Mit einigen Jahren Verzögerung bringt die Abkehr von der Staatspension die Parlamentarier in Wallung. Dabei vergessen sie, dass dies die Voraussetzung war für stattliche Diäten. Nun wird nach kostenneutralen Lösungen gesucht. Kein leichtes Unterfangen.

Stuttgart - Nicht alle waren sie jung, aber jedenfalls vergleichsweise neu im Landtag: jene nach Teilnehmerberichten 70 bis 80 Landtagsabgeordneten, mit denen sich Parlamentspräsident Guido Wolf (CDU) im vergangenen Oktober traf. Sie sorgten sich überparteilich um ihre Rente, die sie dereinst zu erwarten haben. Sie sei zu niedrig, klagten sie, ihres Tuns als Vertreter des Volkes nicht würdig – und keinesfalls höher als das, was ihnen in ihren angestammten Berufen als Rente oder Pension in Aussicht stünde. Wolf versprach, sich zu kümmern. Diese Woche war die Rentenrevolte Gegenstand eines Treffens der Parlamentsspitze mit den Fraktionsvorsitzenden.

 

Viele Zulange, kleine und große

Tatsächlich herrscht im Landtag bei der Altersabsicherung keine Gleichheit. Ein kleiner Teil der Abgeordneten genießt bei erhöhten Diäten nach wie vor die Aussicht auf Staatsversorgung im Alter. Diese liegt in einer Höhe, die immer schon kritisiert worden ist. Bereits nach zehn Mandatsjahren winkt eine Pension in Höhe von knapp 1700 Euro, nach 22 Jahren sind es knapp 4000 Euro. Die monatliche Entschädigung während der Mandatszeit – vulgo Diät – liegt derzeit bei 7199 Euro. Wobei zu berücksichtigen ist, dass die Parlamentarier zusätzliche Zahlungen erhalten, falls sie diverse Aufgaben in der jeweiligen Fraktionsspitze oder als Ausschussvorsitzende übernehmen. So beziehen der Landtagspräsident sowie die Fraktionsvorsitzenden mehr als das Doppelte der Diät. Die stellvertretenden Landtagspräsidenten sowie die jeweiligen parlamentarischen Geschäftsführer erhalten 50 Prozent der Diät obendrauf. Dazu kommen für diesen Personenkreis, außerdem für die Vorsitzenden der Parlamentsausschüsse, erhöhte Aufwandsentschädigungen. Schließlich können die Fraktionen aus ihren eigenen, steuerfinanzierten Mitteln Aufwandsentschädigungen an stellvertretende Fraktionsvorsitzende sowie an die Vorsitzenden ihrer Arbeitskreise, maximal aber an 30 Prozent ihrer Mitglieder auszahlen. Davon unbenommen sind die allgemeine Kostenpauschale (derzeit 1507 Euro) sowie Reisekosten oder die Aufwendungen für einen Mitarbeiter. Insbesondere für die mit Beginn dieser Legislaturperiode neu in den Landtag gewählten Abgeordneten scheint den Zusammenhang zwischen den höheren Diäten und dem Mehr an Eigenvorsorge fürs Alter nicht mehr gegenwärtig zu sein. Das setzt auch die Fraktionsführungen unter Druck. Der FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke lehnt aber eine Rückkehr ins alte System ab. Er sagt, man müsse schauen, „wie man mit einem besseren Umgang mit den vorhandenen Ressourcen unter Umständen eine kostenneutrale Lösung hinbekomme.

„Ich muss mich ziemlich strecken“

Eine Möglichkeit bestünde darin, dass sich der Landtag dem Versorgungswerk des nordrhein-westfälischen Parlaments anschließt. So machen das auch die Brandenburger. Die Erträge dort liegen höher zumindest als in der gesetzlichen Rentenversicherung. Nach einer Modellrechnung kann ein Abgeordneter, der mit 40 Jahren ins Parlament kommt, nach zehn Mandatsjahren mit knapp 1100 Euro, nach 20 Jahren mit 1800 Euro rechnen. Allerdings wäre ein Wechsel für die aktuellen Abgeordneten im Land nicht so einfach, weil ihre Rentenverträge laufen.

In der Folge entstünden bei der Altersabsicherung drei Typen von Abgeordneten: Typ 1: Altfälle mit staatlicher Absicherung, Typ 2: Neufälle mit privater Vorsorge, Typ 3: Künftige Abgeordnete mit Teilhabe an einem Versorgungswerk. Der CDU-Fraktionschef Peter Hauk versichert, man werde ein System wählen, bei dem „keine Belastung für die Steuerzahler“ entsteht. Aber das Thema habe an Brisanz gewonnen. „Die Abgeordnete vergleichen ihre Altersbezüge.“ Ein Betroffener klagt: „Ich muss mich ziemlich strecken, um auf die Pension meines erlernten Berufs zu kommen.“