Im Geburtshaus des Pietisten und Liedpoeten ist ein Heimatmuseum eröffnet worden. Dies war nur durch zahlreiche Stunden ehrenamtlicher Arbeit möglich.

Altdorf - Fast das halbe Dorf war auf den Beinen, als jüngst das Heimatmuseum in Altdorf eröffnet wurde. „Für uns alle geht ein lang gehegter Traum in Erfüllung“, sagt der Bürgermeister Erwin Heller.

 

15 Ehrenamtliche des Arbeitskreises Heimatgeschichte haben das Geburtshaus Michael Hahns in eine historische Begegnungsstätte verwandelt. Dass überhaupt noch ein Heimatmuseum seine Pforten öffnet, sei im Land eine Seltenheit geworden, sagt Dina Sonntag von der Landesstelle für Museumsbetreuung Baden-Württemberg. Sicherlich sei das auch auf die finanzielle Situation der Kommunen zurückzuführen, die schlichtweg für ein solches Unterfangen kein Geld mehr aufbringen wollten.

Die Zeiten vieler Neugründungen sind vorbei

Wie im Kreis Böblingen haben es sich deshalb landauf landab Fördervereine zur Aufgabe gemacht, zu verhindern, dass die eigene Geschichte in Vergessenheit gerät. In den seltensten Fällen sind es die Kommunen selbst, die ein Heimat- oder Stadtmuseum betreiben. „Auch wenn es abgedroschen klingt, aber ein solches Projekt ist stets identitätsstiftend und wird von den Bürgern deshalb geschätzt“, erklärt Dina Sonntag. Doch seien die Zeiten der zahlreichen Neugründungen vorbei.

Gegenwärtig würden bei der Landesstelle in Stuttgart noch drei bis vier Museumseröffnungen pro Jahr gemeldet. Die Hochphase sei zwischen 1985 und 2005 gewesen, als die Landesstelle bis zu 40 Neugründungen jährlich registriert habe, sagt Sonntag. „In diesen Jahren waren sowohl die finanziellen Mittel als auch das Interesse noch vorhanden“, erläutert sie. Die Generation, der Heimatgeschichte etwas bedeute, sei nun überaltert. „Die Situation hat sich sehr verändert, wir sind eine Einwanderungsgesellschaft geworden“, stellt Sonntag fest. Das Thema Integration steht an – und dabei gilt es den Blick nach vorne zu richten. Museumsvereine hätten daher Nachwuchsschwierigkeiten. „Erstmals werden uns Museumschließungen gemeldet“, berichtet die Museumsreferentin.

Arbeitskreis hat 50 Mitglieder

Die Altdorfer dagegen stehen mit ihrem neuen Heimatmuseum erst am Anfang. 32 000 Euro habe der Arbeitskreis investiert und die Summe vor allem mit Spenden aufgebracht, sagt der Vorsitzende Arnd Rehn. Er hofft darauf, dass der 50 Mitglieder zählende Arbeitskreis in der 4500-Einwohner-Gemeinde noch wächst. Auch junge Aktive engagierten sich, wie etwa der 21 Jahre alte Mediengestalter Jens Frank, der bei der Einrichtung einer Mediathek half.

Rehn interviewte Zeitzeugen wie den 77 Jahre alten Armin Dieterle. Dieser berichtet von den Carepaketen der Amerikaner in der Nachkriegszeit berichtet, als es Kakao und Schokolade gab, und von der Schulspeisung mit Bohnen, in denen der Löffel stecken blieb, so zäh war die Mahlzeit für die Schulkinder damals. Sie sollten an Gewicht zunehmen und mussten regelmäßig auf die Waage. Und wer nicht genügend Gewicht zugelegt hatte, bekam weiter den Bohnenbrei. „Wir steckten uns Kieselsteine in die Hosentaschen, um der Schulspeisung zu entgehen“, erzählt Dieterle. Interviews wie diese und einiges mehr können sich die Besucher auf einem Bildschirm der Mediathek im ersten Stockwerk ansehen.

Die Stube von Michael Hahn

Dort ist auch die Stube von Michael Hahn nach alten Überlieferungen eingerichtet worden, der in dem heute unter Denkmalschutz stehenden Gebäude am 2. Februar 1758 das Licht der Welt erblickte. Original erhalten sind noch seine Mütze, sein Mostkrug und eine weiße Weste von ihm. Den Raum füllen zahlreiche Folianten mit seinen Werken, auch mit Liedtexten, die er verfasste. Hahn lebte danach von 1794 an als Bauer in Sindlingen bei Herrenberg und starb dort im Jahr 1819.

Die Gemeinde Altdorf erwarb dessen Geburtshaus im Jahr 2012, in dem nun die Geschichte des Orts und das gesellschaftliche Leben der vergangenen Jahrhunderte in zahlreichen Dokumenten und Fotos festgehalten wird. Zunächst will es der Arbeitskreis bis zur Sommerpause sonntags von 11 bis 12 Uhr öffnen und die Resonanz abwarten. „Wir empfangen Besucher aber auch auf Anfrage“, versichert Rehn.