Rote Karten, blaue Briefe, „Wirte­kodex“: Die Gegner eines schärferen Polizeigesetzes zu Saufgelagen in Innenstädten haben viele Ideen, um die Jugend vom Trinken abzuhalten. Manches geht aber schief.

Politik/Baden-Württemberg: Rüdiger Bäßler (rub)

Stuttgart - An vorauseilenden Protestnoten und guten Ratschlägen herrscht kein Mangel im Vorfeld des Runden Tisches. Den am Mittwoch von den Grünen ins Spiel gebrachten Vorschlag zur Erweiterung des Polizeigesetzes lehnte etwa Jens Brandenburg, Landesvorsitzender der Jungen Liberalen, umgehend ab. Ein Platzverbot von bis zu einem Jahr sei „unverhältnismäßig“ und führe zu „polizeilicher Willkür“. So sehen das auch der grüne Landesvorsitzende Chris Kühn und der jugendpolitische Sprecher der grünen Bundestagsfraktion, Ulrich Schneider. Der Polizei werde durch den erweiterten Gesetzespassus die Gelegenheit gegeben, beispielsweise auch Obdachlose „gezielt an den Stadtrand zu verdrängen“.

 

Die Jugendbeauftragten der Grünen unterbreiten den Mitgliedern des Runden Tisches stattdessen Verbotsvorschläge anderer Art. So solle das Sponsoring durch Alkoholproduzenten, vor allem bei Sportveranstaltungen, eingeschränkt werden. Vor 20 Uhr solle es keine Alkoholwerbung im Fernsehen und Kino geben dürfen. Im Straßenverkehr solle die Promilleobergrenze auf zunächst 0,2 Promille, später auf null Prozent gesenkt werden. Die Polizei solle ihre Alkoholkontrollen ausweiten. Zuletzt, so Kühn und Schneider, sollten die Steuern auf Alkoholika erhöht werden. In ihren Vorschlägen zum Ausbau der Prävention wiederum orientieren sich die Junggrünen überwiegend am Landesverband für Prävention und Rehabilitation.

Testkäufe veranlasst

Laut Verband ist vielen Gemeinderäten noch unbekannt, dass sich eine „Alkoholpolitik“ entwickeln lasse. Polizei, Vereine, Verkaufsstellen, Wirte, Schulen und Eltern könnten vernetzt werden. Dem Vandalismus auf Straßen und Plätzen könne durch eine „jugendgerechte Gestaltung“ entgegengewirkt werden. Das Bedienungspersonal in Gaststätten könne gesondert geschult, Festveranstalter könnten regelmäßig sensibilisiert werden. Einzelne Städte hätten einen „Wirtekodex“ erarbeitet, veranlassten Testkäufe in Läden, Tankstellen oder Bars, um die Einhaltung der Jugendschutzbestimmungen zu überprüfen.

Positiv nennt der Landesverband die aktive Alkoholpolitik von Neuhausen ob Eck (Kreis Tuttlingen) und Rastatt sowie des Landkreises Karlsruhe, wo es Vereinsinitiativen, Jugendschutzteams und Präventionsprojekte in Schulen gibt. Gelobt werden auch von der Polizei verschickte „blaue Briefe“ an die Eltern ertappter Alkoholsünder oder „Rote Karten“, die Minderjährige von Wirten anstatt eines verlangten Alkoholgetränks bekommen.

Nicht immer ist es aber leicht mit der Vorbeugung. Im vergangenen Jahr kreierte der Kreisjugendring Biberach zum Beispiel ein alkoholfreies Getränk und versuchte, es innerhalb der örtlichen Jugend szenefähig zu machen. Fünf Prozent des Verkaufserlöses jeder Flasche gehen seither als Spende an Jugendprojekte im Kreis. Allerdings kam es zu Irritationen, als das Getränk bei einem großen Festabend vorgestellt wurde. Als einzige Sponsoren des Abends meldeten sich ein Metzgerbetrieb – und eine Brauerei.