Der Verkehrspsychologe Wolfgang Schubert lehnt die Einführung von sogenannten „Alkolocks“ für Autofahrer ab. Dabei soll das Auto erst starten, wenn der Fahrer in ein spezielles Gerät gepustet hat.

Stuttgart - Das Bundesverkehrsministerium will künftig alkoholauffällige Kraftfahrer vorsorglich nur noch mit Alkolocks fahren lassen. Dabei handelt es sich um ein Alkohol-Messgerät, das an eine Wegfahrsperre gekoppelt ist. Die Sperre löst sich nur, wenn im Atem des Fahrers kein Restalkohol festzustellen ist.

 

Dieser Vorschlag gehört zu den Plänen für eine Neuregelung der Medizinisch-Psychologischen Untersuchungen (MPU) für Autofahrer, die umgangssprachlich „Idiotentest“ genannt werden. Die Reform haben CDU, CSU und SPD im Koalitionsvertrag vereinbart. Ziel ist laut Minister Alexander Dobrindt (CSU) mehr Transparenz und Akzeptanz für die MPU zu schaffen.

Wolfgang Schubert, Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Verkehrspsychologie, äußert sich im Gespräch mit der Stuttgarter Zeitung skeptisch zu den Regierungsplänen.

Herr Schubert, was halten Sie vom Vorschlag des Bundesverkehrsministers, Alkolocks einzuführen, also Wegfahrsperren, die sich nur beim Nachweis von null Promille lösen?
Das ist aus psychologischer Sicht kein wirkungsvoller Weg, denn Technik allein kann menschliches Fehlverhalten nicht ändern. Ziel muss sein, dass die Leute lernen, mit Alkohol verantwortungsvoll umzugehen, sodass sie irgendwann ohne ein solches Gerät fahren können und zwischen Trinken und Fahren bewusst trennen können. Nur die Kombination aus Technik und Psychologie bewirkt eine langfristige, nachhaltige und stabile Verhaltensänderung.
Dem Verkehrsminister schwebt vor, dass betroffene Fahrer den Führerschein unter der Auflage behalten dürfen, dass sie ihren Wagen mit einem Alkolock ausstatten und an psychologischem Training teilnehmen.
Es gibt dabei viele ungeklärte Fragen, auch rechtlicher Art. Deshalb haben wir dem Minister zunächst vorgeschlagen, Modellprojekte in den Ländern zu starten. Man muss sehen, diese Geräte kosten 1500 Euro. Hinzu kommen die Kosten für die psychologische Betreuung und für das Auslesen des Gerätes. Da ist die Frage, wer sich das leisten kann und will. Auch Datenschutzfragen sind ungeklärt. Denn mit dem Gerät könnte man Bewegungsprofile erstellen. Zudem müsste es ja auch für diejenigen Fahrer, die illegale Drogen konsumieren, eine entsprechende Wegfahrsperre geben. Erst wenn diese Fragen beantwortet sind, kann über eine Einführung entschieden werden. Ich frage mich aber auch ganz praktisch: Wer würde bei einem Taxifahrer einsteigen, der vor der Fahrt in ein Alkoholmessgerät pustet?
Wie viele MPUs sind es pro Jahr?
Etwa 100.000 - von insgesamt 53 Millionen Autofahrern in Deutschland. Es sind also nur 0,17 Prozent, die in solche Maßnahmen müssen.
Es gibt Kritik an den Untersuchungen, weil es für Betroffene keine Möglichkeit gibt, Rechtsmittel einzulegen.
Es ist richtig, dass es gegen die staatliche Anordnung einer MPU derzeit keine Rechtsmittel gibt. Erst wenn ein MPU-Ergebnis vorliegt, kann dagegen angegangen werden. Ich bin der Auffassung, dass die Fahrer die Möglichkeit haben sollten, sich bereits gegen die Anordnung rechtlich zu wehren. Hierzu braucht es eine juristische Lösung.
Sie waren früher anderer Meinung. Warum dieser Schwenk?
Ich habe gesehen, dass es zweifelhafte Anordnungen von MPUs gibt. Wenn man aber erst ein Jahr warten muss, bis die Untersuchung abgeschlossen ist und das Ergebnis vorliegt, dann dagegen klagt und die Entscheidung des Gerichts abwarten muss, bleibt ein Betroffener lange Zeit ohne Führerschein. Das ist schon problematisch.
Im Internet gibt es viele unseriöse Vorbereitungstrainer, die Hilfe beim Bestehen der MPU anbieten. Wie kann man dafür sorgen, dass es weniger schwarze Schafe in diesem Bereich gibt?
Ich halte das für schwer regulierbar. Jedoch sollte jeder, der solche Hilfe in Anspruch nimmt, vorher genau hinsehen, ob und welche Qualifikationen der MPU-Berater vorzuweisen hat.