Die Bank will ein dickes Paket an Schrottpapieren verkaufen. Das Risiko tragen die Eigentümer. Sie stehen mit der Garantie gerade, die bei dem Verkauf gebraucht werden könnte.

Stuttgart - Schon bisher hatte die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) aufs Tempo gedrückt beim Abbau ihrer Ramschpapiere. Jetzt, nachdem von dem Riesenberg von einst 95 Milliarden Euro noch neun Milliarden Euro (Stand 31. März) übrig geblieben sind, setzt die Bank zum finalen Kehraus an. Sie möchte das gesamte Portfolio, in das 2009 die allerschlimmsten Schrottpapiere gepackt wurden, bei einer günstigen Marktlage möglichst zügig verkaufen. Der Knackpunkt dabei: Für dieses gegenwärtig noch 4,7 Milliarden Euro umfassende Portfolio bürgen die Eigentümer der Bank. Verluste aus dem Verkauf müssen sie deshalb auch tragen. Dann würde zum ersten Mal ein Teil der Garantie benötigt, die das Land Baden-Württemberg, die Sparkassen und die Stadt Stuttgart der LBBW in ihrer Existenzkrise Mitte 2009 gegeben haben.

 

Der am Donnerstag verabschiedete Gemeinderat der Stadt Stuttgart hat als letzte Amtshandlung in nicht-öffentlicher Sitzung den Verkaufsplänen zugestimmt. Wenn das sogenannte Verbriefungsportfolio vollständig veräußert wird, „könnten gegebenenfalls Risiken, die sich aus der Garantie der Träger gegenüber der LBBW ergeben, abgebaut werden“, teilte die Stadt mit. Die Überlegung: lieber jetzt einen Schlusspunkt setzen als noch jahrelang mit der Gefahr drohender Ausfälle leben. Der Garantievertrag wäre, so ist inoffiziell zu hören, noch bis 2028 gelaufen. Umgekehrt heißt das aber, dass die Eigentümer sofort für etwaige Verluste aufkommen.

Die Bank schätzt die Marktlage als günstig ein

Der Anstoß für den Kehraus sei von der Bank gekommen, heißt es in Kreisen der Eigentümer. Sie schätze die Marktlage als günstig ein. Hedgefonds und andere Akteure am grauen Kapitalmarkt hätten einen derart hohen Anlagebedarf, dass sie verstärkt spekulative Investments eingingen. Das Paket solle nicht auf einen Schlag und zudem ohne Zeitdruck verkauft werden, um die erzielbaren Preise nicht zu drücken. Risikofrei ist so eine Transaktion freilich nicht – bei den Prozessen bieten auch Interessenten mit, die sich am Ende als nicht zahlungskräftig herausstellen.

Die Eigentümer hatten bisher schon den Kurs der Bank unterstützt, die Altlasten zügig abzubauen – auch wenn die einst von der LBBW und ihrer Tochter Landesbank Rheinland-Pfalz gekauften Papiere die Einstandspreise bei weitem nicht mehr erreichen. In dem ursprünglich 17,7 Milliarden Euro schweren Portfolio finden sich etwa europäische und US-Immobilienanleihen. Anfangs belief sich der Garantieschirm für dieses Paket auf 6,7 Milliarden Euro, insgesamt haben die Eigentümer eine Bürgschaft über 12,7 Milliarden Euro gegeben. Neben dem jetzt in Rede stehenden bankeigenen Portfolio sind noch Darlehen der LBBW an die irische Zweckgesellschaft Sealink Funding durch eine Eigentümerbürgschaft von ursprünglich sechs und heute noch 4,6 Milliarden Euro abgesichert. Im Sealink-Portfolio werden die Altlasten der früheren SachsenLB verarbeitet. Aus Sachsen, wo der Freistaat für Sealink schon zahlen musste, werde aber wohl nichts nach Baden-Württemberg überschwappen, hoffen die Eigentümer.

Für das Land entscheidet Finanzminister Nils Schmid (SPD) über den Verkauf. Das Ministerium prüfe die Sache noch, sagte ein Sprecher. Er erwarte, dass sich Schmid mit dem grünen Koalitionspartner abstimmen werde. Inhaltlich wollte er sich nicht weiter äußern. Auch der Sparkassenverband schweigt zu der Angelegenheit. Eingeweihte erwarten aber, dass Sparkassenpräsident Peter Schneider am Montag die Verbandsversammlung über das Vorhaben der LBBW abstimmen lassen wird.

Die Träger müssen zustimmen

Die Bank braucht die Zustimmung ihrer Träger, weil der Garantievertrag nicht einseitig gekündigt werden kann. Wenn das Losschlagen der Ramschpapiere die Eigentümer etwas kosten sollte, sei das verschmerzbar, so der Tenor. Zum einen hätten die Eigentümer einen Teil der Garantiegebühr, die sie von der Bank seit Mitte 2009 für den Risikoschirm bekommen haben, auf die Seite gelegt und könnten mit dem Geld jetzt Verluste auffangen. Zum anderen reduziere sich durch den Abbau der Garantie auch die Provision, die die LBBW bisher aufbringen musste. 2013 waren es 325 Millionen Euro, in diesem Jahr dürften es hochgerechnet 250 Millionen Euro sein. Wenn die jetzt in Rede stehenden 4,7 Milliarden Euro abgebaut sind, dürften sich die Zahlungen an die Eigentümer in etwa halbieren. Im Gegenzug steige aber der Gewinn der LBBW; und Land, Sparkassen und die Stadt könnten eine höhere reguläre Ausschüttung erhalten.

Stuttgart erhielt für die Absicherung bisher jährlich eine Gebühr von etwa 61 Millionen Euro. Diese wird vorerst nicht mehr ausgezahlt, sondern für den – jetzt wohl eintretenden – Fall einer Inanspruchnahme angespart. Finanzbürgermeister Michael Föll hatte von einer dreijährigen Thesaurierungsphase gesprochen. Durch den Verkauf der Risikopapiere kann die Stadt also nicht wie erwartet mit 183 Millionen Euro bis Ende 2016 rechnen.