Ein betrunkenes Paar legt an einem frühen Morgen mitten auf dem Gehweg hemmungslos und öffentlich los – und gegen einen Strafbefehl Einspruch ein.

Böblingen: Kathrin Haasis (kat)

Ludwigsburg - Mitten auf dem Gehweg hat sie die Lust überwältigt: Eine 33-jährige Frau und ein 27 Jahre alter Mann rissen sich im vergangenen Juni an der Stuttgarter Straße die Kleider vom Leib – und hatten Geschlechtsverkehr. Polizisten stoppten das tolle Treiben des Paars, einige Wochen später folgte der Strafbefehl.

 

Die gemeinschaftliche Erregung öffentlichen Ärgernisses wurde den beiden zur Last gelegt – und sie legten dagegen Einspruch ein. Ihr Anwalt forderte einen Freispruch, Richterin und Staatsanwältin sehen in dem öffentlichen Sex allerdings eine Ordnungswidrigkeit. Als kleines Nachspiel zum Sex auf dem Gehweg bleibt eine Geldbuße von 200 Euro.

Eigentlich nicht exhibitionistisch veranlagt

„Normalerweise mache ich so etwas nicht“, sagt der junge Mann vor Gericht, er sei nicht exhibitionistisch veranlagt. Auch die Frau kann sich den Vorgang nicht erklären. „Ich habe einen Filmriss“, sagt sie. In einer Bar an der Wilhelmstraße hatten sie zuvor getanzt und getrunken. Der 27-Jährige hatte am Anfang des Abends bei einem Freund schon vier Rumcocktails konsumiert, seine spätere Partnerin hatte auf dem Marktplatzfest gefeiert und einige Schnäpse gekippt. Um 5.20 Uhr lehnte sie dann splitternackt an der Hauswand des Scala und er stand mit heruntergelassener Hose davor. „Die typische Bewegung war da“, beschreibt ein Polizist die Situation. Mit einem Kollegen sprach er die beiden an, und sie zogen sich gleich wieder an. „Ich bin schon einige Jahre in Ludwigsburg, aber so etwas habe ich noch nicht erlebt“, sagt der andere als Zeuge geladene Beamte.

Ein 21-Jähriger hatte die Polizisten auf den Akt aufmerksam gemacht. „Ich habe mich amüsiert, so etwas sieht man nicht alle Tage“, erzählt er im Zeugenstand. Ein Atemalkoholtest ergab beachtliche Werte: Auf mehr als 2,1 Promille kam die 33-Jährige, ihr Partner auf 1,7. „Auf einmal stand ein Polizist neben mir“, weiß der 27-Jährige noch. Er nimmt an, dass er sich bei dem Geschlechtsverkehr unbeobachtet gefühlt haben muss – obwohl zu der Zeit an der Stelle einige Leute zugegen waren. Gegenüber der Polizei sagten die beiden, dass sie sich nicht kennen würden, nicht einmal ihre Vornamen. „Viel weiß ich von dem Abend wirklich nicht mehr“, sagt auch er. Und die 33-Jährige erinnert sich nur noch daran, dass sie später neben dem Mann in einem Hotelzimmer aufwachte. „Ich schäme mich“, sagt sie, deshalb habe sie einen Anwalt konsultiert.

Eine grob ungehörige Handlung

Strafrechtlich ist das Paar noch nicht in Erscheinung getreten. Die Frau arbeitet als Ingenieurin, er hat studiert, macht jetzt eine Lehre zum Mechatroniker. Er wohnt noch bei seinen Eltern. Vor Gericht erklären sie, dass sie sehr wohl bekannt miteinander waren. Keine böse Absicht, die Öffentlichkeit zu schockieren, attestieren ihnen denn auch Richterin und Staatsanwältin. Allerdings hätten sie mit ihrem Liebesspiel die Allgemeinheit belästigt und daher eine Ordnungswidrigkeit begangen. Dafür reiche „eine grob ungehörige Handlung, und Geschlechtsverkehr gehört meiner Meinung nach dazu“, sagt die Richterin. Die beiden hätten gewusst, was sie taten. „Es ist ihr sehr peinlich“, argumentiert dagegen der Anwalt, der wegen des hohen Alkoholisierungsgrades den Freispruch für angemessen hält. Aber immerhin wird der Strafbefehl aufgehoben. Welche Summe den beiden nun erspart bleibt, verrät der Anwalt nicht „Der Einspruch hat sich gelohnt“, sagt er nur.

Die Polizisten mussten an dem frühen Morgen des 30. Juni übrigens gleich zum nächsten Einsatz: Auf der Sternkreuzung streckte ein anderer junger Mann Autofahrern seinen nackten Hintern entgegen.