Seit diesem Juli haben Alleinerziehende auch für ältere Kinder Anspruch auf einen Unterhaltsvorschuss. Beim Jugendamt liegen bereits 2500 neue Anträge vor, die Auszahlung verzögert sich.

Stuttgart - Nach einer Trennung kümmern sich längst nicht alle Eltern um den Unterhalt ihrer Kinder. Notfalls springt das Jugendamt vorübergehend ein und zahlt einen Unterhaltsvorschuss aus. Im Jahr 2016 war das in Stuttgart bei rund 25 Prozent aller Kinder unter zwölf Jahren der Fall: Rund 10 000 Kinder in diesem Alter lebten am 31. Dezember 2016 bei einem Elternteil in Stuttgart, 2484 Mal leistete die Stadt Unterhaltsvorschuss. Die Regierungschefs von Bund und Ländern haben nun den Kreis der Berechtigten erweitert. Das Sozialreferat geht daher von einer „erheblichen Steigerung der Fallzahlen, der Personalkosten und der Kosten für Unterhaltsvorschüsse“ aus.

 

Künftig auch für ältere Kinder

Neu ist die Ausweitung auf ältere Kinder. Bisher wurde der Geldhahn nach Vollendung des 12. Lebensjahres eines Kindes zugedreht in der Annahme, die Alleinerziehenden stünden dann dem Arbeitsmarkt wieder voll zur Verfügung. Künftig liegt die Altersgrenze bei Vollendung des 18. Lebensjahres. Insgesamt lebten Ende vergangenen Jahres 6740 Jugendliche zwischen zwölf und 18 im Haushalt eines Alleinerziehenden. Gekappt ist zudem die maximale Bezugsdauer. Früher betrug sie maximal sechs Jahre, künftig können Alleinerziehende für Kinder von Null bis 18 Jahren zeitlich unbegrenzt Ansprüche auf Unterhaltsvorschuss geltend machen.

Eine Auswertung des Statistischen Amts in Stuttgart zählt 16 583 Kinder und Jugendliche bis 18 Jahren, die bei Alleinerziehenden leben; 8455 von ihnen könnten als „mögliche Neufälle“ beim Amt vorstellig werden, legt die Verwaltung in einer Gemeinderatsdrucksache dar und geht von „mindestens 2000 Neufällen“ aus. Darüber hinaus hat das Jobcenter 1475 Klienten bereits aufgefordert, weitere oder neue Anträge auf Unterhaltsvorschuss zu stellen, weil die Zeitbegrenzung gefallen ist, mit 500 Anträgen für Jugendliche bis zum Alter von 18 Jahren sei zudem zu rechnen. Die Stadt geht davon aus, dass mit 3975 neuen Anträgen zu rechnen ist.

Mehr Stellen, höhere Kosten

Seit 1. Juli sind nach Auskunft des Jugendamts 2500 Anträge eingegangen. Zwar hat der Gemeinderat dem Amt 3,5 Stellen zugebilligt, die auch alle schon besetzt worden sind. Dennoch sei „nicht absehbar, wie lange die Bearbeitungszeit künftig sein wird“. Zum Vergleich: Bisher gingen rund 1000 neue Anträge ein, verteilt auf das ganze Jahr. Die Bearbeitungszeit betrug durchschnittlich drei Monate. Man warte auf die Veröffentlichung des Gesetzes im Bundesgesetzblatt – erst dann tritt es in Kraft.

„Wir können leider nicht in Vorleistung gehen, weil der Unterhaltsvorschuss eine Bundesaufgabe ist und es keine Gesetzesgrundlage dafür gäbe“, sagt Heinrich Korn, der stellvertretende Jugendamtsleiter. Immerhin könne die Stadt den Alleinerziehenden durch juristische Beistandsschaften helfen, ohne Rechtsanwaltskosten an einen Titel bei Gericht zu kommen und so das Geld beim Ex-Partner einzuklagen. Was immer auch erstritten und erzwungen wird – es entlastet die Stadt. Bisher steuerte sie jährlich 1,4 Millionen Euro an den Unterhaltszahlungen bei. Den Rest tragen Bund und Land. Allein in diesem zweiten Halbjahr kommt nochmals ein Aufwand in Höhe von geschätzt 1,3 Millionen Euro hinzu. Korn rechnet nicht damit, dass der Anteil der von den säumigen Eltern zurückgeholten Geldern steigt: „Man kann einem Schuldner, der außerhalb Europas lebt oder inhaftiert ist, nicht oder nur mit großem Aufwand beikommen.“

Rückholquote bleibt niedrig