Die Latzhose und die bunten Sticker sind ihr Markenzeichen: Vor 40 Jahren haben Technik-Studenten das Almmand Chaoten Orchester gegründet. Das Aco spielt bis heute – und wie.

Stuttgart - Der rosarote Panther lädt zum großen Jubiläumskonzert ein. Und dafür wird im hellblauen Nilpferd eisern geprobt. Diese Farbkomposition ist nur auf den ersten Blick verwirrend und klärt sich schnell auf: Den Pink Panther hat sich das Allmand Chaoten Orchester als Logo erwählt und seine Signalfarbe auch gleich für die Kostümierung übernommen. Und den Weg zum Probenkeller markiert das Wandbild eines hellblauen Rhinozeros. Alles klar? „Wir sind ein total verrückter Haufen“, verkündet Max, der Mädchenschwarm, locker-flockig auf der Website. „Virtuos“ wäre auch eine richtige Charakterisierung.

 

Den Namen Allmand Chaoten Orchester, kurz Aco, braucht man Kennern, Fans und Bewunderern nicht mehr zu erklären. Der Allmandring ist als Adresse der Studentenwohnheime im Pfaffenwald quasi die Wiege des Orchesters. Und von der Bezeichnung „Chaoten“ sollte man sich nicht täuschen lassen: Das Aco ist eine hochprofessionelle und bestens organisierte Big Band mit 40 Musikern, annähernd zur Hälfte weiblich besetzt. Sie sagen von sich: „Wir sind die einzige Show-Big-Band in Deutschland.“ Dafür haben die angehenden Techniker auch die richtige Technik drauf. Mit Tanz, Revue, Kostümen und der ganz großen Shownummer, bei der vor allem die Girls mit hinreißenden Auftritten begeistern. Angefangen habe alles mit einem Aushang, erzählt Dieter Dannecker, ein Mann der ersten Stunde, heute 62 Jahre alt. Er habe in den ersten Semestern seines Bauingenieurstudiums in der Stadt gewohnt, aber damals schon mit einem Freund aus Trier und sieben Kommilitonen Musik gemacht – als Band mit Klarinette, Saxofon, Klavier und Schlagzeug. 1978, er war im fünften Semester, sei er in das neue Studentenwohnheim im Allmandring gezogen: „Wir haben überlegt, dass es noch mehr Leute geben müsste, die Musik machen wollen, und einen Aushang gemacht: Gesucht werden ein Trompeter, ein Posaunist, ein Tenorhornist, Klarinette, Saxofon, Tuba, Schlagzeug.“

Ein respektabler Klangkörper

Wer sagt, dass Techniker nicht so viel übrig haben für die musischen Künste? Alles Unsinn, es hatten sich genügend Studenten gemeldet, die reichliche Resonanz schuf einen respektablen Klangkörper, und am 19. Oktober fand die erste Probe im Musikraum der Mensa statt. Mit 19 Mann. Dannecker erinnert sich an Auftritte und natürlich an die erste Schallplatte, die am 5. Juli 1981 aufgenommen wurde. Mit Dannecker als Bandleader und 18 Musikern, die Dixie, Charleston, Rock und Swing einspielten und die Goldenen 20er wieder aufleben ließen. Auf dem Cover ist eine reine „Boygroup“ in Jeans und rotem T-Shirt mit dem Orchester-Logo zu sehen. „200 Stück wurden produziert, drei habe ich noch“ sagt Dannecker.

Die Platte sollte eine Erinnerung für die Nachwelt sein. Denn Dannecker glaubte wohl nicht recht an eine Zukunft des Orchesters. Zwar habe man anfangs nie gedacht, dass das gemeinsame Musizieren und auch das Repertoire mit 200 Titeln solche Dimensionen annehmen würden, schrieb er im Begleittext des Albums. Aber nun seien von der Gründungsbesetzung nur noch vier Musiker dabei, und weitere Chaoten würden bald das Orchester verlassen. So wie er selbst, der 1982 das Studium beendete.

Der Radius reicht bis nach Schweden

Aber der ersten Platte folgten vier weitere, die letzte, „Das rosarote Album“, erschien 2010. Der Pessimismus in Bezug auf den Orchesternachwuchs war völlig unbegründet. Im Gegenteil: Der Sound wurde immer mächtiger, die Performance völlig erneuert und der Radius größer. Denn seitdem ein Austauschstudent aus Schweden von Studentenorchestern an den Universitäten von Uppsala und Linköping berichtete, gehören Reisen zu den skandinavischen Musikerfreunden zum festen Jahresprogramm.

Und die sogenannte Kluft, die dort üblich ist, Latzhose samt Jacke mit möglichst vielen witzigen Aufnähern – aber keine Werbung –, ist prompt übernommen worden. Der Ehrenkodex, diese Kluft nie zu waschen, allerdings weniger, verraten Olivia Hellbach, die Luft- und Raumfahrttechnik studiert, und Max Groß, angehender Verfahrenstechniker, beide 24 Jahre alt.

Seriöser, in gestreiften Jacketts, treten Clemens Eichler (47) und Christoph Schmid (44) auf. Sie gehören zur Senioren-Aco, der Big Band, in der sich die Alumni formierten, um nicht von der Musik und den Freunden Abschied nehmen zu müssen. Natürlich spielte auch Dieter Dannecker bei der Saco weiter: „Die Liebe zur Musik ist ungebrochen“, sagt er. Das berufliche Engagement in der Schweiz macht seine Mitwirkung beim Doppelkonzert von Aco und Saco zum 40-Jahr-Jubiläum zwar unmöglich. Aber natürlich wird er als Zuhörer im Bürgerforum dabei sein. Und eine der ersten Scheiben als Geschenk mitbringen.

Jubiläumskonzert von Aco und Saco am 23. Februar im Häussler Bürgerforum, Schwabenplatz 1, 70563 Stuttgart. Einlass 19 Uhr, Beginn 19.30 Uhr, Tickets zu 10 und ermäßigt 5 Euro, Reservierung unter info@aco-stuttgart.de.