Alternative Heilmethoden liegen im Trend. Viele Patienten vertrauen auf die Kraft sanfter Medizin. In unserer Serie stellen wir Heilmethoden und Therapien der Welt vor.

Wochenend-Magazin: Markus Brauer (mb)

Stuttgart - Wie populär Reiki ist, zeigt ein Blick ins Internet. Beim Stichwort Reiki zählt die Suchmaschine Google mehr als 52 Millionen Treffer auf. Handauflegen gehört zu den ältesten Heilmethoden der Menschheit. Eine Vielzahl alternativmedizinischer Praktiken beziehen die angebliche Heilkraft der Hände in die Therapie ein. Eine der bekanntesten ist Reiki.

 

Angeblich sollen bereits Millionen Menschen auf die Energie, die durch die Hände fließt, vertrauen. Reiki entwickle sich zunehmend zur „Volksheilkunst Nummer eins“, heißt es im „Reiki-Magazin“.

Reiki: die kosmische Lebensenergie

Der Begriff Reiki stammt aus dem Japanischen und setzt sich zusammen aus dem Wortpaar „rei“ (Kosmos) und „ki“ (Lebensenergie). Reiki meint die göttlich-universelle Lebensenergie, die durch Handauflegen eines Eingeweihten zum Patienten fließen soll.

Wie funktioniert dieser mutmaßliche Energietransfer? Während einer Reiki-Sitzung liegt der Patient ganz entspannt. Der Therapeut legt seine Hände an eine bestimmte, für eine Krankheit spezifische Körperzone. Danach soll die Energie ganz von alleine dorthin fließen, wo sie am dringendsten benötigt wird.

Durch Reiki wird eine Verbindung zwischen der Energie und dem Empfangenden hergestellt. Dies ist möglich, weil der göttliche Funke wie ein übernatürliches Implantat in jedem Menschen existent ist. Der Therapeut fungiert quasi nur als Kanal.

Wunderheilung durch Handauflegung

Beim Reiki handelt es sich um eine neuzeitliche Form der Wunderheilung durch Handauflegung, die schon in der Bibel überliefert wird – angereichert durch fernöstliches und esoterisches Gedankengut. Die Entdeckung des Reikis ist mysteriös. Der japanische Mönch Mikao Usui (1865-1926) soll die „göttliche Energie“ am Ende eines Fastens während einer Vision erhalten haben. Usui gab die ihm verliehene Kraft an seine Schüler weiter, so dass sich das Reiki über den Globus verbreiten konnte.

Die Technik der Energieweitergabe wird von Reiki-Meistern ausgeübt. Durch spezielle Einweisungen – oft in Form von Wochenendseminaren an der Volkshochschule oder in privaten Treffen – können prinzipiell auch Laien zum Reiki-Therapeuten ernannt werden und die drei Grade erreichen, bis man selbst zum Meister graduiert wird und Schüler ausbilden darf.

Heilung leicht gemacht?

Reiki-Anhänger behaupten, der Energiefluss durch Handauflegen aktiviere die Selbstheilungskräfte des Körpers. Und das unabhängig von persönlichem Glauben, Geldbeutel oder geistigem Potenzial. Diesem Heilverfahren werden geradezu übernatürliche Eigenschaften zugeschrieben. So soll Reiki bei Allergien und Asthma genauso helfen wie bei Herpes, Tuberkulose, Kopfweh oder Zahnschmerzen. Selbst bei schweren Erkrankungen wie Aids und Krebs soll es ergänzend wirken.

„Die Teilnahme an einem Wochenendkurs genügt, und man kann Reiki sofort zum eigenen Wohl und zum Wohl anderer anwenden“, heißt es im „Reiki-Magazin“. Auch Tiere und Pflanzen könnten von der Lebensenergie profitieren. Reiki sei „leicht zu praktizieren, erfordert keine Vorkenntnisse und ist stets verfügbar – denn seine Hände hat man immer dabei“. So einfach kann Heilen sein – vorausgesetzt, man glaubt daran.

Fazit: Keine Beweise für die Wirksamkeit

Schulmediziner sind sich weitgehend einig: Weder gibt es stichhaltige Beweise für die Wirksamkeit von Reiki noch eine wissenschaftliche Grundlage, geschweige denn eine nachprüfbare Diagnostik.

„Einen Wirkbeleg gibt es ebenso wenig wie eine seriöse Dokumentation der angeblichen Heilerfolge“, betont der Münchner Psychologe Colin Goldner. „Die möglicherweise wohltuende Wirkung des Reikis beruht ausschließlich auf der gläubigen Erwartungshaltung der Klienten.“

Die AOK reiht Reiki in den Kreis der „esoterischen Heilslehren“ ein. Wer sich die Hände auflegen lassen will, muss dafür selbst zahlen.