Der Terroranschlag in Berlin ist Thema im Unterricht der verschiedenen Schulen in Leonberg und Umgebung. Die Schüler sollen lernen, differenziert zu denken.

Altkreis - Schlagzeilen aus Berlin tauchen überall in den sozialen Medien auf. „Die älteren Schüler wussten Bescheid“, berichtet Claudia Höfer. Sie ist Lehrerin in der Vorbereitungsklasse der Weiler Heinrich-Steinhöwel-Gemeinschaftsschule (HSS) und unterrichtet dort 15 Flüchtlingskinder von 11 bis 17 Jahren.

 

Terror in Berlin, Gewalt auf dem Weihnachtsmarkt, das ist am Morgen danach auch bei ihr im Unterricht ein Thema. „Die Schüler, die das schon verarbeiten können, haben geäußert, dass sie fassungslos sind“, erzählt sie. Die rohe, wilde Gewalt gegenüber unschuldigen Menschen – Zustände, die die syrischen und afghanischen Flüchtlinge aus ihrer alten Heimat kennen und vor der sie eigentlich nach Weil der Stadt geflohen sind.

Wenn das Thema aufkommt, fließen bei manchen Tränen

„Viele von ihnen haben im Krieg ja enge Angehörige verloren“, sagt Claudia Höfer. „Da fließt im Unterricht schon mal eine Träne, wenn solch ein Thema aufkommt.“ Dennoch, auch nach dem Montag fühlen sich ihre Schüler in Deutschland noch sicher, berichtet die Lehrerin.

Und schließlich nehme das Leben gerade in der Schule weiter seinen geordneten Verlauf, betont auch der Konrektor der HSS, Ulrich Markwald. „Den Unterricht nehmen diese Kinder als sicheren Hafen wahr, ich beobachte, dass sie deshalb sehr gerne in die Schule kommen.“

In einigen Klassen der August-Lämmle-Schule in Leonberg hatten laut Schulleiter Karl Heinz Wetterauer Schüler das Bedürfnis, über den Anschlag in Berlin zu sprechen. „Wenn die Initiative von den Kindern ausgeht, wird natürlich über die Gewalttat im Unterricht geredet“, sagt er. Drei seiner Kollegen seien von Fünft- und Sechstklässlern, aber auch von älteren zu dem Thema befragt worden. „Es ist schwierig, inhaltlich in die Tiefe zu gehen, da sich die Faktenlage ständig ändert und vieles noch unklar ist“, erklärt Wetterauer. Deshalb gehe es darum, Fakten klarzustellen und den Schülern die Angst zu nehmen.

In der Schellingschule in Leonberg wird versucht, Antworten auf die Fragen der Kinder zu geben. „Es wird aber nur mit den Klassen über den Anschlag gesprochen, die das Bedürfnis dazu haben“, sagt Schulleiter Dieter Bölz-Hohkamp . Viele seien mit einem so grausamen Thema überfordert.

Am Renninger Schulzentrum waren die tragischen Ereignisse in Berlin gestern ebenfalls Thema. „Die Initiative ging dabei von den Schülern aus“, erklärt Gerhard Kicherer, der Leiter Friedrich-Schiller-Schule. „Die Neuntklässler fanden schlimm, was in Berlin passiert ist. Aber sie haben klar gesagt, dass die Angst nicht unser Leben beherrschen darf.“

Kein eindeutiger Fahrplan bei solch einem Ereignis

Einen eindeutigen Fahrplan, wie er und seine Kollegen in solchen Situationen reagieren sollten, hat Kicherer nicht. Doch angesichts der Nachrichtenlage der vergangenen Monate sagt er: „Wir werden wohl leider künftig im Unterricht damit umgehen müssen. Nach solch einer Tat kann man nicht einfach zur Tagesordnung übergehen.“

Wichtig sei es, mit den Schülern über ihre Ängste zu sprechen und ihnen ihre Fragen dem Alter gemäß zu beantworten, sagt auch Siegfried Klingler, der Leiter des Renninger Gymnasiums. Von Schnellschüssen und Panikmache hält er nichts. „Wenn wir etwas machen, dann muss es überlegt und konsequent sein.“

Terror und Gewalt: Hans Ulrich Sautter merkt immer wieder, dass seine Schüler damit konfrontiert sind. Zum Beispiel, wenn der Rektor der Weil der Städter Realschule in der 10. Klasse Ethik unterrichtet. „Meine muslimischen Schüler haben vor allem ein Problem damit, dass ihre Religion als gewalttätig dargestellt wird“, stellt er fest. Diese Vermischung von Islam und Terrorismus greift er bewusst auf und verdeutlicht, dass nicht die Religion als solche gewalttätig ist, sondern dass einzelne Vertreter zu Extremisten werden.

„Wir stellen dann gemeinsam fest, dass es in jeder gesellschaftlichen Gruppe solche Extremisten gibt“, sagt Sautter.

Viele Schüler haben sich zumeist über die sozialen Medien informiert, wenn sie in den Unterricht kommen. „Unser pädagogische Aufgabe besteht darin, das auf eine sachliche Ebene zu bringen“, erklärt Stefan Kunze, der Rektor der Würmtalschule in Merklingen.

Zum Anschlag in Berlin hat er den LKZ-Artikel kopiert und bespricht ihn mit den Schülern. „Es gibt immer mehrere Seiten. Die Aufgabe der Schule besteht darin, die Welt differenzierter zu betrachten, als das die sozialen Medien tun“, erklärt er.