Wer in Hoheneck schwimmen will, darf sich nicht durch die Schikanen der Ludwigsburger Stadtwerke vergraulen lassen.

Ludwigsburg - Früher war mehr Frühling. Und mehr gute Laune. Der Start in die Freibadsaison war eine fröhliche Angelegenheit. Alle haben darauf hingefiebert, konnten es gar nicht erwarten, bis es endlich losging. Heute ist das ganz anders. Heute wird einem schon angst und bange, wenn man nur die offiziellen Einladungen liest. Wer in der vergangenen Woche in das Ludwigsburger Freibad gehen wollte, dem wurde die Tür gleich wieder vor der Nase zugeknallt. Nach dem Motto: wenn es schon sein muss, dass ihr unser gechlortes Wasser schmutzig macht, dann aber bitte nur einen halben Tag lang. Die Erklärung dazu: „Das Wetter spielt nicht mit. Wegen der drohenden schlechten Witterung werden die Stadtwerke Ludwigsburg-Kornwestheim im Freibad Hoheneck von 1. Mai bis 3. Mai die Öffnungszeiten anpassen. Kassenschluss ist um 11.15 Uhr.“

 

Meteorologen hatten schlechtes Wetter vorhergesagt. Na und? Kann nicht jeder für sich entscheiden, wann ihm zu kalt ist? Wann war das Wetter hierzulande jemals einen Sommer lang stabil? Trotzdem war es bisher üblich, dass eine Saison verlängert wurde, wenn der September noch einmal richtig warm war. Aber wer hätte denn wegen etwas Regen schon im Mai gekniffen? Wenn diese Praxis einreißt, werden bald alle kommunalen Bäder bei jedem Schauer schließen – oder so kurz öffnen, dass, haste nicht gesehen, schon wieder zu ist. So werden heutzutage Freizeitvergnügen angepriesen.

Wie so vieles lässt sich aber auch das noch steigern: Badelustigen, die sich von diesen launischen Gepflogenheiten noch nicht haben vergraulen lassen, werden die Werkzeuge gezeigt. Wer auch 2015 trotz des verschärften Auf-zu-Risikos eine Dauerkarte möchte, bekommt zu spüren, was die Badbetreiber unter Willkommenskultur verstehen. Auch wenn die Leute eigentlich nur ein paar Stunden schwimmen gehen und kein Flugzeug besteigen möchten, droht ihnen eine erkennungsdienstliche Behandlung. Als hätten sie etwas ausgefressen, müssen sie sich erst einmal ablichten lassen.

Gleich hinter dem Kassenhäuschen „wird ein digitales Foto gemacht“, heißt es. Vermutlich in Bikini und Badehose. Offenbar sind Kassenmitarbeiter und Schwimmmeister im Hohenecker Freibad auch allesamt ausgebildete Fotografen. Das Bild werde dann „direkt auf die Jahreskarte gedruckt“. Eine mitgebrachte Aufnahme jedenfalls wird nicht akzeptiert, die ist nicht dauerkartentauglich.

Noch lästiger wird’s, wenn jemand Familie hat: Wo private Badbetreiber mit günstigeren Tarifen zum Family Day in ihre Wellnessoasen locken, erklären die Stadtwerke die Mischpoke zu einem besonderen Härtefall: „Zum Erwerb der Familienkarte müssen sämtliche Mitglieder der Familie, die die Familienkarte nutzen möchte, gleichzeitig persönlich an der Kasse die Karte beantragen“, steht im Reglement. Persönliches Erscheinen ist also angeordnet, bei Zuwiderhandlung droht ein Liegewiesenverbot. Und der ganze Aufwand nur, um zu verhindern, dass der Drittklässler Elias Maier irgendeines schönen Sommertages, an dem das Hohenecker Bad zufällig mal geöffnet ist, als Noah Müller durch die Schranken schlüpft. Was kommt wohl als Nächstes? Leibesvisitation? Fingerabdruck? DNA-Test? Wie gesagt: früher hat man sich noch auf das Freibad gefreut.