Die von Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) vorgeschlagene Regeländerung bei der Festlegung des Alterspräsidenten stößt auf breite Zustimmung – außer bei der AfD.

Berlin - Die von Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) vorgeschlagene Regeländerung bei der Festlegung des Alterspräsidenten stößt auf breite Zustimmung.

 

Vertreter von SPD, Union und Linkspartei sprachen sich am Freitag dafür aus, den Alterspräsidenten des Bundestages nicht mehr nach Lebensjahren, sondern nach Dienstalter zu bestimmen. Kritik kam dagegen vom stellvertretenden AfD-Vorsitzenden Alexander Gauland, dem nach der Bundestagswahl der Posten nach den bisherigen Regeln zufallen könnte. Gauland warf Lammert in einer Erklärung „Tricksereien“ vor. Aus „Angst vor der AfD“ würden die „Altparteien“ versuchen, „mögliche Kandidaten einer demokratischen Partei mit billigen Tricks völlig grundlos“ zu verhindern. Persönlich sei es ihm aber „vollkommen egal, wer diesen Titel im September erhält und welche Partei ihn stellt“.

Wilhelm von Gottberg könnte Alterspräsident werden

Der Alterspräsident des Bundestags spielt vor allem bei der konstituierenden Sitzung des Parlaments alle vier Jahre eine wichtige Rolle. Er hält eine einführende Rede und leitet die Sitzung, bis ein Parlamentspräsident gewählt ist. Lammert hatte am Donnerstag dafür plädiert, künftig den Abgeordneten mit der längsten Dienstzeit zum Alterspräsidenten zu machen. Haben mehrere Volksvertreter die gleiche Zeit im Bundestag aufzuweisen, soll der Älteste von ihnen zum Zuge kommen.

Die AfD dürfte Umfragen zufolge im September erstmals in den Bundestag einziehen. Sollten die alten Regeln für die Alterspräsidentschaft gelten, käme die Aufgabe wohl auf Wilhelm von Gottberg zu, der auf Platz vier der Kandidatenliste der niedersächsischen AfD steht und Ende März 77 Jahre alt wird. Bei einem schlechteren AfD-Wahlergebnis stünde der 76-jährige Gauland bereit, der die Liste der Partei in Brandenburg anführt.

Rückendeckung von den Sozialdemokraten

Rückendeckung erhielt Lammert von den Sozialdemokraten. „Das ist ein guter Vorschlag“, sagte SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland. In diesem Amt brauche es Erfahrung. „Dies gilt unabhängig von einem möglichen Alterspräsidenten der AfD.“ Die SPD kämpfe in den nächsten Monaten darum, „dass die AfD überhaupt nicht in den Bundestag kommt“. Auch der Justiziar der Unions-Bundestagsfraktion, Hans-Peter Uhl (CSU), signalisierte Unterstützung. „Die konstituierende Sitzung nach der Wahl steht im besonderen Blickpunkt der Öffentlichkeit. Sie zu leiten braucht Erfahrung und nicht Alter“, sagte Uhl dem „Handelsblatt“. Daher sollte noch vor der Bundestagswahl die Geschäftsordnung des Parlaments entsprechend geändert werden.

Die Linkspartei erwägt, den Vorschlag ebenfalls zu unterstützen. Mit dem Thema dürfe zwar „nicht leichtfertig“ umgegangen werden, sagte Kipping dem „Handelsblatt“. „Aber wenn droht, dass mit einem Herrn von Gottberg jemand als Alterspräsident reden würde der klare geschichtsrevisionistische Thesen vertritt, der die Singularität der Naziverbrechen in Frage stellt, dann haben wir eine kollektive Verantwortung.“ Einem „Zeit“-Bericht von Mitte März zufolge hatte von Gottberg 2001 in einem Artikel für das Ostpreußenblatt (heute „Preußische Allgemeine Zeitung“) den Holocaust als „wirksames Instrument zur Kriminalisierung der Deutschen und ihrer Geschichte“ bezeichnet.