Sarah Schleper feiert bei den Ski-Weltmeisterschaften in St. Moritz mit 37 Jahren ihr Comeback. Sie startet dort für die Heimat ihres Mannes.

Sport: Dominik Ignée (doi)

St. Moritz - Die Amerikanerin Sarah Schleper kichert wie ein junges Mädchen. Platz drei in der Riesenslalom-Qualifikation, das ist schon irre. „Endlich stehe ich mal wieder auf dem Podest“, sagt die Frau, die nicht zu erkennen ist. Sie hat noch den Helm auf. Bis auf die Augen ist das Gesicht umhüllt von einem Tuch gegen die Kälte.

 

Sarah Schleper ist in Wirklichkeit kein junges Mädchen mehr, am Sonntag wird sie 38. Trotzdem spult sie in St. Moritz das volle Programm in allen Disziplinen ab. Platz 37 im Super-G, Platz 27 in der Kombination, Rang 38 in der Abfahrt – sehr ordentlich für eine Slalomspezialistin im fortgeschrittenen Sportleralter. Mit dem Riesentorlauf geht es an diesem Donnerstag heiter weiter. Sie will zeigen, was sie noch kann.

Das „verrückte Huhn“ der alpinen Szene

Am 29. Dezember 2011 feierte Schleper in Lienz ihren Abschied vom Profi-Rennsport – daran erinnern sich noch viele. Sie wedelte im Minirock die Piste hinab. Jetzt ist das „verrückte Huhn“ der alpinen Szene wieder da, sie könnte die Mutter ihrer jüngsten Gegnerinnen sein. In der Rennpause hat sich Sarah Schleper um ihre zwei Kinder gekümmert, sie aus den Windeln gebracht. „Ich möchte auch eine gute Mutter sein, da ist ein tägliches Training unmöglich“, sagt sie. Doch lange hielt die Lust aufs pure Mutter-Dasein nicht an. „Ich kann es nicht lassen, es gibt mir so viel“, begründet sie lächelnd ihre Rückkehr auf die Piste.

Über die US-Qualifikation wäre die Rennläuferin, die 2005 in Lenzerheide den Weltcup-Slalom gewann, nie und nimmer zu einer WM gekommen. Also startet sie für Mexiko, die Heimat ihres Mannes. Da es vom mexikanischen Ski-Verband aber keinen müden Cent gibt, ist Schlepers WM-Auftritt ein teures Privatvergnügen. „Egal“, sagt sie. „Ich bin süchtig nach Rennen und würde dafür mein letztes Geld ausgeben.“

Das Abenteuer der US-Lady mit mexikanischem Pass beginnt mit einem Albtraum. Als sie am Flughafen ankommt, steht sie am Rollband, sie wartet und wartet – aber nix passiert. Sie ist von Vail nach Zürich geflogen, aber ihre Koffer landen in Seattle, USA. Schleper ist verzweifelt, sie heult, sie flucht, sie ist kurz nach der Ankunft im Grunde schon wieder bereit für die Abreise. Doch da die Skifamilie tatsächlich als solche zu bezeichnen ist, greift noch am ersten Tag das Soforthilfeprogramm.

Sarah Schleper will ein politisches Zeichen setzen

Ex-Rennläuferinnen helfen Sarah Schleper aus der Patsche. Die Italienerin Karen Putzer versorgt sie mit Skiern, Handschuhen, Skibrille und Thermo-Unterwäsche, und die Schweizerin Andrea Dettling kramt noch einmal ihren alten Rennanzug aus dem Schrank. Den in die Jahre gekommenen Swiss-Dress zeigt Schleper dann nach einer Trainingsfahrt im Zielraum voller Stolz. „Sieht doch gut aus“, sagt sie und wackelt ein bisserl mit dem Hintern.

Eine für Mexiko startende Amerikanerin im Schweizer Rennanzug – Sarah Schleper ist immer für eine Geschichte gut. Politisch, das war mit ihrem Mann so abgemacht, solle sie jedoch keine Statements raushauen vor laufenden Kameras. Ihr Gatte hat Angst, die USA zu verlassen, weil er glaubt, dass er als Mexikaner nicht mehr rein darf, seit Donald Trump US-Präsident ist. Ihm ist das ganze Thema zu heikel. Doch seine lebensfrohe Frau, die noch nie ein Blatt vor den Mund genommen hat, sagt trotzdem was: „Ich möchte ein Zeichen setzen: Es kann nicht sein, dass man eine Mauer zwischen zwei Ländern baut. In Vail, wo ich herkomme, gibt es viele Mexikaner, und die sind verstört.“

So, das soll es jetzt aber auch gewesen sein. Sarah Schleper muss wieder los. Die WM in St. Moritz geht weiter. Sie macht ihr doch so viel Spaß.