am Freitag im Club Universum am Charlottenplatz statt.

 

13 Songs sind auf dem selbst veröffentlichten Album zu hören. Die Zutaten sind Upbeat, wilde Bläser und ein knorriger Sänger, der Mitgrölrefrains auf Deutsch, Italienisch, Englisch, Ungarisch, Finnisch und Kroatisch singt, in denen es um "Sljivovica", "Samstag Party" und "Faki Faki" geht. Ungarischsprechende hören noch rendörseg raus, was Polizei bedeutet. "Teilweise Aneinanderreihung von Schimpfwörtern, aber gesellschaftskritische Texte und Anti-Kriegs-Lieder", umschreibt Dr Aleks die Platte. So weit, so bekannt: spätestens seit den wilden Shantel-Konzerten ist für westliche Ohren aufbereiteter Pan-Balkan-Pop eine Art Partygarant. Das muss so vor zehn, zwölf Jahren begonnen haben.

"Nix studiert, nix Musikschule"

Einmal davon abgesehen, dass die Bläser wirklich gut aufgenommen sind und diese Platte sich bei jeder Wagenhallen-Party gut gemacht hätte, hängt dieses Genre gefühlt in einem seltsamen Zwischenstadium fest: schon populär, aber auch nicht mehr der neueste heiße Scheiß. Im Wizemann hat kürzlich zum zweiten Mal die "Brass Boom Bang"-Reihe gastiert, mit Shantel als Headliner. Ansonsten muss man in Stuttgarter Clubs mehr oder weniger ohne Balkan Beats auskommen. Hat Aleks Dropulja dieses Album also gemacht, um am 23. unter Hardcore-Balkanpopfans zu feiern? Das haben wir den Schlagzeug spielenden Sänger direkt selbst gefragt.

"Wenn ich mir die Stimmung bei unseren Konzerten anschaue, finde ich, dass der Hype um dieses Genre noch lange nicht verflogen ist", sagt Dropulja. Seine Band habe er 2010 nicht gegründet, weil die Musik damals in Mode war. Sondern weil Gypsy-Musiker "einfach mit Herz spielen. Nix studiert, nix Musikschule, sondern von klein auf ein Instrument angefangen und dann über die Jahre perfektioniert". Diesen Zugang habe er seinen deutschen Mitmusikern erst einflößen müssen: "Einfach mal das Notenblatt beiseite lassen. Es darf gerne auch etwas schief klingen!"

Das mag für Livekonzerte wie bei diesem Mitschnitt in den Wagenhallen (der es auch aufs Album geschafft hat) gelten - auf der Platte ist davon nichts zu hören. Trotzdem vermitteln die Studioaufnahmen viel, viel Energie.

Dass bei den Dr-Aleks-Shows was geht, hat sich herumgesprochen - auch wegen der Vorweihnachtsgigs im Goldmark's in den vergangenen Jahren. Jetzt kommt das Album und man zieht ins benachbarte, locker doppelt so große Universum. Hier ist der Balkan-Pop noch höchst lebendig - wenn man ihn so nennen will. Aleks Dropulja sieht seine Musik eher als Balkan-Punk; mit La Brass Banda oder Shantel und deren seiner Meinung nach "zu oft kommerziell klingenden Stadtfest-Songs" habe das nichts zu tun.

Und was ist mit der Aufbruchstimmung, die panbalkanische Musik vor vielen Jahren vom Osten des Kontinents zu uns nach Westeuropa getragen hat? "Die Musik steht im Vordergrund, nicht die Texte. Klar beziehen wir Position, aber halt zwischen den Songs", sagt der Sänger. Und weiter: "Wir provozieren halt gerne. Komm vorbei und mach dir dein eigenes Bild!"

Man kann es auch mal so sehen: Am Balkan ist sicher nicht alles in Ordnung. Aber die Musik ist gut. Dieses Album und die Release-Party könnten einem fragwürdigen Jahr zumindest ganz zum Schluss noch einige ausgelassene Momente hinzufügen.


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