Die Unfallkasse Baden-Württemberg stimmt einem Vergleich mit den Eltern des Amokläufers von Winnenden und Wendlingen nicht zu. Statt einer Million Euro stünde ihr danach nur ein Betrag von 50.000 oder 100.000 Euro zu.

Manteldesk: Thomas Schwarz (hsw)

Winnenden - Der zweite Schadenersatzprozess vor dem Stuttgarter Landgericht gegen die Eltern des Amokschützen von Winnenden und Wendlingen geht weiter. Die Unfallkasse Baden-Württemberg (UKBW) hat einem Vergleichsvorschlag der 15. Zivilkammer nicht zugestimmt. Nach diesem sollten die Eltern des Täters zehn Jahre lang 5000 Euro an die UKBW zahlen. Sollten sie dies ohne Verzögerung leisten, wäre ihnen ein weiterer Betrag von nochmals 50 000 Euro erlassen worden. „Wir haben Auslagen von einer Million Euro. Wir konnten auf diesen Vergleich nicht eingehen“, sagte Klaus-Peter Flieger, der Sprecher der UKBW.

 

Bei der Unfallkasse sind alle Beschäftigten des öffentlichen Dienstes, aber auch Schüler und Studenten im Land wie bei einer Berufsgenossenschaft versichert. Die UKBW ist jedoch keine private Versicherung. „Unsere Beiträge werden aus Steuern von den Städten und Kommunen des Landes bezahlt. Im Endeffekt zahlt also jeder Steuerzahler mit“, so Flieger.

Stadt Winnenden stimmt Vergleich mit Allianz zu

Die Stadt Winnenden hatte sich in der vergangenen Woche mit der Allianz Versicherung auf einen Vergleich geeinigt. Danach bezahlt die Allianz, bei der der Vater des Amokschützen eine private Haftpflichtversicherung abgeschlossen hatte, einen Betrag von 400 000 Euro an die Stadt, die ursprünglich Forderungen von 5,3 Millionen Euro gestellt hatte. Mit dieser Zahlung sind alle Forderungen abgegolten. Für die Stadt ist damit die juristische Aufarbeitung des Amoklaufs vom 11. März 2009 abgeschlossen.

Seitens der beklagten Eltern des Amokschützen liege bisher keine Stellungnahme vor, sagte ein Sprecher des Landgerichts am Montagvormittag auf Nachfrage. Da die UKBW den Vergleich abgelehnt hat, wird der Prozess am 16. Januar fortgesetzt. Wie der Anwalt der UKBW am ersten Verhandlungstag am 28. November ausgeführt hatte, beharrt der 55-jährige Jörg K. darauf, dass er kein Geld mehr habe, um die Forderungen zu bezahlen. Der Vater des Täters, der im Winnender Nachbarort Leutenbach gewohnt hatte, besaß eine Verpackungsfirma, als deren Eigentümer er mittlerweile aber nicht mehr eingetragen ist.

Vermögensverhältnisse der Eltern ungeklärt

Mittlerweile sei seine Ehefrau offiziell als Geschäftsführerin eingesetzt, was sie früher nicht gewesen sei. Über ihre Vermögensverhältnisse sei trotz seiner Nachforschungen nichts in Erfahrung zu bringen gewesen, führte der Anwalt der UKBW aus. Der Vorsitzende Richter der 15. Zivilkammer hatte in dem ersten Verhandlungstermin angedeutet, notfalls das Ehepaar vorzuladen und es nach seinen Vermögensverhältnissen zu befragen.

Wie die Stadt Winnenden hatte auch die Unfallkasse Baden-Württemberg ihre Forderungen zu Gunsten der direkt Betroffenen hintangestellt. Die Allianz Versicherung hat an Schwerverletzte und Angehörige der Todesopfer zwei Millionen Euro Schmerzensgeld und Schadenersatz bezahlt. Die UKBW macht vor Gericht Kosten von einer Million Euro geltend, die hauptsächlich für Heilbehandlungen der Verletzten, aber auch für die psychologische Betreuung nach dem verheerenden Amoklauf entstanden sind.