Wenn Haustiere mit den Urlaubsplänen ihrer Halter kollidieren, werden sie oft einfach zurückgelassen.

Altkreis - Das traurige Bild eines ausgesetzten Hundes, der angebunden an einer Autobahnraststätte sitzt, weil in den Urlaubsplänen von Herrchen und Frauchen kein Platz für ihn war, gibt es heute eigentlich kaum noch, sagt Ute Andok, die Leiterin des Tierheims Böblingen. Eine gute Nachricht, sollte man meinen. Doch weit gefehlt. Das Problem habe sich nur verlagert. Stattdessen würden jetzt immer mehr Tiere zur Ferienzeit dauerhaft im Tierheim abgesetzt. Zahlen aus dieser Saison kann Andok nicht nennen. Denn nicht alle Abgaben seien tatsächlich urlaubsbedingt. „Aber in der Sommerzeit ballt es sich schon extrem“, berichtet sie.

 

Derzeit beherbergt das Tierheim etwa 35 Hunde, 80 Katzen und 100 Kleintiere. Spürbar mehr als vor den Ferien. Zwei aktuelle Fälle, an die sich Ute Andok erinnert: Bei Sindelfingen saß tatsächlich erst jüngst ein angebundener Hund an einer Tankstelle, allerdings im Ort, nicht an der Autobahnraststätte. In einem anderen Fall habe ein Mann eine Katze vorbeigebracht und unter dem Vorwand, sein Sohn sei schwer krank, um Unterbringung gebeten. „Später stellte sich heraus: Er wollte nur in den Urlaub fahren und die Katze loswerden.“

Viele machen sich keine Gedanken

Letztgenanntes Vorgehen sei leider keine Seltenheit. „Viele Leute machen sich überhaupt keine Gedanken darüber, was mit ihrem Haustier wird, wenn sie in den Urlaub gehen“, so Andok. Zum Teil kämen sie erst kurz vor ihrer Abreise – manche sogar noch am selben Tag – und fragten, „ob wir solange ihre Katze nehmen können“. Denn das Tierheim bietet auch eine Pension an. Doch die Plätze sind selbstverständlich begrenzt. Wer dann keinen Platz mehr ergattert oder sich gar nicht erst darum bemüht, eine Lösung zu finden, setze die Tiere oft einfach aus, lasse sie – bei Katzen häufig der Fall – zu Hause zurück oder gebe sie endgültig im Tierheim ab.

All das betreffe nicht nur Vierbeiner, die erst wenige Monate und vielleicht sogar ungewollt in einer Familie leben. „Wir bekommen sogar Tiere, die zum Teil schon acht oder neun Jahre bei ihren Menschen waren“, beklagt Andok. Streiten oder diskutieren bringe in so einem Fall nichts. „Man kann die Leute nicht zwingen. Und wenn sie ihren Hund zum Beispiel nicht mehr wollen, hätte der da auch kein schönes Leben, dann ist es besser, wir nehmen ihn.“ Dieses Grundproblem, dass Haustiere als eine austauschbare „Wegwerfware“ betrachtet werden, sei in den vergangenen Jahren eher noch schlimmer geworden, glaubt sie.

Halter sind heute leichter zu ermitteln

Und das, obwohl lange nicht mehr so viele Tiere ausgesetzt werden wie noch vor zehn oder zwölf Jahren, so Andok. Das hat aus ihrer Erfahrung aber nichts mit gestiegener Fürsorge der Halter zu tun. „Ich denke, dass heute immer mehr Tiere gechippt sind und sich deshalb eher nachvollziehen lässt, wer der Halter ist.“ Fotos von Fundtieren stellt das Heim zum Beispiel auch auf Facebook ein, „irgendjemand erkennt sie dann eigentlich immer und kann uns einen Hinweis auf den Besitzer geben“. Also kommen die Leute lieber von selbst und „entsorgen“ ihren Vierbeiner auf legalem Weg. „Die sagen sich: Ich gebe jetzt mein Tier ab, nach dem Urlaub kann ich mir aus dem Internet einfach ein neues besorgen.“

Wie schnell und billig Menschen heutzutage an die Lebewesen herankommen, sei furchtbar und bildet in Andoks Augen eine der Hauptursachen für die genannte Einstellung. Aus ihrer Sicht müsste es „komplett verboten sein, Tiere übers Internet zu kaufen und zu verkaufen“.