Alles Wurst? In Bietigheim-Bissingen wird den Stadträten vieles per Salamitaktik serviert. Ein dunkbares Vorbild für andere.

Wurstigkeiten - Mag ja sein, dass die Erde keine Scheibe, sondern eine Kugel ist. Demokratie hingegen ist, zumindest in ihrer lokalen Spielart, nicht immer eine runde Sache. Vielmehr handelt es sich um eine Scheibe. Als kopernikanisches Epizentrum dieser Tatsache gilt gemeinhin Bietigheim-Bissingen. Hier werden Beschlüsse im Gemeinderat nämlich für gewöhnlich scheibchenweise vorbereitet.

 

Der CDU ist diese Salamitaktik überhaupt nicht wurst. Sie beklagte unlängst, dass die Verwaltung bei der Ansiedlung einer Biogutvergärungsanlage im Stadtgebiet mal wieder scheibchenweise vorgehe. Man wolle, so hieß es von der Verwaltungsbank, einzig und allein über die Gründung einer Betreibergesellschaft für die Anlage abstimmen lassen. Der kontrovers diskutierte Standort beim Waldhof im Dreieck Bietigheim/Sachsenheim/Löchgau sei damit keinesfalls zementiert. Dem CDU-Stadtrat Jürgen Weller schwante dennoch Übles: Ist die GmbH erst gegründet, bleibt am Ende nur der eine Standort übrig – friss’ oder stirb.

Variation des Salamispiels

Ganz Unrecht hat er damit nicht. Mühlwiesen, Eishockeyarena im Ellental, Ballsporthalle: stets wurden die Großprojekte von der Verwaltung per Architektenwettbewerb oder detaillierter Voruntersuchung so lange und kostspielig vorgeplant, dass jeder, der hinterher mit Nein abstimmte, den Vorwurf fürchten musste, er wolle die wertvollen Steuermittel für die Vorplanungen aus dem Fenster werfen.

Doch das Spiel kennt eine Variante. Die Ballsporthalle – Zufall oder nicht: eines der Lieblingskinder der CDU – wurde trotz aufwendiger Voruntersuchung auf Betreiben der Verwaltung und per Mehrheitsbeschluss in die Schublade mit der Aufschrift „Nett, aber erst mal unnötig“ befördert. Für den Spitzensport habe man ja – Überraschung! – eine prima Eishalle, die auch für Ballspiele im großen Stil (Bundesligahandball) tipptop geeignet sei. Na ja, was heißt tipptop? Handballer hatten hin und wieder über mangelnde Bodenisolierung und kalte Füße für Spieler auf der Ersatzbank geklagt, zudem seien die Zuschauertribünen für Eishockey konzipiert. Sprich: zu groß, also kommt keine rechte Stimmung auf.

Von der Optimierung des Optimums

„Alles Quatsch“, erwiderte die Verwaltung. Jetzt aber ist plötzlich doch – scheibchenweise – die Rede von einer „Optimierung der Arena für den Handballsport“. Die Stadt spendiert neue Trennvorhänge, um die Halle auf 2000 gis 3000 Zuschauer zu begrenzen. Anhänger von Verschwörungstheorien mögen jetzt postulieren: wahrscheinlich haben die Stadtwerke als Betreiber den Hallenboden auch schon heimlich optimiert, etwa mit Wärmedämm-Scheibchen.

In Ludwigsburg werden solche Vorlagen mit Dunkbarkeit aufgenommen. Ein paar Lärmschutzgardinen in Eglosheim – und schon ist die viel kritisierte Umfahrung obsolet. Dunkbar? Richtig gelesen! Die Basketballriesen der MHP-Arena haben jüngst mit der Kreis-Abfallverwertung AVL eine super Aktion namens „Vielen Dunk“ gestartet. Dabei hingen zeitweise Mülleimer auf Höhe eines Basketballkorbs in der Stadt. Und hier kommen die dazu gehörenden (subjektiven) Statistiken. Die Trefferquote der Heimmannschaft (vulgo: Passanten) lag bei respektablen 25,4 Prozent. Leider sieht es bei den Rebounds weit schlechter aus. Sport und Spiel bei der Entsorgung: davon kann sich Bietigheim-Bissingen eine Scheibe abschneiden. Weil dort Eishockey weit populärer ist als Basketball, hat man sich allerdings auf den „Sudden Death“ spezialisiert – zum Beispiel für die Ballsporthalle.